erweist sich die Einteilung mit Medaillons, wobei dann das Hauptoval in die Mitte gesetzt wird und die kleineren a part flankieren. Die Motive dieser Darstellungen bilden ein Kulturkapitel. In der Louis XV-Periode regiert der Olymp: Neptun, Mars und Venus, der Raub der Europa, Apollo und die Musen lassen sich auf den Flügeln der Fächer nieder. Eben- so grol] ist aber auch das Reich der Anakreontik, die galante Hirtenweise tönt, Watteaus und Lancrets Pastoralen werden auf den Fächern in Zephirfarben nachgebildet. Seltener sind biblische Motive, wie I-Iamans Demütigung oder Rahel am Brunnen. Die gleiche Welt der Motive öffnet sich hier wie in dem Reiche des Porzellans: so begegnet man den Toiletteszenembei denen Amoretten und Genien hilfreich sind, die Quartette und die musikalischen Gemütsergötzungen rnit Klavier und Flöte auf der Gartenterrasse, die Feste mit allegorischen Requisiten. Chinoiserien sind beliebt mit Glockentürmen und zopfigen Paaren unter östlichen Wolkenbändern und in Zusammenhang damit bildet sich eine Bric-a-brac-Vorliebe für alles Curieuse aus, wie es zum Beispiel ein Fächer zeigt, dessen Figuren aufgeklebte Köpfe aus Elfenbein und Gewänder aus wirklichem ebenfalls aufgeklebten Stoff haben. Im Louis-XVI wird die Mythologie in strengeren Linien gezeichnet. Vorbild werden jetzt die Wedgwood-Reliefs nach Flaxmans Umrissen, die Kameenmotive in blassen Farben und spärlichen Konturen. Auf dem Fächerblatt werden sie kopiert und die Originalreliefs schmücken die Deckstäbe des Gestells. Ein anderes Zeitrnotiv ist das der „Empiindsamen Reise" und der „Italomanie". Auf den Fächern erscheinen die Campagna, Veduten nach Philipp Hacken, der Vesuv, die Grotte von Pozzuoli, der Titusbogen und die Peterskirche. In Deutschland wogte damals der Gefühlsüberschwang der Werther-Periode. Und selbstverständlich nimmt ihn der Fächer auf seine Flügel. Chodowiecki hat solch einenWerther-Fächer entworfen. Er ist in dieser Ausstellung zu sehen. Außer seiner Bedeutung als ein Kulturzeichen ist er noch bemerkenswert durch seine musterhafte Komposition aus der Hauptdarstellung in der Mitte, der Leidenschafts- szene im Zimmer und den episodischen kleinen Vignetten-Begleitbildem links und rechts. Ein sentimentaler Fächer ist auch das Exemplar mit dem Liebespaar im Medaillonrahmen, der umspielt wird von dem aus Pailletten, dem Modematerial des Empire, gebildeten Trauerweiden-Zweigwerk. Neben der Ernpiindsamkeit gibt es noch eine Anakreontik, die man im Gegensatz zum französischen Trianonstil, einen bürgerlichen nennen könnte. In der Dichtung vertreten ihn Voß, Hagedorn, Geßner. Und ihr Spiegelbild findet sich, wie in dem Porzellandekor, so auch in den Darstellungen der Fächer: Voßische siebzigste Geburtstage und Luisen- Hochzeiten unter dem blühenden Baume. Und ganz der Geßnerwelt entsprechen die Fächer von J. Sulzer „au Rossignol a Winthertur"; ländliche Szenen, Kinderspiele, Sennengenrebilder pinselt er auf seine Blätter und eine Besonderheit dabei sind die Vogelbauer- und Gitterrnotive, die in der gemalten Umgebung wirklich real aus Stoffdurchbruch, aus Netzwerk sind und der Besitzerin die Dienste eines Späherfensters leisten, zum verstohlenen Observieren des Terrains. Bürgerlich ist auch der Patriotismus auf den deutschen Fächern. Nicht mehr gelten jetzt Tropheenstil und Triumphfanfaren eines emblematischen Fürstendienstes, vielmehr werden Friedrich Wilhelm und Luise in einer gewissen Familiengemütlichkeit, im Stil des „Häuslichen GlücksWGenrebildes abgeschildert. Eine sehr originelle Spielart des Fächers, freilich mehr Kulturrarität als Geschmacks- und Kostbarkeitsobjekt, sind die Flugblattfächer der französischen Revolutions- und Directoirezeit. Ihre Bespannung ist aus Papier und in Massendruck bringen sie, wie die Extrablätter oder die illustrierten Repoxtagerevuen unserer Zeit, die Sensationen und Interessefälle des Tages zur pointierten, oft mit Texten in Vers und Prosa, mit satirischen Unterschriften, auch mit Noten begleiteten Darstellung.