223 DIE AUSSTELLUNG VON GOLDSCHMIEDE- ARBEITEN IM SCHLESISCHEN MUSEUM FUR KUNSTGEWERBE UND ALTERTUMER IN BRESLAU 50' VON EDUARD WILHELM BRAUN-TROPPAU .56- AS Breslauer Museum hat von Beginn des Oktober bis gegen Mitte Dezember 1905 eine Ausstellung von Goldschmiedearbeiten schlesischenUrsprungs oder aus schlesischem Privatbesitz veranstaltet, die als eine der wichtigsten ihrer Art zu bezeich- nen ist und die der Wissenschaft eine Menge neuer Aufschlüsse und Probleme gewährte. Zunächst wollte sie die gesamte künstlerische Entwick- lung der schlesischen Goldschmiedekunst in ihren verschiedenen Zentren, in erster Linie natürlich in Breslau, zusammenstellen, dann aber auch die im schlesischen Privatbesitz befindlichen außerschlesischen Arbeiten mit- teilen. Die Fülle des Materials war eine außerordentliche und der von dem ersten Direktor des Museums Dr. Karl Masner und seinen Assi- stenten Dr. Hintze und Dr. Buchwald verfaßte Katalog zählt gegen tausend Nummern. Schlesien war ein Land mit vortrefflichen Goldschmieden und speziell die Breslauer Arbeiten haben seit dem späten Mittelalter ein ausgesprochen lokales und eigenartiges Gepräge, das sie dem geübten Auge sofort als solche erkennen läßt. Gleich zu Beginn des XVI. ]ahrhunderts begegnet uns ein bedeutender moderner Meister, Oswald Rothe, der stark unter dem Einfluß der Stiche Schongauers und Dürers steht und auch die Formen der jungen Renaissance kannte. Zur selben Zeit wirkte ein Meister, von dem in der Kreuzkirche zwei Kreuzreliquien und das Kopfreliquiar der heiligen Hedwig erhalten sind (Kat. Nr. 126), die von packender groß- zügiger Einfachheit zeugen. Die Blütezeit der Spätrenaissance bezeichnen Meister Jochen I-Iiller, der kräftige Schöpfer der prächtigen Profanwerke, des Kaiserpokals, der beiden humorvollen Büttenmänner und der zwei reizenden Salzfässer in Form von als Truthühner gefaßten Muscheln, und die beiden Nitsch, die hauptsächlich für den Domschatz arbeiteten und von denen der Jüngere seine Gesellenzeit in Nürnberg verbrachte. Ein Meister der plastischen Gestaltung in seiner Kunst war Caspar Pfister (tätig 1598 bis 1635), der Sohn eines süddeutschen Bildhauers, welcher den auf dem Höllenrachen stehenden auferstandenen Christus mit Krone und Reichsapfel, die Rechte segnend erhoben, geschaffen hat (Bres- lauer Domschatz (Kat. Nr. 216). 30