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Ja
MORATSSCHRlFT-HERAU
GEGEBED vom- K. KOSTE
REICHlSCHED-MUSEUVPF a1
KU DSTUDD IÜDUSTRI E. 21.327
VERIAGVONAKTARIAQCQJIIVIHL
XX.JAHRG.1917. HEFT 3. lmD S.
KUNST UND KUNSTHANDWERK
um JÄHRLICH 12 HEFTE um
PREIS 24 KRONEN OHNE POSTVERSENDUNG
Abonnements werden in allen Buch- und Kunsthandlungen,
im k.k. Osterreichischen Museum, sowie von der Verlags-
handlung Artaria Co., I., Kohlmarkt Nr. übernommen
Seite
Raphael Donners Ele-
mosynarius Kapelle
in Preßburg von A.
Brünner Jahrhundert-
Ausstellung von Jul.
Leisching .107
Ein Meisterwerk von
Altwiener Porzellan-
malerei im Sevres-
Geschmack von Ed-
mundWilhelmBraun x19
Flache und gewölbte
Decken von Hartwig gml
Fische 127
Aus dem WienerKunst-
leben von Hartwig
Fischel 163
Kleine Nachrichten
Mitteilungen aus dem
k.k. Österreichischen
Museum .180
Literatur des Kunstge-
x84
RAPHAEL DONNERS ELEMOSYNARIUS-
KAPELLE IN PRESSBURG 50 VON A. R. FRANZ-
WIEN Sie
lE alte Krönungsstadt Preßburg, als Sitz des Primas
in den Jahren 1543 bis 1820 der kirchliche Mittel-
punkt Ungarns, verdankt ihre Bedeutung auf
künstlerischem Gebiete nicht zum mindesten der
Kunstliebe bedeutenderKirchenfürsten, unter denen
Primas Graf Emmerich Esterhazy, der von 1725
bis 1745 den erzbischöllichen Stuhl von Gran inne
hatte, wohl der bedeutendste ist. Geboren im Jahre
166 trat der aus der Czeszneker Linie der weitver-
zweigten Familie stammende Graf im Jahre 1700 in
den Orden der Paulanermönche zu Warndorf bei
Ödenburg ein. In rascher Folge erklomm er die Stufenleiter kirchlicher
Würden, wurde Professor der Theologie, Prior, Provinzial und schließlich
General seines Ordens. Schon im Jahre 1708 wurde er Bischof von Waizen,
im Oktober desselben Jahres Bischof von Agram, 1722 Bischof von Vesz-
prim, in den Jahren 1723 bis 1725 war er ungarischer Hofkanzler in Wien.
Nach dem Tode des Primas Herzog Christian August von Sachsen wurde
er dessen Nachfolger und blieb das kirchliche Oberhaupt Ungarns bis zu
seinem am 6. Dezember 1745 erfolgten Tode. Mit zahlreichen Bauten
schmückte er Preßburg, erweiterte unter anderm das Ursulinerinnenkloster
und die Primatialresidenz, baute den Sommerpalast jetzt Universität um,
ließ durch F. A. Pilgram die prächtige Elisabethinerinnenkirche erbauen.
Sein größtes Verdienst aber, das ihm einen bleibenden Platz nicht nur in der
Kunstgeschichte Ungarns sichert, ist die Berufung des größten Künstlers
seinerZeit, Raphael Donners, nach Preßburg, der hier ungefähr von 1728 bis
1739 die genauen Daten seiner Ankunft in Preßburg und seiner definitiven
Übersiedlung nach Wien sind nicht bekannt als fürstlicher Hofbildhauer
und Baudirektorw wirkte.
In Preßburg schuf Raphael Donner nicht nur im Auftrage seines Gönners
zahlreiche plastische Arbeiten für denselben, sondern hier entstanden auch
eineReihe seinerbedeutendsten, reifstenWerkefürandere Städte, unteranderm
der Brunnen für den Neuen Markt in Wien. Aber nicht'nur als Plastiker
wirkte Donner, auch als Architekt muß er, wie sein Titel Baudirektor"
besagt, tätig gewesen sein. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß er
wohl auf die meisten zu seiner Zeit von Primas Esterhazy errichteten Bau-
werke wenigstens bestimmenden Einfluß genommen, wenn sie nicht direkt
nach seinen künstlerischen Entwürfen von anderen Baumeistern ausgeführt
wurden. Von einem Bauwerk wenigstens ist uns Donners Urheberschaft
nachgewiesen, von der Grabkapelle, welche sich Primas Esterhazy im
Siehe J. E. Schlager, Georg Raphael Donner", Wien x853, Seite x44, x50.
richten ließ. Donners
Zeitgenosse, Matthias
Bei, Prediger an der
evangelischen Kirche
in Preßburg, sagt in
seinem Werke Noti-
tia I-Iungariaeß" daß
Donner den ganzen
Bau errichtete.
Anläßlich derUm-
gestaltung des Presby-
teriums des Krönungs-
domes durch Raphael
Donner ließ Primas
Esterhäzy das dort
befindliche Grabmal
des Märtyrers Johan-
nes Elemosynarius
abtragen und in sei-
ner an der Nordseite
des Domes neu er-
richtetenGrabkapelle,
die er dem genannten
Heiligen widmete, des-
sen Gebeine wieder
bestatten. Eingeweiht
wurde die neue Ka-
Elemosynarius-Kapelle in Preßburg pene nach einer von
Ballus mitgeteilten
M. Bel, Notitia Hungariae novae historico-geographica div. in parx. quaxuor etc. Binde. Vieunae Straub
735- x742, Band Seite 583, Anrnerkungd lnsuuxit, cum molem uniuersam, zum imprimis slatuas et S. Ioannis
tuxnbam Georgius Raphael Donnerßustriacus sculpmr fusorque, quo consummzüorem vixunquam vidit Hungaria".
Paul von Ballus "Presburg und seine Umgebungen". Presburg 183, Seite B3.
Die von Ballus zitierte Inschrift, die ich aber in der Kapelle nicht entdecken konnteJaulet folgendermaßen
D. loannis
Magni Alexandrini Patriarchae
Elexnosynarii Maximi
Lipsanis ncxis ex Cypro Byzamium
Inde Budam, isthinc in Vallem Marianam
Acdemum Posonium in Mausolaeum Purnanianum
Tandem ex Mausolaeo
Cum loculo priori axgenteo refonnato
Post aaeculum unum isthuc tnmslntis
In perpetuum obligaüonis suae
Monuxnenlum
has uns dient
D. XXVHI Oct. A. C. MDCCXXXII
Frater
Emericus Esterhäzy.
Inschrift am 28. Oktober 1732. Das alte Grabmal, ein schmuckloses Mau-
soleum" aus rotem Marmor mit einer Gittertür aus einfachen Eisenstäben,
hinter welcher der kostbare Silbersarg zu sehen war, wurde damals entfernt.
Die Inschrift desselben ist uns von Bel überliefert." Nach derselben war
Johannes Patriarch von Alexandrien. Nach Einnahme dieser Stadt durch die
Türken wurden dessen Reliquien vom Sultan dem König Matthias Corvinus
geschenkt und nach
Ofen gebracht, wo
sie viel Wunder ge-
wirkt haben sollen.
Als Ofen in die Hände
der Türken gefallen
war, brachte man die
heiligen Überreste
nach dem Paulaner-
kloster Mariathal bei
Bei, a. a. 0., Seite
576 ,.St. Ioannis Elemosinarii
Episcopi Alexandrini corpus
integrum, Regi Mathiae Cor-
vino, transmissurn fujt Con-
stantinopoli, Czesare Turcaa
mm. In capella Regia Budae
adservatum, miraculis corrus-
cavit, Aevi illius scriptor Pel-
bartus in Pornoerio id testatur
ex post hunc Surius XXIII
Februarii. Manuscripü lihri de
clade Budensi alter Lopocla-
vae in Sclavonia, aller Romae
in Bibliotheca Augustinia-
norurn recensent. quomodo
amissa Buda per erernitas
ordinis P. Pauli, vznerabile
corpus in vallem Tali prope
Posonium translaturn. Vetus
scriptumincapiluloPosoniensi
adservatum, integra Bde refert.
Anno 1530 Die pemecoste jus-
su Imperatoris Ferdinandi I.
per comilem Posoniensem
loannem Szzlay, corpus St.
Ioannisunacumsacrisejusclea
nodiis ingentis pretii Capitulo
Posoniensiadsi atum fuisse.
Hoc anno xägzgxiliminentis et
ReverendisCardinalis Archie-
piscopus Petrus Pazmäny ex
hurnili loco conservatorio, sa-
crum corpus argenteo loculu
dolatum hoc in mausoleo
reposuit, ac lucerna parpetua
omavit. Ad Dei gloriam in
sanctis augendam Patro-
cinium St. Ioannis impetran-
dum." Eingang der Elemosynarius-Kapelle
Preßburg und von hier auf Befehl Kaiser Ferdinands I. irn Jahre 15'230
nach Preßburg. Primas Peter Pazmany ließ im Jahre 1632 für die Gebeme
Altar der Elemosynaxius-Kapelle mit geschlossenem Sarggitter
des Heiligen
einen präch-
tigen silber-
nen Sarg an-
fertigen und
diesen in
dem Mau-
soleum bei-
setzen, wo
er verblieb,
bis Donners
Meisterhand
ihrn die glän-
zende Grab-
stätte schuf.
Wenn wir
durch die
stilleKapitel-
gasse, wo
hinter den
Gartenmau-
ern derDom-
herrenresi-
denzen aus
dem XVII.
und XVIII.
Jahrhundert
die Wipfel
grüner Bäu-
me male-
rischhervor-
schauen,uns
derNordseite
desgotischen
Krönungs-
domes zu
St. Martin
nähern, er-
blicken wir
alsAbschluß
des stim-
mungsvollen
Straßenbildes gerade
vor uns in dem Win-
kel, wo das schrnälere
Presbyterium an das
Schiff desDomes grenzt,
die zierliche kleine
Kapelle. Sie ist aus
grauem Thebener Kalk-
stein errichtet, im
Grundriß viereckig mit
einem kleinen, gleich
hohen, im Grundriß
ebenfalls viereckigen
Anbau für die Altar-
nische. Die I-Iauptwand
nimmt das große Fen-
ster ein. Schiefgestellte
Pilaster, die oben und
unten in stark ausla-
dende Voluten endigen
und auf einem Gesims
aufruhen, tragen das
segmentförmigeGiebel-
gesims, das, in der Mitte durchbrochen, zwei Muscheln, eine größere nach
oben, eine kleinere nach unten geöffnet, als Abschluß aufweist, eine Dekora-
tion, die konsequent auch im Innern der Kapelle wiederholt erscheint. Das
Gitter des Fensters besteht aus starken, reich verzierten Rundstäben; der
obere Teil des Gitters ist wieder an die Muschelform anlehnend gestaltet,
reich besetzt mit vierblättrigen Blumen.
Unter dem großen Fenster befindet sich über dem Sockel ein kleines
viereckiges Fenster, das die Gruft beleuchtet. Das Gitter aus verschlungenen
vierkantigen Stäben ist mit schmiedeeisernem Rankenwerk, wie wir es auch
am Schloß des Portales bemerken, reich dekoriert. Zwei wenig vorspringende
Pilaster mit jonischen Kapitälen fiankieren die Fenster; ein zweites Paar
Pilaster, im rechten Winkel gebrochen, befindet sich an den Ecken. Durch
gleiche Pilaster ist auch die Ostwand und der Anbau gegliedert. Die vier-
kantige, glockenförmig geschweifte Kuppel, gedeckt mit schwach patinierten
Kupferplatten, an die sich das etwas niedrigere, gleichgeformte Dach des
Anbaues anlehnt, trägt eine im Durchschnitt kreisrunde Laterne mit drei
oben halbkreisförmig abschließenden, einfach vergitterten Fenstern, gegliedert
durch Pilaster mit mächtig vorspringenden Voluten. Eine ebenfalls glocken-
förmig geschweifte Kuppel bekrönt die Laterne.
Der Zugang zur Kapelle erfolgt aus dem Schiffe der Kirche links neben
dem Eingang zum Presbyterium. Ein reichbewegtes Portal voll Leben zeigt
Sarg des heiligen johannes Elemosynarlus bei geöffnetem Gitter
uns Donner, den Meister der klassischen Ruhe, hier als echten Barock-
künstler. Das Portal ist ganz in die Ecke gerückt, so daß es in malerisch
wirkender Unregelmäßigkeit nur einen starken, schiefgestellten Pfeiler zur
Rechten aufweist, während die linke Seite der Toröffnung durch die herab-
hängende Draperie geziert ist. Der Sockel des Pfeilers ist aus rotem Marmor,
der Pfeiler selbst und sein weit ausladendes Gesimse aus rotem geschliffenem
Stuck. Über der flachgewölbtenToröffnung bauscht sich, von Putten getragen
und gerafft, eine blaugraue Stuckdraperie mit goldenen Ornamenten und
Fransen. Reizend sind die Putten, allerliebst besonders die Gruppe auf dem
Gesims des Pfeilers der eine lugt neugierig in die Kapelle, der andere,
ängstlich besorgt, daß er nicht herabfalle, hält ihn am Arme zurück. Die
Mitte der Draperie nimmt eine Schrifttafel ein mit folgender Inschrift
Nulli Sanctorum
Sed ipsi Deo Sanctorum
quamuis in memoriam Sanctorum
constituimus Altaria
St. Aug. 20 code Tausc. Manich.
Czi. Saeculo IV seu S. Ae. christi
.. 395
Das Gitter des Tores füllt nicht die ganze Offnung aus. Der mittlere
Teil ist aus massiven eisernen Rundstäben, unterbrochen von plattgedrückten
Bronzekugeln, gebildet. Ein Mittelschild ist ihm aufgesetzt, ausgefüllt mit
sich rechtwinklig kreuzenden, schiefgestellten, flachen Stäben, an deren
Kreuzung vierblättrige Blumen angebracht sind. Gekrönt ist er von fächer-
oder muschelartig zusammengestellten Blättern, wie sie in gleicher Anord-
nung, aus vergoldeten, zarten Leisten bestehend, die Wölbung der Altar-
nische und der Tümische im Innern zieren. Zu beiden Seiten des Mittel-
schildes befindet sich ein kräftiges, im Detail fein ausgeführtes Rankenwerk.
Ähnlich ist auch das auf beiden Seiten gleiche massive Türschloß gearbeitet.
Die Oberfläche des Schloßgehäuses ist ebenfalls durch sich kreuzende
schwache Eisenleisten gegliedert; die dadurch entstehenden rhombischen
vertieften Felder sind mit den gleichen Blumen, wie sie das Fenster und der
Mittelschild aufweisen, geziert. Zierliches schmiedeeisernes Rankenwerk,
verwandt dem über dem Tore und am Gruftfenster, säumt das Schloß ein.
Wenn die mit Bels Nachricht übereinstimmende Überlieferung, nach
welcher selbst das kleinste Detail dieser Kapelle von Donner stammt, recht
hat, dann lernen wir in diesen prächtigen Eisenarbeiten Donner wieder von
einer neuen Seite kennen. Daß er nicht nur als Plastiker, sondern auch
als inventor" für kunstgewerbliche Arbeiten, also auch für Kunstschmiede-
arbeiten tätig gewesen sein mag, liegt übrigens nicht so fern. Nach Chorherr
Dr. Wolfgang Paukerf war nicht Giuliani, sondern vielmehr Matthias Steinl
Vortrag über Raphael Donner in der "Urania", Wien, 16. Februar rgrö. Pauker wies die Beziehungen
Donners zu Steinl auf Grund einiger urkundlicher Nachrichten nach und stellte auch an einigen Beispielen die
Beeinflussung Donners durch Sreinl fest. Eine ausführliche Begründung dieser Hypothese soll demnächst
von ihm publiziert werden.
Denkmales in der
Donners Lehrer. So wie Steinl als Architekt, Bildhauer und Künstler, der
Entwürfe für Goldschmiedearbeiten, Chorgestühle, Meßgewänder und anderes
lieferte, vielseitig tätig war, ebenso dürfte Donner eine gleiche umfassende
Tätigkeit in seinen Arbeiten für den Preßburger Dom entfaltet haben. Die
Ähnlichkeit des St.
Martin mit Steinlschen
Reiterstatuen, der Ni-
sche des Esterhäzy-
Elemosynarius-Kapelle
mit dem Steinlschen
Wandbrunnen im alten
Refektorium in Kloster-
neuburg lassen eine
Beeinflussung Donners
durch Steinl gerade in
den Werken, die Don-
ner für den Preßburger
Dorn schuf, wohl deut-
lich erkennen. Daß
Donner auch Entwürfe
fürGoldschmiedearbei-
ten im PreßburgerDom
fertigte, scheint mir,
wie an anderer Stelle
ausgeführt werden soll,
sogar sehr wahrschein-
lich. Ebenso wie Steinl
für Klosterneuburg,
schufDonner auch den
Entwurf für das leider
anläßlich der Regoti-
sierung 1864 bis 1867
wieder vernichtete
Chorgestühl im Pres-
byterium des Domes.
Darum dürfte es auch
durchaus nicht unwahrscheinlich sein, daß die Zeichnungen zu den schönen
Schmiedearbeiten des Gitters sein Werk sind. Leider wird es wohl kaum
möglich sein, aktenxnäßige Belege für diese Tätigkeit Donners beizubringen.
Weder das fürstlich Esterhazysche Familienarchiv in Kismarton noch das
gräfliche in Galanta enthalten auf die Bauwerke des Primas Esterhazy und
Donners Tätigkeit in dessen Diensten bezugnehmende Urkunden. Des-
gleichen enthält das Graner Primatialarchiv nichts darüber, da nach einer
Rechter Marrnorengel vom Altar der Elemosynarius-Kapelle
Mitteilung dessel-
ben die den Primas
Esterhäzybetreffen-
den Akten bei der
Übersiedlung von
PreßburgnachGran
in Verlust geraten
sein sollen.
Betreten wir
das Innere der
Kapelle. Ein stim-
mungsvoller Raum
ohne den damals
fast unerläßlichen
barocken Prunk,
einfach vornehm
und in allen Teilen
Predellenrelief vorn Altar Christus am Ölberg haffnonigch zusam-
mengestimmt, von
herrlichster "künstlerischer Wirkung, eine wahrhaft fürstliche Grabstätte!
Der elliptische kleine Raum mißt in der Breite 660 Zentimeter, in der Länge
von der Tür bis zum Altar 460 Zentimeter; die 308 Zentimeter breite Altar-
nische ist 185 Zentimeter tief; die gleichen Verhältnisse zeigt die gegenüber-
liegende Türnische. Die Höhe des Raumes beträgt etwas über Meter bis
zur Kuppel, I2 Meter bis zur Laterne.
Ein roter Marmorsockel schließt die aus gelblich marmoriertem,
geschliffenen Stuck' gebildete Wand unten ab. Vier Pilaster, zwei zu
beiden Seiten des Fensters, zwei beiderseits der diesem gegenüberliegenden,
in gleicher Höhe angebrachten Denkmalnische, aus blau marmoriertem,
geschliffenem Stuck auf reich profilierten, den Wandsockel noch um ein
ziemliches Stück überragenden roten Marmorsockeln gliedern die Wände.
Die Pilaster sind oben abgeschlossen durch vergoldete Engelsköpfe mit
ausgebreiteten Flügeln, an die sich schräggestellte vergoldete Voluten
anschließen. Unterhalb derselben befindet sich ein reich verziertes, ver-
goldetes Gitterwerk, an dem vergoldete Ranken über die Pilaster herabhängen.
Oberhalb dieses Kapitals ist ein schmales Gesims aus rotem Marmor, über
dem sich die Pilaster noch ein Stückchen fortsetzen, ebenfalls mit ver-
goldetem Schmuck geziert, bis zu dem stark vertretenden, mit den Pilastern
verkröpften Mauergesims aus rotem Marmor, das die Wand nach oben
abschließt. Bis zu diesem Gesims reichen auch die Nischen des Einganges
und des Altars; ihre Ecken sind abgeschrägt und zeigen ganz oben eine
schwere Goldverzierung, in der das Muschelmotiv wieder zum Ausdruck
kommt. Das gleiche dekorative Motiv zeigt der obere Abschluß der Nischen,
Die Wände bestehen aus Stuck und nicht aus Marmor, wie allgemein angegeben wird.
93
Predellenrelief vorn Altar Christus trägt das Kreuz
eine aus schmalen Goldleisten gebildete, nur durch ihre Rippen angedeutete
äußere Muschel, deren Felder mit zarten, aus aneinandergereihten Blättern
gebildeten Girlanden ausgefüllt sind, und eine stark erhabene, ganz ver-
goldete innere Muschel. Girlanden, aus Blättern und Blüten bestehend,
Führen von dieser zu den Verzierungen der Ecken. Oberhalb jeder Nische
befindet sich eine fiachgewölbte, elliptische Schrifttafel. Ober der Tür steht
die Inschrift nobis sanctos
sed non latria, et ideo
non est idolatria
S. Aug. L. 20 cont. Faust. 2x
Saeculo IV.
Die Tafel über der Altarnische weist folgenden Spruch auf
Quo credatur, quod etiam in
corporibus mortuorum inest,
virtus jacens in sepulchro
Elisaei mortuis viviiicatus est.
S. Cyrillus hieros Catech.
Das Freskogemälde der Kuppel zeigt vier Gruppen, die durch eine
gemalte Architektur, Säulengänge, welche Ausblicke in eine Gartenland-
schaft zeigen, miteinander verbunden sind.
Dies Wort ist wegen der Spiegelung nicht leserlich. Das Zitat scheint übrigens nicht zu stimmen.
Denn an der angegebenen Stelle ist es in diesem Wortlaute nicht zu Enden, sondern dort ist nur im allgemeinen
von der "idolatria" die Rede. Auch das Zitat auf der Außenseite des Portalen ist nicht genau; es beündet sich
nämlich nicht an der zitierten Stelle, sondern an jener. welche für den Spruch an der Innenseite des Portales
angegeben ist, wo der Text auch nicht das Wort sanctorurn", sondern i-nartyrorum" gebraucht.
1a
94
i.
b.
Die erste Gruppe über dem Eingang symbolisiert das Alte und Neue
Testament. Eine majestätische weibliche Figur in blaugrauem Unterkleid
und gelbem, fiatterndem Obergewand mit einem siebenzackigen Stern auf
der Stirne hält in der Rechten die Wage der Gerechtigkeit. Ihr zu Füßen
lehnen die beiden Gesetzestafeln. Zur Seite sitzt ihr eine zweite weibliche
Gestalt in weißem Unterkleid und blauem, weitem Oberkleid. Auf einem
Buche mit sieben Siegelni" ruht das Agnus dei. Zwischen beiden Frauen
liegt ein Buch das Neue Testament, über welchem der heilige Geist schwebt.
Die Gruppe über dem Esterhäzy-Denkmal steht in Beziehung zu
Johannes Elemosynarius, dem Almosenspender. Vor einer weiblichen Figur
in rotem Kleide und blauem Mantel, die auf dem Schoße ein geöffnetes Buch
hält, kniet ein junges Weib in violettem Kleide, das in der erhobenen
Rechten ein flammendes Herz trägt. Ihr zu Füßen liegt ein Putto, dem sie
aus einem Füllhorn ein Goldstück reicht. Ein geflügeltes Köpfchen sieht aus
den Wolken der Szene zu.
Das dritte Bild über dem Fenster stellt den Traum Mariens dar. Die
Mutter Gottes, in blaues Gewand gekleidet, ist in Schmerz zusammen-
gesunken. Ein Engel in weißem Gewande kommt herabgeschwebt und stützt
sie. Links von ihr steht als unbeteiligter Zuschauer der Symmetrie der
Komposition zuliebe ein zweiter Engel in weißemKleide. Über ihnen
schwebt ein Engel mit dem Kreuze.
Über dem Altar ist schließlich der Triumph der Eucharistie zum Aus-
druck gebracht. Eine majestätische Frauengestalt sitzt zurückgelehnt auf
einem Wolkenthron. In der Rechten hält sie einen Anker. Ihr zur Linken
Apokalypse Johannis 1. 5.
erblüht ein Rosenbusch mit weißen Rosen. Vor ihr kniet ein junges Weib
mit anbetend gefalteten Händen. Über ihr schwebt eine Gestalt in Grau mit
dem Kelch, über dem in einer Strahlenglorie die Hostie sichtbar ist. Die
drei letztgenannten Gruppen stehen auch untereinander in Beziehung, da
durch die einer jeden beigegebenen Attribute Herz, Kreuz und Anker
Liebe, Glaube und Hoffnung verkörpert sind. Das Bild über dem Altar trägt
die Signatur A. Hess. Da dieser Name sowohl zu dieser Zeit als auch im
XVII. Jahrhundert öfter in Preßburg vorkommt, kann Hess wohl ein Preß-
burger Maler gewesen sein. Sein Werk dürfte aber wahrscheinlich auf
Donnersche Skizzen zurückgehen. Daß Donner sich auch in Entwürfen für
bildliche Darstellungen betätigte, dafür haben wir wenigstens einen Beleg,
einen Kupferstich in dem erwähnten Werke des Matthias Bel, die Apotheose
des Königs Matthias Corvinus darstellend, von Andreas und Josef Schmutzer
nach einer Zeichnung von Raphael Donnerfi Echt Donnerisch sind die reizen-
den Putten in der ersten Gruppe; ein gleichfalls von Donner mit Vorliebe
gebrauchtes Motiv ist der Engel, der Maria stützt zum Beispiel Pieta von
Gurk. Auch in unserer Kapelle haben wir ein Seitenstück dazu in einem
der Predellenreliefs, das Christus am Ölberg darstellt. Auf demselben zeigt
der Engel, der gleichfalls herabschwebend Christus stützt, entschiedene
Verwandtschaft mit dem stützenden Engel des Deckenbildes.
Die Laterne weist außer einem gemalten Scheinfenster keinen bildlichen
Schmuck auf. Nur dort, wo sie der Kuppel aufsitzt, lugen zwei plastische,
geflügelte Engelköpfchen in die Kapelle hinab.
Dieser prächtig ausgestattete Innenraum bildet den würdigen Rahmen
für die Glanzstücke desselben, den Altar, die beiden großen Leuchter
und dasEsterhäzy-
Denkmal.
Die Nische
gegenüber dem
Eingange wird
von dem Altar,
der Grabstätte des
Heiligen, einge-
nommen, der ohne
eigentlichen archi-
tektonischen Auf-
bau bloß durch
seinen reichen
Figuralen Schmuck
Vgl. Georg Ra-
phael Donner, Ausstellung
von Werken des Meisters",
Wien x893, Verlag der
Gesellschaft der bildenden
Künstler, Seite 9x. Predellenrelief vom Altar Die Grablegung
in Verbindung mit seinem prächtigen dekorativen Beiwerk von imposanter
Wirkung ist. Die Komposition des Altars zeigt den Sarkophag als Mittelpunkt
Tabernakellür vom Altar der Elemosynarius-Kapelle
desGanzenDieWän-
de desselben sind aus
Glas, die Einfassung
und der Deckel mas-
sives Silber mit rei-
cher Dekoration. Ihr
barocker Charakter
läßt schließen, daß
die Erneuerung"
des alten Pazmany-
schen Sarges, welche
nach der von Ballus
mitgeteilten Inschriftik
von Donner vor-
genommen wurde,
eine ziemlich durch-
greifende gewesen
sein muß. Er ist von
einem Außensarg,
bestehend aus einem
Gitterwerk von ver-
silberten Eisenbän-
dem, umschlossen,
an deren Kreuzun-
gen abwechselnd ver-
goldete vierblättrige
Blumen und sieben-
zackige Sterne an-
gebracht sind. Der
Oberteil dieser Sarg-
hülle kann gehoben,
der untere Teil herab-
geklappt werden, um
das Innere des Re-
liquienschreines all-
jährlich am 23. Jän-
ner, dem Namens-
tage des Heiligen,
und den folgenden
Tagen zur Besich-
tigung freizulegen.
Siehe Seite 86.
97
Der Sarkophag
ruht auf einer aus der
Wand der Nische vor-
tretenden Konsole auf,
die durch einedie ganze
Wand bedeckende Her-
melindraperie aus ver-
goldetem Stuck mas-
kiert ist und die von
einer großen vergol-
deten Krone, die den
oberenAbschluß desAl-
tars bildet, zusammen-
gefaßt wird. Mit gol-
denen Schnüren ist die
Draperie an den Wän-
den der Nische befe-
stigt. Andere Schnüre
Konsole für die Meßkännchen
werden von Marmorputten gehalten, die über dem Sarge schweben und
über ihn eine Blätterkrone halten, von der eine Strahlenglorie ausgeht. Die
Draperie hängt über die rote Marmorkonsole, auf welcher der Sarg ruht,
herab, die rechte Ecke derselben unbedeckt lassend. Die Enden der Draperie
werden von zwei überlebensgroßen Engeln aus weißem Karansebeser
Marmor," hehren und schlanken Jünglingsgestalten voll Poesie und Schön-
heit",""" getragen, würdigen Seitenstiicken der knienden Cherubs aus Blei,
die einst den Hochaltar des Preßburger Domes schmückten und nach dessen
Die Statuen dürften kaum aus Carraramarmor sein, wie öfter erwähnt wird, da dem Bels ausdrückliche
Bemerkung. daß alles aus vaterländischern Marmor gefertigt sei, entgegensteht.
llg Raphael Donner". Festschrift zum zoojährigen Jubiläum, Seite 26.
Girlande an der Alrarmensa
Vernichtung nun eine Hauptzierde des Nationalmuseums in Budapest sind.
Sie bilden in ihrer klassischen Ruhe einen teilweisen Gegensatz zu den
übrigen figürlichen Darstellungen, den Reliefs und auch der Esterhazy-Statue,
in welcher die Auffassung des Barock viel mehr zum' Ausdruck kommt.
Ihnen zu Füßen kauern zwei Putten aus gleichem Marmor, welche die
Attribute des Patriarchen, Krone und Schlangenstab, in Händen halten.
Den Sockel für diese Engelsfiguren bildet die aus rotem Marmor
bestehende Predella, welche das freistehende Tabernakelgehäuse im Bogen
umschließt und deren Eckpfeiler ebenso wie die der Fensterumrahmung,
der Denkmalnische und der Pfeiler am Eingange schräg gestellt sind. Sie
ist geziert mit sechs Reliefs aus vergoldeter Bronze," Szenen aus der
Passion darstellend. Die beiden äußersten I6 27 Zentimeter sind, da sie nur
wenig von der Wand der Nische entfernt sind, kaum sichtbar, daher auch
nicht zu reproduzieren. Sie stellen die Geißelung, beziehungsweise die
Dornenkrönung Christi dar. Von links nach rechts folgen dann Christus
am Ölberg 35 27 Zentimeter, Christus trägt das Kreuz 50 27 Zentimeter,
die Kreuzerhöhung 50 27 Zentimeter, die Kreuzabnahme 35 27 Zenti-
meter, lebensvolle Kompositionen von wunderbarer Feinheit. Die Figuren
sind teils nur fiach, fast skizzenhaft behandelt, vor allem das Relief der
Kreuztragung und die schlafendenjünger auf dem ersten Bilde; die Gestalten
des Vordergrundes, besonders der Engel in der Ölbergszene und die den
Leichnam Christi tragenden Männer, mit starker Betonung der Körperformen
im kräftigen Hochrelief, das die kleinsten Details auf das sorgfältigste
behandelt, herausgearbeitet.
Das vollendetste Relief ist jedenfalls das des Tabernakels, das zu
Donners bekanntesten und besten Werken gehört und von Ilgi" als eines
der geistvollsten und formvollendetsten Werke des Jahrhunderts bezeichnet
wird. Das freistehende, Meter hohe Tabernakel ist aus lichtem, geflecktem
Marmor. Seine Tür ist fiankiert von zwei auf schiefgestellten Sockeln auf-
stehenden Säulen mit bronzenen, vergoldeten Kompositkapitälen. Eine
Wolkendekoration aus Bronze über der Tür, geziert mit zwei sich küssen-
den, lieblichen Puttenköpfchen und einem dritten Köpfchen unterhalb der-
selben, bildet das Postament für die Aussetzung des Allerheiligsten. Auf
dieser Wolkenbank knien, sich auf den kuppelförmigen Abschluß des
Tabernakels stützend, zwei Putten aus Bronze, die als Leuchterträger
dienen. Das auf der Kuppel des Tabernakels stehende Kruzifix ist, wenn
auch barock, eine mindere Arbeit, die jedenfalls nichts mit Donner zu tun
hat. Das Relief der Tür zeigt die von Donner wiederholt dargestellte
Gruppe der Pietä. Eine signierte, fast ganz gleiche Wiederholung befindet
sich in der Sammlung des Grafen Zichyfkikf ein drittes, ebenfalls nur wenig
verschiedenes Stück ist in zwei Ausführungen vorhanden, in Terrakotta aus
Nicht zus am, wie 11g in der zitierten Festschrift Seite angibt und A. Mayr "Georg Rlphßßl
Donner", Wien und Leipzig, Seite 20 wiederholt.
llg, Kunstgescbichtliche Charakterbilder aus Österreich-Ungarn", Seite 295.
Nr. E4 des Katalogs der Donner-Ausstellung von 1893.
dem Nachlasse von Donners Bruder
Matthäus im k. k. Münzamte und in
Wachs im Hofmuseum in Wien.
Bei der Ausstellung von Werken
Donners im ahre S93 war auch
die Photographie nach einer ver-
schollenen Tonskizze ausgestellt,
den Leichnam Christi darstellend,
mit einem Putto, der die Linke
des Toten küßtf" Im Gegensatz zur
Gurker Pieta wird der Leichnam
nicht auf dem Schoße seiner Mutter
liegend, sondern wie auf Van Dycks
Gemälde vomSchoße herabgesunken
dargestellt. An Van Dyck erinnert
auch etwas die Haltung des Ober-
körpers, das nach links geneigte
Haupt, der über das Knie der Mutter
herabhängende rechte Arm, nur mit
dem Unterschiede, daß bei Van Dyck
Maria die linke Hand Christi hält,
während auf unserem Relief ein
kleiner Engel sie emporhebt, um
sie zu küssen. Das vollständige Zu-
sammenbrechen des prächtig in allen
Muskelpartien durchgearbeiteten
Körpers, das kraftlose Herabsinken
des edlen Hauptes ist im Gegensatz
zur schönen, malerischen Pose, die
Van Dycks Christus zeigt, mit ergrei-
fender Naturwahrheit zum Ausdruck
gebracht. Über der Gruppe ragt aus
Wolken, von Putten umgeben, das
Kreuz. Im Preßburger Kunsthandel
befindet sich ein in Rot und Sepia
ausgeführtes Gemälde signiert Cas-
par Rafalt, Wien, 1712, das neben
manchenVerschiedenheiteninvielen
Einzelheiten auffallende Ähnlichkeit
mit Donners Relief zeigtVerschieden
ist die Stellung Christi, der auf dem
Gemälde auf dem Schoß Mariens
mit herabhängenden Beinen ruht. Ein von Donner auf dem Relief nicht
Vgl. A. Mayr, a. a. 0., Seite r.
Rechter Leuchter in der Elemosynarius-Kapelle
verwendetes Motiv ist auch auf dem Bilde dargestellt, der Engel, welcher
die zurücksinkende Maria stützt. Gleich ist hier wie dort das die Hand
Christi küssende Engelein, gleich ist das im Hintergrund aufragende, von
Putten allerdings in verschiedener Anordnung.umgebene Kreuz, gleich
ist, daß auf beiden Darstellungen ein Putto unter dem linken Kreuzarm mit
dem Zeigefinger aufs Kreuz hinweist. Die im Hintergrunde des Bildes dar-
gestellte Stadt mit ihren Kuppeln ist auf Donners Relief nur durch eine
Kuppel markiert. Dem Preßburger Relief überaus ähnlich ist eine Anzahl
verwandter Darstellungen in Holz, Stein und Ton, die sich in verschiedenen
Städten Oberösterreichs befinden und die H. Ubell" auf Johann Peter
Schwanthaler den Älteren 1720 bis 1795 zurückführt. Ubell sagt darüber
Alle diese Kompositionen weichen nur in geringen Einzelheiten von dem
schönen Relief des Linzer Museums ab und erhalten ein besonderes Inter-
esse dadurch, daß sie die alpenländisch volkstümliche Abwandlung" des
Kompositionsschemas zeigen, welches dem Donnerschen Bleireliefw" in
der Martinskirche in Preßburg und der herrlichen Pieta im Gurker Dom
zugrunde liegt. Der Aufbau der Hauptgruppe im Dreieck die Lagerung
des Leichnams Christi mit der breiten, frontal gestellten Brust und dem tot
herabhängenden Arm, der von einem der beiden kleinen Engel zärtlich
umfaßt wird das alles entstammt dem Donnerschen Vorbild und zeigt an
einem neuen Beispiel, wie groß der Einiiuß des größten österreichischen Pla-
stikers auf die alpenländische Kunst des XVIII. Jahrhunderts gewesen ist."
Die in ihrem mittleren Teile stark vortretende Mensa des Altars ist aus
dem gleichen roten Marmor wie die Predella und der Sockel der Kapellen-
wändexl- Die kräftigen Voluten an den Seiten des Altars sind aus grauem
Marmor gebildet. Der Vorderteil ist mit einer reichen, zweiteiligen, in der
Mitte von einer muschelartigen Verzierung gehaltenen, aus Blättern, ver-
schiedenen Blüten und Knospen gebildeten Girlande aus Bronze geschmückt,
die bis zu den geflügelten, schönen weiblichen Köpfen reicht, welche die
Ecken zieren. Man kann diese Köpfe, welche man nicht gut als Engel
ansprechen kann, da der vorhandene Ansatz des Leibes unterhalb der Brust
in ein Federkleid übergeht, vielleicht als Sirenen deuten.
Links und rechts vom Altar befinden sich an der abgeschrägten Wand
des Nischenrandes zwei Konsolen für die Meßkännchen, als deren Träger
geflügelte Puttenköpfe dienen, welche die ganze charakteristische Anmut
zeigen, welche Donner in diese Kinderköpfchen legen konnte.
H. Ubell. Ausgewählte Werke der Kleinplastik im Linzer Museum", Kunst und Kunsthandwerk"
1915, Seite 48g E.
Besonders durch den einen in sein Saclnüchlein weinenden kleinen Engel charakteristisch.
Soll richtig heißen Bronzerelieft
Es dürfte wahrscheinlich Marmor von Silttö oder Piszlre Alrnäs bei Grnn sein. Diese Steinbrüche.
welche roten und grauen Marmor liefern, wie er in gleicher Beschatfenheit bei vielen Preßhurger Kirchenhauten
der Barockzeit in Verwendung genommen wurde, befinden sich nahe der Donau in den Ausläufern des Pllis-
gebirges, das mit dem gegenüberliegenden Neogrider Gebirge die malerische Visegrader Enge hildet. Der Stein-
bruch von Siitxö, Eigentum des Primus Esterhäzy, war bekanntlich von diesem an Raphael Donner verpachtet
worden.
IOI
Fuß des rechten Leuchter
Zu beiden Seiten des Altars stehen zwei prächtige Kolossalleuchter
aus Bronze auf 16 Zentimeter hohen Sockeln aus rotem Marmor. Auf
14
Lllk
abgeplatteten Kugelfüßen ruht der Unterteil, aus drei wuchtigen Voluten
bestehend, auf denen Engel in anmutig lässiger Haltung sitzen, welche
Girlanden aus Blätterbüscheln und vollen Rosen in ihren Händen tragen.
In ihrer Haltung einander ähnlich, zeigen jedoch diese sechs Gestalten
keine Gleichförmigkeit, sondern jede Figur ist in Stellung und Ausdruck
individuell behandelt. Ein im Durchschnitt dreieckiges Mittelstück, verziert
mit Blumensträußen in den geschweift trapezförmigen Feldern, mit Gir-
landen an den Kanten, verbindet diesen imposanten Fuß mit dem Schaft
des Leuchters, dessen unterer, breiterer Teil mit einer Reliefdarstellung,
der obere, dünnere Teil mit aufgeschweißten Ranken und Weinblättern
verziert ist. Die Körper dieser Schäfte, die nach derselben Form gegossen
sind, sind bei beiden Leuchtem gleich, nur ist der Guß beim linken Leuchter,
der weniger Gußlöcher aufweist, gelungener, die Ziselierung feiner durch-
geführt. Das erwähnte Relief zeigt einen Reigen von Putten, die eine um
den Leuchter laufende Girlande tragen, oben und unten abgeschlossen
durch einen aufgeschweißten Kranz von Weinblättern. Das den übrigen
Teil des Schaftes umspinnende Rankenwerk leider vielfach beschädigt
ist, wie erwähnt, aufgeschweißt und zeigt demgemäß zahlreiche kleine
Verschiedenheiten in Form und Anordnung, in der Behandlung der Ver-
zweigungen und der Blätter. Die Durchführung der Arbeit ist auch hier
beim linken Leuchter in den Einzelheiten sorgfältiger als beim anderen.
Die Preßburger Tradition bezeichnet diese Leuchter gleichfalls als
Werke Donners. Dem entspricht auch die Nachricht bei Bei, daß nicht
nur die Kapelle, sondern deren ganzer Schmuck ein Werk Donners sei.
Trotzdem wurde dessen Urheberschaft wiederholt bestritten. Im Katalog
der Ausstellung von Werken Donners sagt Ilg Endlich aber werden auch
Schöpfungen des XVII. jahrhunderts, wie zum Beispiel das Kalvarienberg-
kreuz in Preßburg oder die dortigen Agnusleuchter in der Esterhazy-
kapelle, letztere Bronzegüsse der italienischen Spätrenaissance, ihm in die
Schuhe geschoben." Ilgs Urteil schließt sich auch A. Mayr" an. Daß Ilg
die Leuchter als Renaissance bezeichnet, ist um so weniger begreiflich, als
der untere Teil mit den Engelgestalten doch gar nichts vom Renaissance-
charakter an sich trägt, sondern reines Barock, wenn nicht spezifisch
donnerisch ist. Daß übrigens Ilg die Kapelle nicht genau besichtigte, zeigt
der Umstand, daß er die Wände als aus Marmor bestehend, die bronzenen
Predellenreliefs als Bleireliefs bezeichnet. Eher könnte noch die von
manchen geäußerte Ansicht etwas für sich haben, daß der untere Teil der
Leuchter wohl barock, der obere aber ein Werk der Renaissance sei, da
dieser allerdings mehr an ein Produkt der Renaissancezeit als des Barock
erinnert. Eine derartige Zusammenfügung hat aber doch wenig Wahr-
A. a. 0., Seite 6.
A. Mayr, a. a. 0., Seite 2B Früher wurden ihm auch die großen Leuchter in der Grufxkapelle
des Fürsten Emmerich Esterbäzy zugesprochen. Es ist den Bemühungen Dr. Ilgs gleungen, einige dieser
Annahmen richtigzustellen. Ferner bestätigt er die beiden großen Leuchter als italienische Arbeit des
XVII. Jahrhunderts."
scheinlichkeit für sich. Die An-
nahme aber, daß dekorative Mo-
tive, wie sie der obere Teil des
Leuchters zeigt, nur für die ita-
lienische Renaissance charakteri-
stisch, nicht aber barock seien,
ist nicht ganz zutreffend. Der mit
Weinranken umsponnene Stamm
findet sich zum Beispiel gerade
in Preßburg bei einem Barock-
werk, das vielleicht sogar Raphael
Donner sehr nahe steht, einer
Figur im Stiegenhause des Rat-
hauses.
Auch weisen die Leuchter
so viele verwandte Züge mit an-
deren dekorativen Motiven auf,
die in der Kapelle uns entgegen-
treten, daß es mir wirklich un-
möglich erscheint und ich habe
sie daraufhin unzählige Male an-
gesehen sie nicht als sichere
Werke Donners zu bezeichnen.
Als Füße dienen Kugeln, wie sie
in gleicher Form beim Gitter des
Eingangstores verwendet sind.
Der Unterteil mit den Engeln hat
spezifisch Donnerschen Charakter
wie nur irgend eines seiner Wer-
ke. Die Blumen- und Blätter-
dekorationen des Fußes wie des
Oberteiles haben stets ihr voll-
kommen gleiches Seitenstück an
irgend einer anderen Stelle der
Kapelle. Die Blumensträuße, wel-
che das Mittelstück zieren, zeigen
die gleichen Blumen und Blätter
in derselben Ausführung wie
die Girlande des Altars. Die aus
herabhängenden Blätterbüscheln
gebildeten Girlanden an den
Kanten zwischen den Feldern des
Mittelstückes finden sich ähnlich wieder in den Verzierungen der Pilaster.
Unter den Blättern der Altargirlande sind auch Weinblätter in der gleichen
Schaft des rechten Leuchters
1b"!
Ausführung wie die den Leuchter umrankenden. Die von den auf den Voluten
des Fußes sitzenden Engeln getragene Girlande findet sich wieder in der Tür-
nische und reicht hier von der Muschel zur Verzierung der Ecken. Auch die
von der Lieblichkeit, die sonst Donners Kindergestalten auszeichnet, etwas
abweichenden Putten haben einen Verwandten in dem stumpfnasigen, an
Anmut hinter den übrigen gleichfalls zurückstehenden kleinen Engel mit dem
Schlangenstab auf der Predella. So harmonisch fügen sich diese Leuchter dem
ganzen dekorativen Schmuck der Kapelle ein, so viele echt Donnersche Züge
tragen sie, daß sie wohl als echte Werke Donners bezeichnet werden müssen.
Mit dieser Ansicht, daß sie zumindest nicht Renaissance sein müssen,
sondern ganz gut aus der Barockperiode stammen können, stehe ich übrigens
nicht allein, sondern bin in der Lage,
auf das Urteil einer anerkannten Autori-
tät, Wilhelm von Bodes, mich stützen
zu können. Anläßlich einer Meinungs-
verschiedenheit über den Ursprung der
Leuchter, in der ich Donners Urheber-
schaft vertrat, wurde die Streitfrage
nebst bildlichem Vergleichsmaterial
Geheimrat von Bode vorgelegt, der
in einem Briefe vom 22. Juni 1914
mir darüber unter anderm schrieb
Nachdem ich mir die Photos den
Tag über oft angesehen habe, komme
ich zu der Überzeugung, daß mein erster
Eindruck doch wohl der richtige sein
könne früher Donner, und zwar der
ganze Leuchter. Ich habe mir das, was
Sie selbst und was I-Ierr Satori vor-
gebracht haben, reiflich überlegt, aber
ich gestehe, daß ich die Empfindung
habe, daß der ganze Leuchter eins ist
und ganz charakteristisches Spätbarock
ist. Der obere Schaft mit den Putten
und dem Laubwerk ist zwar ganz ähn-
lich im Cinquecento gerade in Italien
gearbeitet worden, aber gerade das
Spätbarock holte sich Seine Motive in
Italien gelegentlich vom Cinquecento.
Und im Detail ist doch die Ausführung
der Blätter samt den Blüten viel raf-
finierter, weniger stilisiert als im Cinque-
Wandbrunnen im alten Refektorium zu Kloster- cento' gerade dlese Detaillierung
neuburgvonNLSteinl findet sich auch an den Blättern und
Früchten des unteren Sockels. Ich habe in Italien in Eisen geschmiedete
Fruchtkränze gesehen, die genau mit denen am Sockelg übereinstimmen,
die man in Italien als Frührenaissance bezeichnete, während sie um 1700
datiert waren! Auch die Behandlung und Anbringung des Eierstabes und
anderer Ornamente im oberen Teil ist nicht Renaissance, sondern Barock.
Recht italienisch mutet weder das Ganze, noch der Oberteil an. Da nun
die Engel durchaus zu dem Marmorengel" stimmen, so muß ich Ihnen
raten, den Kandelaber noch einmal genau darauf zu prüfen, ob sie nicht
charakteristische Werke Donners aus der Zeit der ganzen Kapelle sind
Die vorerwähnten Analogien zwischen einzelnen dekorativen Motiven
der Leuchter und der übrigen Kapelle lassen es nun wohl als nahezu
sicher erscheinen, daß wir hier nicht nur Werke der Barockzeit, sondern
bisher unerklärlicherweise ver-
kannte Donnersche Schöpfungen
vor uns haben
Ein Glanzstück der Kapelle,
eines der vollkommensten Wer-
ke des großen Plastikers, ist
das herrliche Denkmal, das er
für seinen Gönner schuf. An
der Wand gegenüber der mit
vergoldetem Rankenwerk ge-
schmückten Fensternische ist
eine reich dekorierte Nische aus
grauem Marmor, die in ihrer
dekorativen Umrahmung die
gleichen Motive aufweist, wie
sie beim Fenster an der Außen-
wand der Kapelle verwendet
erscheinen, Daß diese Nische
aber auch beim ersten Anblick
an Matthias Steinls Brunnen
im sogenannten alten Refek-
torium in Klosterneuburg errich-
tet 1728,"? also nur vier Jahre
vor dem Bau der Elemosynarius-
Kapelle erinnert, dürfte nicht
Bode meint hier die Rosen der Gir-
lande, die allerdings auf der Photographie
schwer als solche zu erkennen sind.
Dessen Photographie als Vergleichs-
objekt eingeschickt worden war.
W. Pauker, Der Bildhauer und
Ingenieur Matthias Steinl", jahrbuch des Stiftes
Klosterneuburg, II, Wien und Leipzig, 190g,
Sgigg 347. Nische inderElemosynarius-Kapelle mit derEslerhäzy-Statue
nur ein bloßer Zufall sein, sondern vielleicht auch für Donners Beeinflussung
durch Steinl sprechen. Die aus weißem Marmor" gebildete Gestalt des
Kirchenfürsten, eine Figur von unbeschreiblicher I-Ioheitvund Demut
zugleich",'"' ist auf einem Betschemel aus rotem Marmor kniend mit über
Esterhäzy-Statue von Raphael Donner
der Brust gefalteten
Händen dargestellt. Zu
Füßen des Kardinals
liegen auf einem Pol-
ster aus rotem Marmor
Fürstenhut und Stola.
Die ganze Haltung und
der Ausdruck des
meisterhaft modellier-
ten Kopfes zeigen die
Demut des Mannes,
der sich bescheiden
stets nur ,FraterEmeri-
cus'-' nannte, spiegeln
die tiefste Andacht
wider, bringen aber
auch die ganze Würde
und Hoheit des Kir-
chenfürstenundgebore-
nen Grandseigneurs
treffend zum Ausdruck.
Liebevoll ist alles bis
ins kleinste Detail auf
das sorgfältigste durch-
gearbeitet, die Behand-
lung der Spitze des
Chorhemdes zum Bei-
spiel von bewunde-
rungswürdiger Fein-
heit, Es ist wohl keine
Übertreibung wenn
wir diese Statue als
das feinste Porträtwerk
Donners, als eine der besten Porträtstatuen, die wir überhaupt kennen,
bezeichnen.
Der Boden der Kapelle ist aus grauen und roten Marmorplatten gebildet.
Die in denselben eingelassene Gruftplatte trägt die Inschrift
Das Material macht den Eindruck feinsten Carraramumors, dürft aber vgl. Seite 97, Anmerkung
wahrscheinlich auch Karinsebeser Mumor sein.
Xlg, Festschrift, Seite 26.
Sub hoc
admirandae commiserationis
prodicio
divo Ioanne Alexandrino
ego in te
deus meus misericordia mea
assidente mihi
dulci misericordiae matre
dormiam et requiescam
Frater
Emericus.
Die Kapelle ist noch vollständig in derselben Ausstattung erhalten,
welche ihr Donner gegeben. Da eines seiner bedeutendsten Preßburger
Werke, der I-Iochaltar und die als Rahmen für denselben dienende barocke
Ausschmückung des Presbyteriums des Preßburger Domes, zerstört sind,
ist sie als das einzige Zeugnis der Tätigkeit Donners auf dem Gebiete der
architektonisch-plastischen Ausschmückung eines Innenraumes von umso
größerem Werte. Sie zeigt uns den Künstler in einer bewunderungswürdigen
Vielseitigkeit, nicht nur auf seinem eigentlichen Gebiete, der Plastik, sondern
auch als Meister der Dekoration, als welcher er noch nicht zur Genüge
gewürdigt wurde. Emmerich Esterhazy hat sich mit dieser Kapelle ein unver-
gängliches Denkmal gesetzt, das nicht nur das Juwel des Krönungsdomes,
nicht nur die größte Sehenswürdigkeit Preßburgs, sondern in seiner wunder-
baren Harmonie, in der glänzenden Ausstattung, die sich doch fernhält von
jedem auffälligen Prunk, eines der schönsten Meisterwerke der Barock-
periode, eine der reifsten Schöpfungen des großen MeistersRaphaelDonner ist.
BRÜNNER JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG
VON JULIUS LEISCHING-BRUNNSß
AS Erzherzog Rainer-Museum hat unter besonderer
Förderung des regierenden Fürsten von und
zu Liechtenstein und starker Beteiligung des
mährischen öffentlichen und Privatbesitzes eine
Ausstellung r8I519x5" veranstaltet, worin
die Entwicklung der Kunstformen und Kunst-
anschauungen sowohl an erlesenen Gemälden
von Füger bis Klimt wie an Möbeln und Klein-
geräte aller Art veranschaulicht werden sollte.
Zum ersten Male hat man hier den Versuch
gemacht, die Stile" des XIX. Jahrhunderts in
ihrer Aufeinanderfolge an völlig eingerichteten Wohnräumen zu erläutern,
sie zeitlich festzulegen einen Raum der Kaiser Franz-Zeit um 1800 bis um
1830, einen Raum der Biedermeierzeit um 1830 bis um 1850, einen
Raum im zweiten Rokokostil um 1850 bis um 1870 und einen Raum
im Stil der zweiten Renaissance, der Makart-Zeit. Wer dessen Einrichtung,
durchwegs aus älteren Erwerbungen des Brünner Museums zusammen-
gestellt, vorurteilslos betrachtete, begriff, daß die moderne" Richtung nötig
war und was sie will. Auch sie kam in dieser Ausstellung zur Geltung.
Hier sei jedoch nur auf eine Reihe älterer Arbeiten verwiesen, die
eingehendere Beachtung verdienen.
Der Raum der Kaiser Franz-Zeit konnte aus Möbeln des Erzherzog
Rainer-Museums allein bestritten werden. Ein in Bozen erworbener
zweisitziger Diwan mit Holzlehnen deutet noch den Übergang von der
josetinischen Zeit an. Ein Rundtisch mährischer Herkunft aus Mahagoni
ruht schon auf drei Säulen. Ein eirunder Nähtisch und der Sessel aus dem
Feldsberger Schloß bevorzugen die damals beliebte Leierform, hier als
Rückenlehne mit Metallstäben, dort als Fuß. Sehr schön gearbeitet und
fein geschnitzt ist ein italienischer Lehnstuhl dieser Zeit mit bequemer
Schweifung der Rücklehne, die antiken Marmorsitzen nachgeahmt ist.
Neben dem kastenförmigen Sekretär mit eingelegter Klapp-Platte fällt
ein hübscher Eckglaskasten auf, der aus Wien stammt und vielleicht in
der damals berühmten Danhauser-Fabrik entstand. Schlanke I-Iolzteile mit
zarten Kapitälen bilden die Fassung. Unter den hier ausgestellten Möbel-
zeichnungen jener Fabrik findet man auch noch einige, die offenbar vom
jungen josef Danhauser, dem Maler, stammen, dessen Tochter sie zur
Ausstellung überließ. Er hätte, als die schlechten Zeiten auch dieses einst
blühende Unternehmen schwer beeinträchtigten und 182g überdies der
Vater starb, die Fabrik ja mit den beiden jüngeren Brüdern fortführen sollen.
Veranlagung und Lebenslauf hatten ihn aber zu höheren Zielen geführt.
Nach den vom Vater ausgeführten Wohnräumen malte der Sohn Josef
indes auch Aquarelle, die jetzt dem Museum der Stadt Wien gehören.
Der Sekretär mit umlegbarer Klapp-Platte ist in Nußholz ausgeführt
mit abwechselnd hellen und dunklen Einlagen aus Ahorn, Rosenholz und
Esche einer von Greifen bewachten Leier, Ranken mit geflügelten Tier-
oberleibern, Blattranken und figürlichen Darstellungen Höhe I'ÖO Meter,
Breite gg Zentimeter, Tiefe 46 Zentimeter.
Ein Gegenstück hiezu bildet das von Wilhelm Bachmann 180g in Brünn
gebaute Kastenklavier mit stehender Saitenspannung und vier Pedalen. Die
Klaviatur ruht auf zwei Segmentbogen. Die beiden Türen des Oberbaues
sind in der Art eines antikisierenden Mauerwerkes mit rundbogigem Tor
gequadert Höhe 2'o9 Meter, Breite 119 Meter, Tiefe 56 Zentimeter.
Ein zweites Nähtischchen in den Museumssammlungen wird wie der
Tisch von zwei Säulen getragen, deren Kapitäle hier vergoldet sind. Zwischen
ihnen hängt an Ringen ein eirundes Körbchen, wie es ähnlich auch an dem
I-Iollschen Damenschreibtisch des Österreichischen Museums von 11815 zu
finden ist. Der eigentliche Nähkasten aus Nußholz, mit Klappbrettchen zu
-Orchester und einen automatischen Trompeter
öffnen, wie auch der hohe, zugleich als Fußbank dienende Unterbau sind eben-
falls eirund. Die obere Platte aus Ahorn, mit vergoldetem Eierstab am Rande,
ist an Ringen aufzuheben und ziemlich derb bemalt mit einer romantischen
Landschaft, Stadtansicht und betendem Jäger. Mährische Arbeit Höhe
90 Zentimeter, oberer Durchmesser 62 Zentimeter lang, 46 Zentimeter breit.
Ein ovaler Ankleidespiegel wird von einem vergoldeten Adler auf aus-
gebreiteten Flügeln getragen.
Die Alabasteruhr von Adam Rötzer in Wien ahmt eine antike Stele
nach. Eine zweite, kleinere sitzt in einer spitzen Pyramide aus Holz.
Auch das Metronome de Maelzel 1815"
ist eine Pyramide. Es stammt von jenem .'...u;yni5m1
Wiener Mechaniker Maelzel, von dem das
Tagebuch eines alten Wieners meldet, er
habe bei der Rückkehr des Kaisers Franz am
27. November 1809 durch ein selbstspielendes
Aufsehen erregt. Maelzel verstand sich übrigens
bereits auch auf die Herstellung künstlicher
Füße mit siebenfacher Biegung des Knies und
hatte seine Werkstätte zur Zeit des Napoleoni-
schen Aufenthaltes in Wien auf der Albrechts-
rampe im k. k. Observatorium" der Burg.
Zu wenig beachtet und mit Unrecht unter-
schätzt wurden bisher die Buchbinderarbeiten
jener Zeit, die sich keineswegs auf Einbände
beschränkten, sondern beinahe mit den Möbel-
tischlern wetteiferten.
Kleine pultförmige Tintenzeuge aus Holz
mit Goldbronzebeschlägen, auf Klauenfüßen
ruhend, werden zugleich in billigerer Buch- "ähüsch mit eufhßbPir" 11mm"
binderarbeit nachgeahmt. Die zur Grundform Plane Erzherzog Rainer-Museum
benützte Pappe oder Holzfläche ist mit gepreßtem Goldpapier eingefaßt
und mit verglasten Stickereien gedeckt wieder dem Adler, zwischen zarten
Blumengehängen. Klappt man die schräge Platte dieses reizvollen Schächtel-
chens auf, so liest man auf der Innenfiäche des Deckels Souvenir" und
der Grund ist auf blauer Seide mit Blütenzweigen aus zarten, weißen Fisch-
beinblättern und Perlblüten unter Glas belegt. Handelt es sich auch bei
diesen Arbeiten, wie bei so vielen jenes arm gewordenen Geschlechtes, um
Surrogate, so sind sie doch mit beachtenswerter Sorgfalt und Liebe tech-
nisch tadellos durchgeführt.
Die Bildnerei dieser Zeit ist durch drei Büsten aus dem Besitze des
Erzherzog Rainer-Museums gekennzeichnet.
Eine Bleibüste mit kräftigem Männerkopf, kurzem wirren Haar und einer
Toga um die Schultern, stammt von Joh. Schaller Fecit 1811" Höhe samt
xs
119
Marmorsockel 52 Meter. Johann
Nepomuk Schaller war von Rom
aus dem Kreise Thorwaldsens
nach Wien zur Professur an der
Akademie gekommen. Im großen
wurde er wie alle seine Berufs-
genossen leicht leer und lang-
weilig der 1833 entstandene
Andreas Hofer am Grabmal der
Innsbrucker Hofkirche ist trocken
und wirkungslos, edel dagegen und
schönlinig, ganz im Stile Thor-
waldsens, sein bekannter Todes-
engel", mit der gesenkten Fackel
an eine Graburne gelehnt.
Eine der unserigen verwandte,
wesentlich kleinere Bleibüste von
Zauner, den Feldmarschall Fürsten
Schwarzenberg Höhe 13 Zenti-
meter, besitzt die Wiener Samm-
lung Ludwig Zatzka vergleiche
Planiscig, Kunst und Kunsthand-
werk" 1916, Seite 125.
Von Schaller gibt es auch
eine Reihe von Biskuitbüsten, so
den Imperator, den Dichter, den
Schreibkasten mit umlegbarer Plane, Nußholz mit Ein- Philosophen in der Wiener Huf"
lagen aus Ahorn, Rosenholz und Esche Erzherzog Rainer- dann eine große BÜSIC
Musm" Franz II. Im Österreichischen
Museum den Kopf eines alten Herrn, bezeichnet Joh. Schaller fec." Um
1835. Neben Schaller war unter den Schülern Anton Grassis namentlich
Hütter hervorgetreten. Auch von ihm gibt es wie von Grassi selbst
eine ganze Folge solcher Biskuitbüsten. Von Grassi besitzt das Österrei-
chische Museum die 77 Zentimeter hohe Büste Josefs II. als römischen
Imperators, das Reichenberger Museum eine wesentlich kleinere dieses
Kaisers, nach rechts gewendet 34 Zentimeter hoch und das Charlotten-
bu rger Schloß die Biskuitbüste Josef I-Iaydns von 1802. Bezeichnet Grassi
1803" ist der feine runzelige Kopf des Barons Kalisch im Österreichischen
Museum.
Auf der Breslauer Jahrhundert-Ausstellung 1913 war die, Biskuitbüste
des Erzherzogs Karl als Inhabers des Infanterieregiments Nr. vom Jahre
1804 Josef Grassi" zugeschrieben.
Obwohl nun Sorgenthal als Direktor der Wiener Porzellanmanufaktur
schon in einem Dekret vom Dezember 1794 erklärt hatte, Biskuit scheinet
nicht mehr die herrschende Mode zu
sein", stammt die ganze Folge der Hütter-
schen Büsten erst aus weit späterer Zeit.
Die Nachrichten über Elias Hütter
im Archiv der Wiener Kunstakademie
Hießen spärlich genug. Anton Weinkopf
erwähnt ihn in seiner Beschreibung der
k. k. Akademie der bildenden Künste in
Wien, die 1783 und 1790 erschien und
1875 in einem Neudruck herauskam,
überhaupt nicht, obwohl das Aufnahms-
protokoll schon am 31. Mai 1788 ver-
merkt Hütter Ellias 13 Jahre alt,
Hauszmeisters-Sohn aus der k. k.
Porcellan-Fabrick Nf; 77". Schon
ein Jahr später, am 1. April 1789,
wird der Vierzehnjährige als Lehr-
junge in die Fabrik aufgenommen,
1804 unter den Bossierern genannt,
1807, nach Grassis Tod, zum Modell-
meister befördert. Als solcher ist
Hütter mit 82 Jahren, als letzter
Modellmeister der Wiener Manufak-
tur, erst am 7. September 1857 in
den Ruhestand getreten, nach fünf-
zigjähriger Leitung des Modellsaales.
Der gute Erfolg seiner ersten, Kastenklavier von Wilhelm Bachmann in Brünn, m9
1802 modellierten Büste des Erzher- Emmmg Rainmmßwm
zogs Karl gab Anlaß, sofort noch sechs weitere herzustellen, denen
sich späterhin noch zahlreiche andere anschlossen.
In kaiserlichem Besitz befinden sich 18 Biskuitbüsten der Wiener
Manufaktur, durchwegs nach Mitgliedern des Kaiserhauses, von denen
einige unbezeichnet, einige nur datiert sind. Die älteste in dieser Folge, die
Büste des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, ist 1803 bezeichnet. Vom
Jahre 1807 besaß. die Troppauer Sammlung Dr. Alexander Hirsch den Erz-
herzog Anton nebst drei anderen Büsten, von 1808 Baron Lanna die Erz-
herzog Karl-Büste.
Vom Jahre 1817 stammt die Büste des Erzherzogs Carl" als römischen
Feldherrn im Besitze des Erzherzog Rainer-Museums. Aus demselben Jahre
ist die Büste der Erzherzogin Caroline im Besitze des kaiserlichen Hofes,
wo sich weiters finden die Erzherzoge Ferdinand 1818, Rainer 1819,
Rudolf 1820, Karl 1820 es ist dasselbe Modell, das im Erzherzog
Rainer-Museum die Jahreszahl 1817 trägt Ludwig 1821, Erzherzogin
Henriette 1821, Erzherzog Josef 1825; diese fast alle voll bezeichnet
Elias Hütter". I-Iütters Namen allein, ohne Jahreszahl, trägt die Büste des
Erzherzogs Maximilian. Bloß datiert ist die Büste des Herzogs von Reich-
stadt 1833, ganz unbezeichnet jene der Kaiserin Marie Luise, der Erzher-
zoginnen Sophie und Klementine, der Erzherzoge Johann, Franz Karl, Leopold
und Anton.
Die Brünner Büste mißt mit dem glasierten Sockel 45 Zentimeter Höhe.
Das Erzherzog Rainer-Museum besitzt von I-Iütter aber auch eine
Terrakottabüste. Sie stellt den Erzherzog Josef als Palatin von Ungarn in
reich verschnürtem Rock dar und ist grün bronziert. Bezeichnet EUAÄQgTTER
Höhe 5r5 Zentimeter. Sie ist offenbar das Modell für die in kaiserlichem
Besitz befindliche Biskuitbüste des Palatins.
Vom Jahre 1822 besitzt Frau Eugenie Wibiral in Graz eine bezeichnete
Biskuitbüste des Grafen Ignaz Chorinsky von Hütter. Von 1832 das Öster-
reichichische Museum einen männlichen Kopf, bezeichnet 832, und die
wesentlich kleinere Büste der Kaiserin Maria Theresia auf glasiertem Sockel,
um 1850. Aus dem Nachlasse der Freiin Julie von Ceschi-Kübeck kam
jüngst die Biskuitbüste des Barons Kübeck zur Versteigerung, bezeichnet
Elias Hütter f. x843". Der glasierte Sockel ist erst später hinzugefügt
worden; er trägt nebst dem Bindenschild
die Jahreszahl 1857 Höhe 61 Zentimeter.
Während sich in Wien die Vorliebe
für die etwas weichliche Biskuitmasse
erhielt, die offenbar dem antikischen"
Charakter des parischen Marmors ent-
sprechen sollte, vollzog Berlin gleich-
zeitig den Übergang zum Eisenkunstguß,
selbst für Freidenkmäler, und kein Ge-
ringerer als Rauch modellierte dafür unter
anderem die schöne Büste der Großfürstin
Alexandra 18x6.
Der Eisenguß, der vor hundert Jahren
unter dem Drucke der Befreiungskämpfe
einen so überraschenden Aufschwung
nahm, ist in der Brünner Ausstellung
durch einige österreichische und Berliner
Arbeiten vertreten.
Vermutlich aus Blansko bei Brünn
stammt unter den älteren figürlichen
Arbeiten eine einseitige Schaumünze des
Erzherzog Rainer-Museums mit dem sehr
gut modellierten Reliefbrustbild des vor-
trefflichen Abtes Othmar von Raigern,
Bleibüste, bezeichnet "Job. Schiller Fecit eines großen Kunstfreundes- Es ist eine
x81 Erzherzog Rainer-Museum sehr fruhe Afbelt, denn sie tfägt, allerdings
ohne Herkunftsbezeichnung, die Um-
Schrift OTHMARVS CONRAD
PRAEP INF RAYHRAD JUB
SAC 29 JUN 1803.
Zwei schöne Vasen in Kantharosform
kamen aus derselben Blanskoer Gieß-
hütte nachweislich 1822 als Geschenk
des Altgrafen Hugo Salm in das Brünner
Franzens-Museum. Ihr trichterförmiger
Hals ist am Oberrand mit Weinlaub und
Trauben belegt, ebenso an der gedrückten
Leibung. Je zwei Faunmasken tragen
jederseits zwei kleine Doppelhenkel. Jede
der beiden Vasen ist in drei Stücken
gegossen und mißt 34-5 Zentimeter Höhe,
Ig'7 Zentimeter im oberen, II'8 Zenti-
meter im Durchmesser der viereckigen
Fußplatte.
Ebenfalls als Widmung des Besitzers
der Blanskoer Hütte ist gleichzeitig ein
großes Relief mit dem Brustbilde Franz II.
in dasselbe Museum gelangt. Der Kaiser,
nach rechts gewendet, trägt den Hermelin
und das goldene Terrakottabüste Erzherzog Josef, bezeichnet
ist nicht groß. Die Zwickel zwischen der ELmsxägTTER Erzherzog Rainer-Museum
ovalen Umfassung und dem mitgegos-
senen profilierten Rechteckrahmen sind mit antikisierenden Ranken gefüllt
Höhe 54'8 Zentimeter, Breite 43 Zentimeter. Ausnahmsweise ist die Her-
kunft hier ausdrücklich angegeben; am Armabschnitt links steht BLANSKO.
Bekanntlich ist hier späterhin, unter dem EinHusse der Wiener Monu-
mentalbildhauer, auch für die Großplastik gearbeitet worden. So die ver-
unglückten Pegasusse von Pilz, die ursprünglich für die Wiener Hofoper
bestimmt waren, aber durch jene von Hähne ersetzt wurden. 1883 erhielt
das Erzherzog Rainer-Museum als Geschenke des Fürsten Salm den Hagen"
nach dem Modell von Femkorn, ein Jahr später den gewaltigen Friedens-
engel mit dem Lorbeerkranz in der ausgestreckten Rechten, nach dem Modell
Friedls, des Schöpfers der beiden Pferdebändiger auf dem Wiener Maria
Theresien-Platz.
Ein der Zeit nach und vor allem in Stoff und Behandlung der Abt
Othmar-Münze nahe verwandtes Stück besitzt das Brünner Franzens-
Landes- Museum. Es stellt in deutlicher Bildnistreue den regierenden
Fürsten Alois von Liechtenstein im Prolilbrustbild dar, mit lockigem Haar,
der kennzeichnenden schönen Adlernase und im Schmuck der goldenen
Vließkette,nach rechts gewendet. Umschrift ALOYS DUX ET
GUBERNATOR DOM A. LICHTENSTEIN MDCCCII. Durchmesser
I0'8 Zentimeter.
Zur Vorlage diente eine sehr gut modellierte Wachsbossierung, offenbar
von derselben Hand wie die Propst Othmar-Schaumünze des Erzherzog
Rainer-Museums, die gleich groß und in der ganzen Durchführung jener
sehr ähnlich ist. Was der ersteren Arbeit aber besonderen Wert verleiht,
ist der Nachweis, daß sie auf fürstlich Liechtensteinschem Grunde in Adams-
thal bei Brünn entstand. Auf der Rückseite findet sich nämlich innerhalb
eines Lorbeerkranzes in derselben tretiflichen Reliefschrift wie auf der
Vorderseite der Widmungsspruch
WAS
KUNST UND FLEIS
ZU ADAMSTHAL
GEMACHT,
DIES WIRD HIER
GROSSER FÜRST,
ALS OPFER DIR
GEBRACHT.
In WölkingsthaW entstanden die Reliefs nach den öfter wieder-
kehrenden Wachsbossierungen mit den Brustbildern der Heiligen Paulus
und Petrus." Wölkingsthal, wo die sehr dünnen Eisengüsse unter dieser
Ortsbezeichnung hergestellt wurden, liegt in der mährischen Bezirkshaupt-
mannschaft Datschitz, nächst Zlabings. Jene beiden bezeichneten Reliefs
sind Eigentum des Iglauer Stadtmuseums.
Leider blieben aber die meisten Eisengüsse gewöhnlich unbezeichnet.
Auch fehlt es an archivalischen Forschungen. Eine eingehende Arbeit über
das kaiserliche Gußwerk bei Mariazell bereitet Dr. Emil von Horrak auf
Grund des noch vorhandenen Aktenbestandes vor.
Österreichische Arbeit sind indes zweifellos jene runden Teller der
Ausstellung, die, so ganz im Geiste der Romantik entworfen, in ganz gleicher
Ausführung kürzlich auch im Dorotheum auftauchten. Ihr rundes Mittelfeld
ist mit einem sechsblättrigen, an gotische Rosenfenster erinnernden Stern
in Relief, der Rand durchbrochen in Art gotischer Spitzbogenfenster mit
Maßwerk und Vierpässen gemustert Durchmesser 21 Zentimeter.
Ebenso sind wohl die nicht seltenen Hermenleuchter österreichischer
Herkunft. Sie kommen ein- und zweiarmig vor.
Erstere bestehen über einer runden Fußplatte mit Blattwerk aus einem
Schaft mit vergoldeten Palmetten, darauf ein weiblicher, gut modellierter
Oberkörper mit Füllhorn, dessen Früchte wieder vergoldet sind, ebenso wie
die Palmetten der Kerzendille, die auf dem Haupte ruht Höhe 31'5 Zenti-
meter.
Der zweiarmige Leuchter, vielleicht ebenfalls Wölkingsthaler Arbeit
Eigentum des Iglauer Museums, steht auf einem vierseitigen profilierten
julius Leisching Das Erzherzog Rainer-Museum". Tafel IX, Nr. 15 und 16.
Sockel. Die weibliche Herme hält mit beiden seitlich herabhängenden
Armen das faltige Gewand und trägt auf dem Kopfe einen runden Aufsatz,
aus dem beiderseits ein eckig gebrochener Arm für die Kerzendille heraus-
wächst Höhe 28' Zentimeter, Spannweite 35 Zentimeter.
Demselben Museum gehört auch ein würfelförmiges Tabakbehältnis
aus Gußeisen. Auf den vier Seiten wiederholt sich ein geflügelter Kopf,
von symmetrisch gedrehten Spiralranken umgeben. Auf dem Deckel
stilisiertes Blattwerk Höhe 5'5 Zentimeter, Breite 14'5 Zentimeter.
Derartige Tabakskästen, für
Pfeifenraucher unentbehrlich,
sind in Berlin von Kratzenberg
in Eisenguß hergestellt worden.
Ebenso Uhrgehäuse. Ein
solcher offener Ständer für
Taschenuhren, doch unbezeich-
net; im Erzherzog Rainer-Mu-
seum ist über einem rechteckigen
Unterbau aus allerlei Waffen,
Heimen und Liktorenbündeln,
Lanzen uud Schwertern aufge-
baut. Ein geflügelter Helm bildet
die Bekrönung. Vermutlich, doch
nicht nachweisbar, Blanskoer
Arbeit Höhe 26 Zentimeter.
Die Berliner Eisengießerei
wurde 1804 ins Leben gerufen
und hat am 5. Jänner 1874 ihren
letzten Guß vollbracht. Sie ist
also gerade siebzig Jahre alt ge-
wordelm Christian Rauch
Das Madchen von Tangermninde", Berliner Eisenguß,
T9 01' au "in W313 Z9 bezeichnetMüllerBERLlN"ErzherzogRainer-Museum
Jahre nach dem Tode Friedrichs
des Großen, 1796 im schlesischen Gleiwitz auf Betreiben des Oberberg-
hauptmannes Grafen Reden eingerichtet worden, als man das schlesische
Eisen dem schwedischen gleichwertig erachtete. Gleiwitz ist noch tätig
und hat neuerdings Bildnisreliefs von Heerführern im Weltkriege aus-
gegeben.
Da die königliche Gießerei in Berlin ebenso wie die Porzellanrnanu-
faktur dem Oberbergamt unterstellt war, hat der Modellmeister Riese von
der Manufaktur sich auch in Eisen versucht und dafür die Büste des Haupt-
förderers der Gießerei, jenes Grafen Reden, geschaffen.
Auch sehr gelungene Gruppen entstanden dort. Eine unserer Jungfrau
Lorenzen" verwandte Friedrich der Große auf vorzüglich modelliertem
Pferde stammt von Kalide.
Die für Bildnisreliefs unbestritten hervorragendste Kraft der Berliner
Gießerei war der Tiroler Leonhard Posch, der ebenfalls gleichzeitig in der
Berliner Porzellanmanufaktur wie in der Gießerei verwendet wurde und
auch Perlmutterreliefs geschnitten hat.
Posch, auf den zuerst Domanig hingewiesen hat, ist 1750 im Zillertal
geboren worden, bildete sich in Wien zum Bildhauer aus, ging von hier
nach Neapel und kam über Hamburg 1804 nach Berlin, wo er die ganze
königliche Familie und alle Würdenträger für Schaumünzen porträtierte.
Als Napoleon Berlin einnahm, ließ er sich und sein Gefolge ebenfalls von
Posch darstellen. Auch Karl August von Weimar und seinen Dichterkreis
Endet man 1807 in dieser Folge. Seit 1810 hat der Künstler in Paris gearbeitet,
ist aber x8r4 nach Berlin zurückgekehrt, um 1827 nochmals nach Weimar
berufen zu werden. Das Berliner königliche Münzkabinett besitzt eine ganze,
gegen 700 Stück umfassende Sammlung dieser Arbeiten." Doch nur wenige
sind in Erzguß bekannt. Die meisten scheinen nur in feinem Gips auf ge-
färbtem Grunde abgegossen worden zu sein. Manche nun wurden von der
königlichen Gießerei auch in Eisenguß hergestellt und halten sich erfolg-
reich neben den größeren Arbeiten, die nach Rauchs und Schadows Modellen
dort gegossen worden sind und neuerdings in einer Ausstellung des Berliner
Kunstgewerbemuseums zu sehen waren."
Unter den Ziseleuren der Berliner königlichen Gießhütte wird auch der
Wiener Glanz genannt, von dem in der Berliner Ausstellung ein weibliches
Bildnis und das Relief der Grablegung aus dem Jahre 1828 gezeigt wurden.
In den Dreißigerjahren war dieser Gießhütte in Berlin selbst eine
Nebenbuhlerschaft in einer Reihe von Privatunternehmungen erstanden,
von denen sich vier mehr auf technisch-industriellem Gebiete, die sechs
anderen aber auch im Kunstguß betätigten. So Devaranne, der selbst aus
der königlichen Gießerei hervorgegangen war, dann G. Müller, Moritz Geiß,
Mewes, Seebaß, Lehmann.
Müller BERLIN" ist eine kleine Gruppe aus Eisenguß, im Besitze des
Erzherzog Rainer-Museums, bezeichnet. Sie stellt die anmutige Gestalt der
Jungfrau Lorenzen" dar, die in fein empfundener Bewegung auf einem
Hirsch reitet Höhe I3'5 Zentimeter, Länge 13 Zentimeter. Auch Müller
war in der königlichen Gießerei beschäftigt gewesen, ehe er die eigene ein-
richtete.
Das Modell stammt von Christian Rauch, aus dem Jahre 1832. Es stellt
jene sagenberühmte und dichterisch verklärte Jungfrau Lorenzen von
Tangermünde" dar, der, im Walde verirrt, auf ihr inbrünstiges Gebet ein
Hirsch erscheint, der sich ihr zu Füßen legt und sie zurück auf den Markt von
Tangermünde bringt. Die anmutige Gruppe ist zunächst wiederholt in Erz
gegossen worden 1833 für den König, x834 für die Kaiserin von Rußland,
Menadier "Leonhard Posch" Amtliche Berichte aus den königlichen Kunstsammlungen, Berlin 190g,
Seite 238.
Führer durch die Sonderausstellung von Kunsxgilssen deutscher Eisenhünen", mit einer geschicht-
lichen Einleitung von Hermann Schmitz, Berlin 1916.
1835" für die Großherzogin von Weimar, noch 1842, und zwar in Silber und
Gold für Friedrich Wilhelm IV. als Patengeschenk an den Prinzen von
Wales. Auch mit Edelsteinen wurde sie geschmückt, mit Türkisen im Gürtel
besaßen sie die Nachkommen des Künstlers d'Alton-Rauch.i Eggers, der
die Gruppe unter Nr. 37 seines Verzeichnisses anführt, erwähnt nicht, daß
sie auch in Eisen gegossen wurde. Das Berliner Rauch-Museum besitzt auch
eine Bleistiftzeichnung zu der Jungfrau Lorenz" von Rauch. Der Illustrierte
Kalender für die deutsche Frauenwelt auf das Jahr 1848 brachte auf
Emerentia Lorenz, von
der sich in der Stephans-
kirche zu Tangermünde
ein in Holz geschnitztes
Bild in ganzer Gestalt
befindet, eine Dichtung
von Adolf Böttger. Der
Herausgeber des Ka-
lenders bemerkt hierzu,
Rauch habe bei einem
Besuche Tangermün-
des dies altertümliche
Kunstwerk gesehen und
sei durch die Legende
zu seiner Schöpfung
angeregt worden. Dr.
von I-Iorrak besitzt eine
Eisengußplakette in
der Art der damals
üblichen Neujahrsplat-
ten mit der Darstellung
dieser Rauchschen
GmPPe in Zwi" Zuckerschale, Silber mit geschliffenem Glaseinsatz Brünner Privatbesitz
schen zwei antikisieren-
den Kandelabern 6'2 Zentimeter hoch, 8'5 Zentimeter lang. Auf dem Sockel
der Gruppe steht hier die Jahreszahl 1834.
Bekannt ist namentlich der eiserne Schmuck, den die preußischen
Hütten damals als Ersatz für das Goldgeschmeide hergestellt haben.
Pflegerinnen, die sich um die Verwundeten erfolgreich bemüht, wurden durch
eiserne Halskreuze ausgezeichnet.
Architekt Schinkel-, dessen Bauten das Berlin jener Tage beherrschten,
hat hiefür Entwürfe geliefert, wonach die Goldschmiede Hossauer, Geiß und
Devaranne die Modelle gegossen haben. Auch der gotisierende Geschmack
der beginnenden Romantik macht sich darin bereits bemerkbar, wie eine
Halskette des Erzherzog Rainer-Museums zeigt.
Karl Eggers "Das Rauch-Museum zu Berlin", Berlin, 1892.
16
Während das Eisen neuen Regungen und seinem innersten Wesen ent-
sprechend rascher in neue Bahnen einlenkt, hält das Zinn noch lange an den
antikisierenden Formen fest. Ein 34 Zentimeter hoher Teekessel ahmt eine
Urne, ein zierlicher Zinnleuchter die Gestalt einer Amphora nach, die in
einem Dreifuß ruht und auf blauem Grund mit weißen Blüten und Sternen
kalt bemalt ist 24 Zentimeter hoch. Die meisten anderen Leuchter sind
kannelierten Säulen nachgebildet.
Ein Räuchergefäß aus Messingbronze hat die Form der Weltkugel, auf
der zeitgemäß ein französischer Adler thront. Gravierte Wolken decken die
Kugelwandung, die auf drei Greifen ruht; aus ihren geöffneten Rachen strömt
der Duft des Räucherwerkes.
Auch anmutige Silberarbeiten kennzeichnen die I-Iinneigung zum Alter-
tum in jener Zeit noch andauernd. Lorbeer, Weinlaub und Akanthus
herrschen vor.
Ein zierliches kleines Salzfaß hat die Schalenform eines innen vergolde-
ten Schiffchens mit zwei weit ausladenden Schalenhenkeln und ruht auf
zwei kleinen gekreuzten Schlangenleibern und einem viereckig geschweiften,
gravierten Sockel.AlsBezitzerzeichen die verschlungenenBuchstabenAM O.
Beschau fehlt Höhe Zentimeter, oberer Durchmesser 15 Zentimeter.
Von den sehr verschiedenartig gestalteten Zuckerdosen, denen man
damals in der Jugendzeit der österreichischen, von Mähren ausgegangenen
Zuckerindustrie mehr Aufmerksamkeit und künstlerische Formen gönnte
wie heute, ist die eine am Oberrand der Leibung durchbrochen, mit Wein-
laubranken und Trauben. Als Deckelknauf dient eine Blüte, auch der Deckel-
rand ist durchbrochen gearbeitet. Wiener Beschau. Meisterzeichen
Höhe ohne Deckel Zentimeter, oberer Durchmesser 10 Zentimeter.
Eine zweite größere Zuckerschale ist wieder schiifchenartig gestaltet,
mit geschliffenem Glaseinsatz in netzartig durchbrochener, mit Blüten
besetzter Fassung. Von den vier bandförmigen Füßen tragen die zwei kleineren
oben Löwenmasken, die zwei größeren sind seitlich zu Henkeln aufgezogen
und mit Palmetten besetzt. Der Sockel hat einen filigranartigen Boden und
ein umlaufendes tauartiges Band Höhe Zentimeter, oberer Durchmesser
17 Zentimeter.
Eine ebenfalls für Zucker bestimmte Vase trägt eine Rose als Knauf
des flachen Deckels. An der Leibung ein feiner Fries von Lorbeerblättern,
der Halsrand durchbrochen. Wiener Beschau 1825, Meistermarke
Höhe ohne Deckel I3'2 Zentimeter, oberer Durchmesser I2'4 Zentimeter.
Als Körbchen ist die vierte Zuckerschale geformt. Ein beweglicher
Henkel ist ebenso wie der Oberteil der Leibung aufs feinste durchgebrochen
gearbeitet, mit Palmettenmuster. Besitzerzeichen N. Wiener Beschau
1825, Meistermarke Höhe ohne Henkel Zentimeter.
Auch zwei dem heutigen Gebrauch lang entschwundene, einst alltäglich
benützte kleine Dinger sieht man hier den Ringständer und die Garnkugel.
Der Ringständer, einst dazu bestimmt, abends vor dem Schlafengehen
die Fingerringe aufzubewahren, ist wie ein liliputanischer Kleiderständer
gestaltet und mit einem kleinen beweglichen Spiegel ausgerüstet.
Die Garnkugel besteht aus gekreuzten Silberbändern und diente zur
Aufnahme des Strickknäuels. Sie hängt an einem Armband, womit man auch
auf dem Spaziergang dieser nützlichen Tätigkeit obliegen konnte. In feinerer
Ausführung Eigentum des Mährisch-Trübauer Museums ist das Silberband
filigranartig durchbrochen gearbeitet und kann auf einem Blattkranz zarter
Silberstäbe als Fuß aufgestellt werden. Wiener Beschauzeichen von 1770,
Meistermarke R.
EIN MEISTERWERK VON ALTWIENER
PORZELLANMALEREI IM SEVRES-
GESCHMACKSQ- VON EDMUND WILHELM
BRAUN-TROPPAU S0
USSER etwa der Frankenthaler Manufaktur des
prachtliebenden Pfälzer Kurfürsten Karl Theodor
hat keine der größeren Porzellanfabriken des
XVIII. Jahrhunderts sich so sehr von der zu Sevres
herrschenden Kunstrichtung beeinflussen lassen wie
die kaiserliche Fabrik zu Wien im letzten Viertel
des XVIII. Jahrhunderts. Aber auch in keiner Maler-
stube ist man den ersehnten Vorbildern so nahe
gekommen wie in der zu Wien. Zahllose Experi-
mente chemischer Art, die wir hauptsächlich der
Energie und unruhigen Neuerungsgier des Direktors Josef Ferdinand Keßler
zuzuschreiben haben, müssen vorausgegangen sein, bevor diese brillanten
leuchtenden Gründe in den vielgesuchten Farben der Fabrik von Sevres,
dieses warme zärtliche Rosenrot, das Rose Pompadour", früher irrig Rose
Dubarry" genannt, dieses Apfelgrün, Türkisblau und tiefe dunkel schim-.
mernde Bleu royal" aus dem Muffelbrand herauskamen, bevor diese zierlich
radierten delikaten Golddessins sich auftragen ließen und diese zarten duf-
tigen Blütenranken und Bukette entstanden. Dabei ist noch zu berück-
sichtigen, daß das Wiener Porzellan im Gegensatz zu der päte tendre, der
weichen Frittenmasse der französischen Staatsfabrik, Hartporzellan war.
Die Glasur von Sevres wurde bei weitaus geringerer Hitze der zu Biskuit
gebrannten glasigen Frittenmasse aufgeschmolzen, als dies beim Scharf-
feuerbrand in den deutschen und der Wiener Fabrik möglich war; dafür
vereinen sich die Farben auf dem Sevresporzellan viel inniger mit dieser
weichen Glasur, sie leuchten viel tiefer und kräftiger. Trotzdem ist es den
Arkanisten und Chemikern der Wiener Porzellanmanufaktur gelungen,
Fondsfarben zu erzielen, die den französischen Vorbildern an Glanz und
120
Schönheit ziemlich nahekamen. Man
vergleiche nur die beiden Deckel-
terrinen der Sammlung Karl Mayer-
Wien, die eine mit dem rosa-gold-
gestreiften Grund und den bun-
ten Blütensträußen Folnesics, Die
Wiener Porzellansammlung Mayer"
Nr. 114, Tafel XXV oder die andere
apfelgrüne Terrine mit radierten
Goldfeldern ebenda, Nr. 115, Tafel
XXVI. Und mit jeder neuen Auf-
gabe in dieser neuen Art, die der
Fabrik gestellt wurde, wuchs das
Können. Besonders der tiefe königs-
blaue prunkvoll leuchtende Grundfk
Abb..r. Untertasse aus einem Wiener Porzellanservice
in Sevresart Herr Heinrih Rothberger, Wien der! daS gßldene fadlßfte O11 de
perdrixWMuster so fein überspannt
und dessen Flächen von reichen goldenen Rocaillerahmen umgebene aus-
gesparte Felder mit mancherlei buntem Dekor unterbrechen, wurde immer
und immer wieder gewählt. Die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen
der beiden Höfe von Paris und Wien mögen wohl auch dazu beigetragen
haben, daß gerade in der kaiserlichen Manufaktur diese Dekorationsweise
besonders bevorzugt erscheint, die sowohl für Geschenke an auswärtige
Herrscher als auch für den eigenen Gebrauch des Hofes in erster Linie
gewählt wurde. Natürlich ist nur ein relativ kleiner
Bruchteil der Prachtservice erhalten, welche
damals entstanden und als wertvolle Geschenke
in fremden Hauptstädten von der Leistungsfähig-
keit der Fabrik Zeugnis ablegen sollten; wie
Friedrich der Große haben auch Maria Theresia,
noch mehr ihr Sohn Joseph lI. sehr gerne für
befreundete Monarchen und verdiente Staats-
männer sowie Feldherren möglichst prunkreiche
Tafel- und Frühstückgeschirre in ihren eigenen
Porzellanfabriken bestellt. Aber trotz der Ver-
gänglichkeit des Materials hat es doch ein
freundliches Geschick zugelassen, daß wir die
aufschlußreichen archivalischen Nachrichten über
das systematische Einsetzen und Aufblühen des
Sevresstils in der Wiener Porzellanfabrik durch
Es ist zu bemerken, daß dieser blaue Grund mit Goldnetz in der
französischen Fabrik schon in der Zeiz von 1750 bis 1753 angewendet Abb Milchkanne
wurde, als dieselbe noch nicht in Sevres, sondern in Vincennes war aus einem Wien" Pofzgllanggfvicg
vgl. die Vase in der Sammlung des Königs von England, publiziert von in Sevresart Herr Heinrich Roth-
Lakmg, Taf. 2. berg", wie"
L'll
eine recht stattliche Anzahl erhaltener Denkmäler illustrieren können, und
zwar sowohl durch Speise- als Frühstückservice, die zudem noch in den
Formen und im Dekor allerlei wichtige Typen veranschaulichen.
Von einem solchen Wiener Geschenkservice, das 1786 der österrei-
chische Botschafter in St. Petersburg, Graf Ludwig Cobenzl, im Auftrage
des Kaisers bestellt hatte, ist in den Akten der Fabrik das Verzeichnis
erhalten, das über die Formen und Bestandteile desselben sehr interessante
Aufschlüsse gewährt?" Folnesics hat in dem von ihm gemeinsam mit mir
verfaßten Werke berichtet, daß gerade in der ersten Hälfte und Mitte der
Achtzigerjahre von Kaiser Joseph II. zahlreiche Bestellungen auf prunkvolle
Geschenkservice an die Porzellanmanufaktur ergingen, die mit Vorliebe in
Abb. 3. Zwei Crömeschalen und eine Kaffeekanne aus einem Wiener Porzellanservice in Sevresart Herr
Gustav Robert Pnalen in Sagen
Blau und Gold und feinen bunten Malereien in Feldern ausgeführt wurden;
so wird 1786 von einem Service für den Vizekönig von Sizilien berichtet,
das 14.320 fl. kostete.
Das 1785 für den russischen Hof bestellte Service Folnesics-Braun,
Wiener Porzellan", Seite 9x, dessen Herstellungskosten sich auf 9887 H.
beliefen, ist in derselben Weise dekoriert und glücklicherweise noch erhalten.
Ich habe es in Kunst und Kunsthandwerk" 1914, Seite 47 f., bekannt-
gemacht und abgebildet. Allerdings ist es nicht identisch mit dem zweiten
dort besprochenen Service, das Cobenzl bestellt hatte und dessen Ver-
zeichnis soeben erwähnt wurde, sondern letzteres ist ein einfacheres, das
nur auf 803 i-l. zu stehen kam und wohl für einen höheren russischen
I-Iofbeamten als Geschenk bestimmt war.
Ferner gehört hierher das Tafelservice im Besitze des regierenden
Fürsten Liechtenstein, das wiederum ausgesparte, mit Blumenstücken
Die Liste ist von mir in Kunst und Kunsthandwerk" 1914, Seite 4B, mitgeteilt und erläutert worden.
22
gezierte Felder
auf königsblauem
Grund mit gol-
denem Oil-de-
perdrix-Grund
trägt abgebildet
Folnesics -Braun,
a.a.O.,TafelXX.
Noch reicher und
kostbarer im De-
kor, man möchte
sagen intimer in
der Wirkung, sind
die einzelnen Stücke des prachtvollen Frühstückservices beim Fürsten
Nikolaus Esterhazy, das nach der Aufschrift auf dem Etui von der Erz-
herzogin Marie benützt wurde abgebildet Folnesics-Braun, a. a. 0., Tafel XVI
und bei Herrn Heinrich Rothberger in Wien abgebildet ebenda, Seite 78;
auch diese wiederum auf blauem Fond mit goldenem Oil-de-perdrix-
Netz, wobei die weiß verbliebenen Felder mit bunten iiguralen Dar-
stellungen nach französischen Stichenl bemalt wurden; da letztere zum
Teil auch auf Sevresporzellanen kopiert erscheinen, sind sie somit aller
Wahrscheinlichkeit nach aus Paris für die Wiener Malerstube bestellt
worden. Besonders beachtenswert hierfür ist die Untertasse des Rothber-
gerschen Services, die ich hier abbilde Abb. und auf welcher wir im
runden Felde die bunte Darstellung eines bärtigen alten Mannes in weitem
Mantel erblicken, der einem vor ihm stehenden jungen Mädchen aus der
Hand wahrsagt.
Das allerdings
frei verwendete
Vorbild konnte ich
in einem gleich-
zeitigen franzö-
sischen Stiche
abus de la
credulite' ge-
stochen von Nic.
de Launay nach
Nach Folnesics-
Braun, Seite 76, wurden
r767 aus Paris Stiche ge-
sandt, x77o schickte der
Botschafter Sävrespor-
zellan. außerdem besaßen
der Hof und der Adel
sicher zahlreiche Stücke
aus der französischen Ma- Abb. 5. Durchbrochener ovaler Korb aus einem Wiener Porzellanservice in Sevres-
nufaktur. art Herr Gustav Robert Paalen in Sagen
Abb. 4. Durchbrochener ovaler Korb aus einem Wiener Porzellanservice in Slevres-
an Hen- Gustav Robert Paalen in Sagan
EtienneAubreyfeststel-
len, der auch in Sevres
kopiert wurde. Wir fin-
den nämlich diese Dar-
stellung wohl gemalt
von Dodin, auf einer
Sevresvase im Besitze
des Königs von Eng-
land." Außer dem eben
beschriebenen Paar er-
blickt man noch vier
andere Figuren und eine
aunsherme, während
sich der Wiener Maler
mit den beiden hier
abgebildeten Figuren
allein begnügt hat. Es
fügt sich hübsch, daß
x23
Abb. 6. Ovale Schüssel aus einem Wiener Porzellanservice in Sevresart
Herr Gustav Robert Paalen in Sagan
wir in der deutschen Porzellankunst des XVIII. Jahrhunderts nochmals
diesen beiden Figuren begegnen, und zwar als Ludwigsburger Gruppe,"
wahrscheinlich eine Arbeit von dem Obermodelleur der schwäbischen
Fabrik Johann Christian Wilhelm Beyer, der später nach Wien über-
siedelte.
Auch auf der kleinen Kanne des Rothbergerschen Services läßt sich eine
Szene nach einem französischen Stich festlegen, nämlich nach Pagreable
lecon" von Gaillard nach Boucher, allerdings im Gegensinn Abb. 2. Brüning
Abb. 7. Teller aus einem Wiener Porzellanservice in
Sevresart Herr Gustav Robert Paalen in Sagan
hat übrigens den Stich und eine
plastische Frankenthaler Kopie des-
selben in dieser Zeitschrift abge-
bildetfi"
Das prunkvollste, vornehmste
und reichste aller dieser erhaltenen
königsblauen Service im Sevres-
geschmack ist vor einigen Monaten
im Wiener Kunsthandel aufgetaucht
und kürzlich in die an Wiener
Porzellanen so überaus reiche
Sammlung des Herrn Gustav Robert
Paalen in Sagan übergegangen.
Abgebildet G. F. Laking. Sevres Por-
celain cf Buckingham Palace and Windsor Castle",
1907, Tafel XIV.
BaletmLudwigsburger Porzellan" Nr. 182,
Abb. Seite x30. Don auch unter Nr. x83 das Gegen-
stück, die "Wahrsagerin", abgebildet.
1905, Seite 38 f.
Herrn Paalen verdanke ich die Möglichkeit,
daß ich diese Porzellane noch in Wien
genau untersuchen durfte und hier abbilden
kann.
Das Service enthält die Bestandteile
eines Speise- und Frühstückservices, wie
dasjenige des Zaren in der Eremitage, mit
dem es in den Formen beinahe vollständig
übereinstimmt. Ganz identisch ist hier wie
dort der königsblaue Grund mit dichtem
Oil-de-perdrix-Muster überfangen, in der-
selben Weise sind auf den Schüsseln und
Tellern je vier, auf den Kannen und Creme-
schälchen je zwei Felder ausgespart, die
Abb. a. von einer zarten, auf das feinste und zier-
lichste radierten Rocailleumrahmung mit
Blütenranken eingefaßt sind. Nur zeigt das Petersburger Service Blumen-
stücke, während die Paalenschen Porzellane noch reicher geziert sind mit
graziösem Puttenvolk in duftigen Wolken, umgeben von allerlei Attributen.
Im Gegensatze zu den Servicen in der Petersburger Eremitage und
beim regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein tragen die einzelnen
Stücke des Paalenschen Services außer der unterglasurblauen Fabriksmarke,
dem österreichischen Bindenschild, keinerlei Malersignaturen, was auf etwas
frühere Entstehungszeit schließen läßt als bei den obgenannten Porzellanen.
Seit 1784 setzte in der Wiener Fabrik die Datierung ein und den Beginn der
systematischen Imitation nach den Sevresvorbildern können wir rund mit
dem jahre 1770 festlegen, so daß dieses Service des Herrn Paalen etwa in
die Zeit von 1775 bis 1780 zu setzen sein dürfte. Heute zählt es sechs ovale
Crömeschalen mit Handhabe und ge-
welltem Rand Abb. links und rechts,
vier ovale durchbrochene Körbe mit zwei
geflochtenen Asthenkeln und mit plastischen
Blütenranken an deren Ansätzen Abb.
und ein Deckelkännchen mit gefloch-
tenem Henkel Abb. Mitte, vier ovale
Schüsseln mit leicht gewelltem Rand
Abb. acht Suppenteller und vierzehn
flache Teller Abb. 7. Sehr gut ist die
Qualität und weiche Tiefe des leuchtenden
Unterglasurblau, das gegen die Ränder zu
öfters etwas heller und wolkig wird. Außer-
ordentlich fein und mit der eingehendsten,
Heißigsten Sorgfalt ist die goldene radierte"
Umrahmung der ausgesparten Felder aus-
115
geführtf in zweierlei Tönen und besonders hübsch wirkt das dunklere
zierliche Blüten- und Rocaillewerk derselben gegen das hellere Gold des
Oil-de-perdrix-Grundes. Deutlich lassen sich bei den bunten Füllungsfeldern
zwei Malerhände unterscheiden. Der bessere und begabtere derselben ist
kräftig, saftig, tief und voll in der Farbe, stärker und, beinahe möchte man
sagen, männlicher in der Zeichnung, auch bevorzugt er etwas größere
Figuren und runde Formen bei seinen allerliebsten Putten, der andere
ist weicher und süßer, pastoraler in der Darstellung und den Farben, seine
Art wirkt gegenüber der des Genossen etwas kleinlicher, allerdings ist seine
schwächere Individualität biegsamer und empfänglicher den französischen
Vorbildern gegenüber. Es ist schwer, heute schon diese bunten Darstellungen
mit bestimmten und bekannten Maler-
namen in Verbindung zu bringen, aber mit "Q1
aller Vorsicht könnte man für die zweite
Art von Putten Johann Weichselbaum
vorschlagen, der 1772 als Figurenmaler
aufgenommen wurde, während man in dem
erstgeschilderten Maler, vielleicht mit noch
mehr Berechtigung, den hochtalentierten,
in Farbe und Zeichnung gleich bedeutenden
Georg Lamprecht erblicken möchte, der
auch im Jahre 1772 eingetreten ist. Die
bunten Füllungen der Felder erscheinen
in zwei Arten, einerseits sind es die Putten,
einzeln oder zu zweit mit allerlei Attributen
in Wolken, anderseits die von zahlreichen
Sevresporzellanen bekannten pastoralen Am
Stilleben und Symbole der Künste, begleitet
von Blumen und bunten Tüchern, auch diese in Wolken. Es würde zu weit
führen, die Darstellungen, die sich naturgemäß ganz oder teilweise wieder-
holen, alle hier aufzuzählen, aber eine Anzahl derselben soll hier folgen.
Cremeschale Nr. Putto mit Marmorbüste, die Attribute der Bild-
hauerei, Büste mit Lorbeerkranz.
Cremeschale Nr. Putto mit Vase und Dreizack, dieselbe Vase
mit Schaufel, Blumen mit rotem Tuch.
Cremeschale Nr. Putto liegend mit Pfeil und Bogen, Köcher,
Bogen, Blumen.
Cremeschale Nr. Putto liegend mit Blumen, flammende Fackel,
Ketten und fliegender Vogel.
Cremeschale Nr. Putto liegend mit Taube, Fackel, Köcher und
Lorbeerkranz.
Cremeschale Nr. Putto liegend mit Blumen und grünem Tuch,
Fackel, Bogen und Rosengirlanden.
Für dieselbe kommt in erster Linie der beste Maler dieser Art, Georg Perl, in Betracht.
11
Ferner schließen wir noch die Beschreibung der vier ovalen Körbe und
des Kännchens an.
Korb Nr. In Wolken sitzender zeichnender Putto, dabei eine Rolle
mit Papier, eine Palette und ein Marmorkopf also eine Allegorie der
Malerei.
Korb Nr. In Wolken sitzender, die Flöte blasender Putto, dabei eine
Rolle mit Notenpapier Allegorie der Musik.
Korb Nr. Ähnlich wie Nr. 1.
Korb Nr. In Wolken liegender Putto, in der erhabenen Rechten einen
Lorbeerkranz haltend, dabei Meißel, Hammer und Skizzenbuch Allegorie
der Bildhauerei.
Kännchen Beiderseits etwas variierend je zwei Putten mit Rosen-
girlanden in Wolken.
In ähnlicher Weise erscheinen die Felder bei den einzelnen Tellern
geziert, die Putten sind begleitet von üllhörnern, Lorbeerkränzen, Bogen,
Köchern mit Pfeilen, Fackeln, Blumenkränzen, Girlanden, Körben mit
Blumen, Früchten, musikalischen, astronomischen, mathematischen sowie
geographischen Instrumenten, dann mit bunten Tüchern und Tauben;
zweimal spielen die kleinen nackten Burschen auch mit Windrad, Federball,
Drache und halten Grabscheit sowie Sichel.
Auch hier sind die Vorbilder ohne weiteres sofort erkenntlich, sie
entstammen der in der Fabrik zu Sevres geübten Kunstweise und die
Darstellungen der französischen Porzellane finden wir in den Stichen mit
Putten nach Boucher und des von letzterem abhängigen Charles Eisen
wieder. Besonders die reizvollen Blätter nach Boucher-Putten in Wolken
zu zweit oder zu dritt enthalten dieselben Motive und Attribute und ein
Vergleich der drei hier abgebildeten Stiche Abb. bis I0 aus dieser Folge
Bouchers nach den Originalen in der Bibliothek des k. k. Österreichischen
Museums erweisen den deutlichen Zusammenhang. Aus einem anderen
Blatt," das drei Putten mit Pfeil und Bogen und. einen von zwei Pfeilen
durchbohrten Herzschild darstellt, ist es sei dies wegen der Seltenheit
des Motivs angemerkt auf einem der acht Suppenteller dieser durch-
schossene Herzschild übernommen. Und den kleinen Flötenbläser auf einem
der Teller Abb. finden wir in einem Boucher-Stich Abb. links wieder.
Die beiden Wiener Maler haben nun ebenso wie ihre Genossen zu
Sevres diese Stiche in der Regel nicht direkt genau kopiert, sondern zumeist
einzelne Figuren und Gruppen oder Motive entnommen und variiert; das
beweist schon das Auftreten derselben Darstellung mit kleinen Abänderungen.
Neben den, wie urkundlich erwiesen, aus Frankreich bezogenen Stichen
haben in Wien aber sicherlich auch direkt Sevresporzellane vorgelegen.
Wenn wir die keramische Literatur über Sevres durchgehen, so finden wir
Abgebildet Forrnenschatß, 1882, Nr. 16, vergleiche übrigens die andern Blätter nach Boucher, ebenda
Nr. 16, 48, 70, 15g und 188g, Nr. 192. Stiche von Eisen sind gleichfalls im Formenscha zu finden, und zwar
1886. Nr. 93, 1896, Nr. 159.
127
öfters Abbildungen mit genau denselben Darstellungen, besonders in dem
schon angeführten englischen Werk über die Sevresporzellane im Besitze
des englischen Königshauses. Sodann sei für die pastoralen Felder auf die
Farbentafel XXXIX in Edward Dillon's Porcelain" verwiesen. Sehr lehr-
reich ist auch ein Vergleich mit der Jardiniere in Rose Pompadour aus dern
Jahre 1758159 in der Wallace-Collection zu London abgebildet Egan Mew,
Royal Sevres China", Tafel XII, sowie mit der herrlichen Jardiniere von
Vincennes in derselben Sammlung abgebildet Georges Lechevallier-
Chevignard, La Manufacture de Porcelaine de Sevres", Paris, 1908, Seite
beide gleichfalls mit reizvollen Puttengruppen nach Boucher.
FLACHE UND GEWÖLBTE DECKEN Sie VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN 50'
wie die blumengestickte Wiese und die neu-
tralen Töne des Bodens ein natürliches Analogon
des Fußteppiches, so war das Sternenzelt des
Himmels mit seinem Azurblau seit Urzeiten, so
lange der Mensch stickt, webt, malt und baut, das
Vorbild für diejenigen gewesen, die sich mit
der Bereitung der oberen horizontalen Raum-
abschlüsse beschäftigen."
So kennzeichnet Gottfried Semper in seiner
gründlichen Erörterung das Problem der Decken-
bildung, die er in seinen Stilstudien sowohl
vom Standpunkte der Tektonik und Stereotomie als von jenem der Textil-
kunst beleuchtet; als einem wichtigen Teil der Grundelemente der Baukunst
räumt er der Decke einen hervorragenden Platz ein. Jedenfalls muß die
Decke auf der Klimax des Wirkens und der Prachtentfaltung über die
Dekoration der Wände hinaus die höchste Staffel bilden; sie ist der
beherrschende und abschließende Akkord in der Harmonie des dekorativen
Systems."
In vielen Bauwerken der südlichen und östlichen Völker, welche einst
die ewig geltenden Grundlagen der monumentalen Kunst schufen, wurde
ein Ausschnitt des freien Himmelszeltes in die Raumwirkung einbezogen. So
hat das Atrium und Peristyl des antiken Wohnhauses fast keine andere
Decke als das Himmelsgewölbe und der zentrale Hofraum der orientalischen
Wohnhäuser ist noch heute offen.
In der Cella der Tempelbauten, insbesondere in der hypetralen, stand
das Abbild der Gottheit in dem freien Zentralraum, ragte sogar manchmal
über den Dachiirst hinaus Parthenon.
In den frühesten Kuppelbauten war die Scheitelstelle des Gewölbes offen
und gestattete den Anblick des Himmels Pantheon.
128
Wladislawsaal in der königlichen Burg zu Prag
Wo sich aber eine Hache Decke zwischen dem freien I-Iirnmelszelt und
unsere Augen einschiebt, da soll sie diesen nicht als eine drückende Last
erscheinen.
Diese Aufgabe zu erfüllen, haben die Völker des Altertums in muster-
gültiger Weise verstanden. jede große Epoche hat seitdem in ihrer Weise
dem Problem eine besondere Schönheit abzugewinnen vermocht und es ist
lohnend, die Mannigfaltigkeit der Lösungen zu überblicken, die wir heute
mit den Mitteln unserer Zeit zu beherrschen und zu bereichern haben.
Und gerade mit den Mitteln der jüngsten Bauperioden, besonders mit-
der Verwendung des Glases und der Eisenkonstruktion haben wir uns oft
den ältesten Anlagen genähert, denen das Zenitlicht ihre eigentümlichsten
Wirkungen ermöglichte. Und mit der Verwendung des Betons sind uns alle
jene mächtigen Raumlösungen erleichtert worden, zu denen einst weit-
gespannte Gewölbe führten oder die weitgespannte iiache Decken ohne
Zwischenstützen erfordern.
Mit der Gestaltung der Decke hängt ja unmittelbar die Raumwirkung
zusammen. Sie ist es, die dem kleinen Raum die Intimität, dem großen die
Würde und den Ernst der Stimmung wesentlich vermittelt. Sie ist für die
Weite der Spannung, die Höhe des freien Luftraumes ein ausschlaggebendes
Bauelement. Die konstruktiven Gesetze, welche ihre Gestaltung bedingen,
sind für große Epochen, besonders bei allen monumentalen Aufgaben, das
maßgebende Kriterium geworden.
Die relative Enge und Kleinheit griechischer Bauwerke hängt mit den
stereotomischen Gesetzen, mit den Dimensionen und Bedingungen der Stein-
balkendecke zusammen des Marmor-s. Die Kühnheit und Größe römischer
Saalbauten war von der Kenntnis der Herstellung weitgespannter Bogen
und Gewölbe bestimmt Gußgewölbe. Die himmelanstrebende und mysti-
sche Höhen-
entwicklung
mittelalterli-
cherKirchen-
schiffe hing
mit der voll-
kommenen
Beherr-
schung der
steinernen
Pfeiler- und
Rippenkon-
struktion, die
prächtige
Durch-
bildung nor-
discher Hal-
len mit den
ausgezeich-
neten gezim-
mertenDach-
Stühlen zu-
sammemUn-
sere Zeit hat
dem Hallen-
bau durch
Eisen- und
Betonkon-
struktionen
eine unge-
ahnte Ent-
wicklung zu
geben ver-
IUOCht; und Gotisches Deckengewölbe in der Barbarakirche zu Kunenberg
.m
.J
.m
sicher stehen hier noch bedeutende Entwicklungsmöglichkeiten außerordent-
licher Art offen, seit die Verbindung von Beton mit Eisen unserer Zeit
.5
m.
Getäfelte Stube aus Schloß Campan Tirol
Asmmnufi. mänää 313m 23 E3135
.. ÜnNÄ.
gestattet, ohne besonders großen Material-, Zeit- und Kraftaufwand die
größten Deckenprobleme zu lösen.
Gerade darum mag ein Rückblick auf jene Leistungen gestattet sein, die
einst so vollkommene und edle künstlerische Wirkungen erreichten und in
gewissem Sinne auch schon den späteren Perioden vorwegnahmen.
Wenn wir das Deckenproblem gliedern und vorwiegend an solchen
Lösungen studieren wollen, für welche Österreich ein reiches, vielfach
ein glänzendes Material bietet, so müssen wir vorerst bestimmte Gesichts-
punkte festlegen.
Gewisse Gebiete werden vom konstruktiven Gesichtspunkt am deut-
lichsten klargestellt. Die flache Decke entstammt vorwiegend der Balken-
konstruktion
und ist darum
sowohl dem
Steinmetz-
handwerk als
der Zimmer-
mannsarbeit
angemessen.
Die gewölbte
Decke ist in
erster Linie
Mauerwerks-
arbeit; eskenn-
zeichnet sie
die Zusam-
menfügung
kleiner Ele-
rnente zu
großen Flä-
chen, an de-
nen das ei-
gentlichekon-
struktive Ge-
fügenurselten
sichtbarbleibt,
während die
größeren Ele-
mentedesBal-
kengefüges
bei flachen
Decken häufi-
ger hervorge-
Decke aus der St. Georgskirche am Pöglhof bei Bruck an der Mur hobenwurden.
.1
'JJ
.05
WENN
EEEE
Spanischer Saal aus dem Schloß Ambras
Ganz konstruktiv bleibt die Verwendung von sichtbaren Dachstühlen
zur Deckenbildung. Sie ist eine besondere Eigentümlichkeit nordischer
Völker und des Mittelalters und in unserer Heimat seltener. Insbesondere
seefahrende Nationen, die im Schiffsbau bewandert sind, haben das Dach-
gestühl ausgebildet und geschmückt Skandinavien, Angelsachsen. Wenn
wir die Ausgestaltungen der Decken vorn Standpunkt der dekorativen
Durchbildung vergleichen, so müssen wir auf sehr frühe Entwicklungsstufen
der Bautätigkeit zurückgreifen, um den Ursprung der Formgebung zu klären.
Der Zeltbau mit seiner textilen Umschließung hat im gespannten Stoff
ein dekoratives Schema geschaffen, das für die Deckenbildung aller Zeiten
wichtig blieb, welcher Zusammenhang auch in dem Worte Decke durch den
deutschen Sprachgebrauch angedeutet ist.
Vom leichten und lichten Velum, das heute noch im Orient Straßenzüge
überspannt, bei der Arena, den Festbauten und Prozessionen stets eine große
Rolle spielte, bis zum schweren gewebten oder gestickten Prunkstoff, der
den Ehrenplatz auszeichnet, den Baldachin kostbar macht, ist die textile
Deckenbildung mannigfaltiger Steigerung fähig.
Sie hat vor allem den Flächenschmuck entwickelt, die Elemente der
Rahmung, Teilung und Füllung in flacher Wirkung ausgebildet und in der
x36
Teil einer Tiroler Holzdecke
Bildwirkerei
gurale und or-
namentaleDar-
Stellungen in
die Fläche über-
setzt.
Wennspä-
ter an Gewöl-
ben und ebenen
DeckenHächen
einerseits musi-
vische Arbeit,
anderseits Ma-
lerei im höch-
sten Maße zur
Entwicklung
kamen, so ist
wohl doch der
AnfangderEnt-
wicklung und
ein starker sti-
listischer Einfiuß von dem älteren textilen Wandschmuck ausgegangen. Die
ältesten textilen und tektonischen Deckenbildungen sind begreiflicherweise
untergegan-
gen. Doch ge-
statten die Be-
Teil einer Decke im Kapellenzimmer der Churburg Vintschgau
schreibungen
alter Schrift-
denkmäler
sehr wertvolle
Rückschlüsse,
so die Schil-
derung der
Stiftshütte, die
homerischen
Erzählungen,
die Beschrei-
bungen persi-
scher Palast-
bauten, die
zahlreichen bi-
blischen Dar-
Stellungen
prunkvoller
lnterieur aus der Riegersburg Steiermark
Bauwerke. Während der auf den Boden gerichtete Blick das Nächste
zuerst sieht, den Dingen sozusagen auf den Kopf blickt, wird das aufwärts
gerichtete Auge ein weit größeres Gesichtsfeld beherrschen und die Dinge
von unten, in umgekehrter Vogelperspektive zu sehen erwarten.
Die Motive, die einer solchen Darstellung leicht sich einfügen, sind nicht
zahlreich.
Die Sterne am Himmelszelt, die Vögel, die in der Luft schweben, das
beschattende Laubgeäst" sind vorerst die verbreitetsten und häufigsten.
Sie sind in Verbindung mit den strengeren geometrisch regelmäßigen
Motiven der Geflechte, der Reibungen die stets wiederkehrenden Schmuck-
mittel, die auch an den schweren Steinbalkendecken ägyptischer und später
der griechischen Kassettendecken in Tempelbauten vorkommen. Und die
im fernen Osten erhaltenen chinesisch-japanischen I-Iolzbauten schließen
sich ihnen an.
Größerundrei-
cher wird der
Motivenschatz
für die gewölb-
ten Flächen
profanerundre-
ligiöserWerke.
Schon in den
ältesten Be-
schreibungen
kehrt immer
dieVorstellung
vom saphirnen
Himmelszelt
wieder; man
glaubt, die
Decke aus ei-
nem durchsich-
tigen Edelstein
oder Glase be-
stehend an-
nehmen zu
müssen, durch
dasmanauf dar-
überhinschwe-
bende oder
darüber dar-
gestellte Vor-
gänge blickt.
die so gleich-
sam auf die
Glaskuppel projiziert erscheinen. Diese weitgehende phantasievolle Auf-
fassung begleitet den hohen Aufschwung, den die Deckenmalerei nahm, die
schließlich von materiellen Gesetzen nicht mehr gebunden, sondern nur von
den optischen Bedingungenabhängig blieb, und die ganze Freiheit der
malerischen Darstellungskunst zur Entfaltung brachte.
Den irdischen Fesseln entrückt, von den Dingen befreit, die sich enge
im Raume stoßen, die der Wand ihre Ruhe nehmen, schwebt die Decke frei
über dem Beschauer, wie die Welt der Gedanken; sie zwingt zur ungewöhn-
lichen und andachtsvollen Haltung, zur konzentrierten Betrachtung durch
aufwärts gerichteten Blick. Sie wird zum Schauplatz freiester Betätigung,
der die größten Künstler aller Zeiten zu unsterblichen Werken begeisterte
Michelangelo.
Rittersaal in der Trostburg bei Waidbruck
140
Von den frühen Grabgewölben, den byzantinischen Goldkuppeln, bis
zu Raffaels und Michelangelos Deckenmalereien und darüber hinaus zu den
kühnen Architekur- und Wolkengebilden der Barockkunst zieht sich eine
unendlich reiche Folge edler Kunstwerke, deren Reihe sicherlich nicht
abgeschlossen ist. Hier verliert sogar die Plastik ihre Schwere, ihr erd-
Riltersaal im Schlot Heiligenberg bei Konstanz
gebundenes Dasein und weiß sich dem kühnen Flug der malerischen
Phantasie mit ihren Mitteln anzuschließen. Während unser Vaterland an
frühen Denkmälern ärmer ist, birgt es einen großen Schatz von Arbeiten
jener späteren Epochen, welche den freiesten und kühnsten Schöpfungen
Raum gaben.
Wenn wir zuerst der flachen Decke unser besonderes Augenmerk
zuwenden, so müssen wir unsere Kenntnis der wichtigsten grundlegenden
Formen aus den Ursprungsländern klassischer Baukunst, aus Ägypten und
Griechenland, holen. Die organische, bis in unsere Zeit lebendig gebliebene
Gliederung ist durch ein System von sich kreuzenden Haupt- und Zwischen-
balken gegeben, die rechtwinkelig zueinander verlegt sind und die dadurch eine
Folge von rechteckigen häufiger noch von quadratischen Feldern schaffen.
Die naturgemäß verschiedene Stärke der tragenden Hauptbalken, der ein-
geschobenen Zwischenbalken und der vertieften Deckenfelder ergibt eine
plastische Gliederung nach der Tiefe, die jede Balkendecke charakterisiert.
Zimmer mit Zirbelholztäfelung aus dem Grödnenal
Je nach der Schwere der Balken, dem Reichtum ihrer Abstufung und
Gliederung, wird die Tiefe der Felder wachsen; im Verhältnis zur Raum-
größe und Raumhöhe wird die Enge der Zwischenweiten und ihre Tiefe den
Eindruck von Schwere oder Leichtigkeit vermitteln.
Die regelmäßig und möglichst gleich groß gestalteten nebeneinander-
gereihten Felder werden zu Kassetten und bilden so durch ihre Fülle ein
besonderes dekoratives Motiv. Es wird schließlich auch unabhängig von der
horizontalen Balkendecke von den Römern zum Schmuck der Bogenunter-
sicht, Tonnengewölbe und Kuppeln verwertet, die so eine traditionelle und
typische Gliederung erhalten. Die Kassettendecke ursprünglich horizontal
19
142
Deckenteil aus der Villa Madama Rom
gelagert und dem Balkennetz entsprechend wird zum Symbol der
monumentalen Deckenbildung überhaupt und, von seiner konstruktiven
Bedeutung befreit, zu einer rein dekorativen Schmuckform.
Ebenso frei ist auch die Weiterbildung der Felderbalkendecke als
horizontaler Raumabschluß erfolgt. Von der rein konstruktiven Form der
streng sich durchdringenden oder überkreuzenden Deckenträger ist die
Holzdecke ausgegangen. In den weitgespannten Kirchenschiffen der christ-
lichen Baukunst, bei großen Saaldecken hätte aber das Festhalten an dem
System der sich selbst freitragenden Decke zu außerordentlich großen
Dimensionen der Balken geführt. Man hat die Decken am Dachstuhl auf-
gehängt oder die Tragkonstruktion unsichtbar gelassen und eine Schein-
decke, die nicht selbst tragend war, für den Beschauer vorgeschoben,
die leichter dimensioniert werden konnte. Damit war auch der Balken-
teilung und der Form der Deckenfelder eine größere Freiheit und Ent-
wicklungsmöglichkeit gegeben, welche die Renaissancezeit reichlich aus-
genützt hat.
Es sind daraus Schmuckdecken von großer Schönheit und Pracht
entstanden, die große Mannigfaltigkeit besitzen. Sie haben sich schließlich
selbst von der geradlinigen Balkenform emanzipiert und zeigen oft
vollkommen freie Kurven als Umgrenzung der Felder, die endlich bloß als
Reliefschmuck mit flacher Gliederung erscheinen.
Diese Entwicklung ist ganz im Sinne der griechisch-römischen Kunst-
anschauung erfolgt, die sich stets von der konstruktiven Fessel zu befreien
suchte und nur die Symbolik der konstruktiven Haupterfordernisse in ihrer
Formgebung anstrebte.
So ist ja auch schon die antike Steinkonstruktion und ganz besonders
die Steindecke unter einer Hülle von zartem Stuck, farbiger und glanzvoller
Bemalung verschwunden. Kostbare Metallinkrustationen haben die Kon-
struktionen überdeckt, die nur leider zumeist wie die berühmten Bronze-
kassetten der Pantheonkuppel im Laufe der Zeit abhanden kamen.
Diese Schmuckfreude hatte eine große Farbigkeit der Decken im
Gefolge und dabei haben wir hauptsächlich Blau und Gold, die Azurfarbe
und das leuchtende Abbild des I-limmelslichtes als Grundelemente der
kräftigen ornamentalen Abtonung anzunehmen.
Die späteren klassizistischen Epochen haben unter Beibehaltung der
formalen Grundsätze oft das reine Weiß der Decke bevorzugt. Die Technik
der Durchführung ist vom Stein und Metall zum Gipsstuck herabgestiegen
Trient
1....
.n
144
Bibliothek im Escorial bei Madrid
und wenn dabei auch die Helligkeit und Leichtigkeit des Eindruckes
gewann, so ist oft die Monumentalität und Großartigkeit zu kurz gekommen.
145
Die Zeit der Renaissance hat den flachen Felderdecken eine große Auf-
merksamkeit geschenkt.
Die Rahmungen die den tragenden Balken symbolisierenden und
mit streng geometrischen Hachen oder rein architektonischen plastischen
Gliedern geschmückten Elemente umschließen flache Felder, denen sowohl
alle!
3.,1'-t1-.1x1 gültig; 3.,
Gemalte Holzdecke im Schloße Sternberg Mähren
freierer plastischer als auch rein malerischer Schmuck eingefügt wurde. In
den großen kirchlichen und profanen Saalbauten sind diese Deckenfelder
oft von bedeutenden Künstlern geschmückt worden, die hier die strengeren,
aber doch phantasievollen kleineren Deckengemälde einfügten, welche die
spätere ganz freie Deckenmalerei vorbereitet haben. Von den Rathaussälen
und Versammlungsräumen der Bruderschaftsgebäude und Zünfte bis zu
den großen Rachen Decken der Basiliken sind zahlreiche Steigerungen
zu verzeichnen. Im allgemeinen ist der größere Reichtum und die freiere
Handhabung in profanen Gebäuden zu finden, die auch dem Inhalt der
Darstellungen eine weitere Bewegungsfreiheit gaben.
In stilistischer Hinsicht finden wir die stärkere Gebundenheit an die
konstruktiven Erfordernisse bei den früheren Perioden, die konsequente
geometrische Durchbildung der antikisierenden Formen bei den früheren
Beispielen; den wachsenden Reichtum in bezug auf plastische Wirkung
und Vergrößerung der Felderteilung ohne Rücksicht auf die konstruktive
Urform in der Blütezeit der Renaissance und endlich die freieste Formgebung
und Umrißbildung in den späteren Perioden entwickelt.
Denselben Weg hat die Decke im bürgerlichen Profanbau verfolgt. Öster-
reich besitzt in seinen Alpenländern einen großen Schatz an künstlerisch
wertvollen Beispielen. Das Holzgetäfel der Wände und die Holzdecke sind
besonders in Steiermark, Salzburg, Tirol und Kärnten zu edler Durchbildung
gelangt. Natur-
gemäß bedingt
der Profanbau
einen engeren
Zusammenhang
zwischen Wand
und Decke als
der Monumen-
talbau, dessen
Steinarchitektur
in der flachen
Decke keine
Fortsetzung di-
rekter Art zu
findenpflegtwie
dies in dem
engerenVerhält-
nis der getäfel-
ten Stube leicht
möglich und
nötig ist. Wenn
wir bisher die
Renaissance-
decke in ihrem
engen Anschluß
an die antike
Felderdecke be-
handelt haben,
so müssen wir
der mittelalter-
Gemalte Holzdecke aus Schloß Neuhaus IlChCII DCCkC
147
Decke der Gruflkapelle im Schloß Tellsch
eine Sonderstellung einräumen, die aber gerade im Profanbau nicht ohne
Nachwirkung blieb.
Der Kirchenbau und der profane Monumentalbau des Mittelalters haben
nur in ihren frühesten Entwicklungsstufen die flache Holzdecke gekannt, als
das Wölbesystem noch unentwickelt war und nur die schmäleren Seiten-
schiffe mit Tonnen- oder einfachen Kreuzgewölben überdeckt zu werden
pflegten.
So Wenig die Brände späterer Zeiten von den flachen Decken der
Kirchenschiffe übrig ließen, es sind doch treHliche Leistungen wenn auch
nur selten erhalten geblieben Hildesheim.
Sie lassen das immer mehr wachsende konstruktive Gefühl erkennen,
das die bemalte Felderdecke der romanischen Zeit allmählich umformte. Der
Profanbau hat eine größere Zahl mittelalterlicher I-Iolzdecken überliefert
und hier ist die konsequente Betonung der Konstruktion besonders deutlich.
Stets bleiben die tragenden Hauptbalken in ihrer vollen Stärke sichtbar,
wenn sie auch durch Profile und Schnitzwerk für das Auge belebt werden.
x48
Charakteristisch ist auch die Sichtbarmachung der Zwischenkonstruktion bis
zur deutlichen Hervorhebung der Dielung. Während in der Renaissancezeit
der Tischler die Holzdecke mit seinem Rahmen- und Füllungswerk, mit freien
Feldern be-
herrscht, ver-
bleibt die mit-
telalterliche
Decke zumeist
bei der Zim-
mermannsar-
beit mit ihrer
Balken- und
Dielen-
konstruktion.
Diese vermag
sich dann
auch besser
dem sicht-
baren Dach-
gestühl anzu-
passen, wo
das Bedürfnis
nach starker,
freier Höhen-
entwicklung
derRaumver-
hältnisse die
Aufhebung
des horizon-
talenRaumab-
schlusses be-
wirkte Ton-
nenformen in
Holz.
Es ist in-
teressant zu
beobachten,
"m1 einer Decke aus Schloß Teltsch wie lange die
mittelalter-
liche Auffassung besonders im Profanbau nachwirkte und wie speziell die
Bauernstube mit ihrem schweren Unterzug" und der sichtbaren Bohlen-
decke das strengere mittelalterliche Gesetz stets bewahrte und festhielt.
Zugleich ist hier der mittelalterliche Materialsinn und Handwerksgeist
lebendig geblieben. Das Holz bleibt zumeist in seiner schönen natürlichen
149
Materialwirkung und Farbe erhalten, die ja durch das Alter gesteigert
wird. Aufgemaltes Ornament ist seltener und folgt stets der Konstruktion.
Gestochenes, ausgegründetes Ornament, nicht äußerlich aufgeleimtes, ist
typisch. In vielen Tiroler Burgen Reiffenstein, Tratzberg, in Sterzing und
anderen Orten sind schöne Leistungen dieser Art zu Enden.
Der Raumeindruck der mittelalterlichen getäfelten Stube wird zumeist
von dem tiefen Braun des Holzwerks beherrscht, während die Renaissance-
stube mehr der farbigen Bemalung und Vergoldung, dem Intarsiaschmuck,
D.
.m
.m
h.
der Überwindung des Materials zustrebt. Das Gold wird immer vorherr-
schender, das Bedürfnis nach Freiheit der Linie und nach Helligkeit immer
größer, bis endlich die Rache Holzdecke immer mehr von der Stuckdecke
verdrängt wird.
Dieseßbehält anfänglich noch die Felderteilung bei, wird aber immer
freier und ungebundener und verzichtet schließlich ganz auf jede Erinnerung
an das Holz und verwendet die vom Gewölbe stammende Forrngebung. In
der großen Hohlkehle, die von der Wand zur Decke überleitet, wird eine
Annäherung zur Gewölbeform gefunden und in der freien Rahmung und
zarten Stuckplastik Endet die Spätrenaissance, Barockzeit und endlich der
zu
-Jv
Stuckdecke der italienischen Kapelle in Prag
Klassizismus volles Genügen. Der Haupteindruck bleibt weiß, das eingefügte
Bild gehört zu den vornehmsten und kostbarsten Aufgaben der Malerei; Kreis-
formen und Ovale sind da typisch. Auch an solchen Beispielen ist Österreich
reich. Sie finden sich heute noch vorwiegend in den Kapellen, Palästen und
Klosterbauten, während das alte Bürgerhaus schon fast verschwunden ist, das
einst nicht minder eifrig den Stuckplafond pflegte. Der Bildhauer verdrängte
den Maler, der Stuckarbeiter den Tischler. Rankenwerk und Putti, phantasie-
volles Linienspiel nahmen von den Kehlen und Flächen Besitz, bis endlich
wieder der Klassizismus die rechtwinkelige, kreis- und fächerförmige Linien-
führung zur Geltung brachte, ohne an der Technik und dem Material zu
ändern. Im schönen Schein verschwand das konstruktive Empfinden.
Es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen hier im Wandel der Zeiten
zu verzeichnen. Während die eklektische Zeit des XIX. Jahrhunderts sich
an den Stilstudien und an der Wiederaufnahme alter handwerklicher
Verfahren bildete, war die Materialfrage stets ein schweres Hemmnis.
Ein Teil der Schönheit alter Konstruktionen und Dekorationen entspringt
besonders beim Holze dem Materialreichtum, dem bewußten absichtlichen
Überschreiten der konstruktiven Mindestforderungen, das heute vermieden
15x
werden muß. Die wachsende Holzarmut, die steigenden Raumdimensionen
haben Kompromisse gezeitigt, die unkünstlerisch wirken.
Es kam die Zeit der eisernen Tragkonstruktion, die ein Verbergen der
häßlichen Trägerform nötig machte. Tatsächlich hat eine befriedigende und
Imerieur aus dem Schloß Würthing Oberösterreich
Gemalte Decke in der Kapelle des Schlosses Suechau Steiermark
neue Gestaltungsweise des Eisenbaues nur dort durchgreifen können, wo
das eigentlich tragende Material in die Erscheinung treten konnte.
Die eisernen Deckenkonstruktionen in Ausstellungsgebäuden, in Bahn-
hofshallen, die zumeist eine unverhüllte Dachkonstruktion in Verbindung mit
ebenen Deckenflächen zeigen, sind in ihrer Art manchmal Leistungen von
bleibendem Wert, die erst dann gewagt wurden, als das Verfolgen der
Kompromisse versagte, welche die Scheindecken erreichen sollten.
Heute besitzen wir wieder im Eisenbeton ein ausgezeichnetes kon-
struktives Hilfsmittel, das weder der flachen noch der gewölbten Decke
künstlerische Hemmungen auferlegt, weil seine konstruktiven Erfordernisse
zumeist auch dem Auge wohltun, ästhetisch und technisch befriedigen.
Zugleich ist der Raumentwicklung in bezug auf ihre Ausdehnung keine enge
Schranke mehr gezogen.
Die Kassettenbildungen und Felderteilungen sind wieder organisch an
der flachen Decke durch das Bausystem gegeben, das sich zeigen darf, und
das Rippensystem der Gewölbe Findet ebenso logisch seinen Ausdruck. Ander-
seits sind auch ungebrochene Flächen leicht herstellbar, wo die Malerei
Entwicklungsraum Findet.
lnterieur aus dem kaiserlichen Lustschlcß Hellbrunn
Mit der Erwähnung dieses jüngsten Fortschrittes der Bautechnik greifen
wir auf das zweite Gebiet der Deckenbildung über, das seit alten Zeiten mit
den größten Bauproblemen zusammenhing.
Die gewölbte Decke und ihr vollkommenster Ausdruck, die Kuppel, ist
die Begleiterscheinung der großzügigsten Baugesinnung und zugleich einer
Neigung zu phantasievoller Gestaltung. Sie schafft dem nach oben gerichteten
Blick die vertiefte Raumwirkung, die erweiterte Bildfläche, die zugleich ganz
der Erde entrückt scheint. Sie kommt dem mystischen Drang nach Lösung
der irdischen Fesseln entgegen.
Während das Morgenland im Zusammenhang mit seinem größeren
Phantasiereichtum, seinen klimatischen Verhältnissen, seinen Traditionen
schon früher das Bogen- und Wölbesystem, den Kuppelbau besonders in
den Kultbauten entwickelte, hat das Abendland dort, wo eine sehr erfahrene
Technik das Überspannen weiter Räume mit Gewölben gestattete, wie im
Römischen Reiche, diese zuerst mehr bei profanen Aufgaben, bei Saalbauten
in Thermen, Triumphbogen usw. angewendet. Dabei entstanden glanz-
volle Lösungen, die wie die Pantheonkuppel zum Vorbild der größten
154
Stiegenhaus im Landhause zu Innsbruck
Kirchenbauten späterer Zeiten dienten. Auch die Ausschmückung der
Gewölbefiächen mit ornamentalem Reichtum in farbiger Weise steht unter
dem Einfluß des Orients. Die reiche Bemalung, der musivische Schmuck auf
Goldgrund hat im Byzantinischen Reiche jene Stufe der Größe erreicht, die
'40
nur aus der Durchdringung orientalischer Prachtliebe mit abendländischem
Können und Wollen erwachsen konnte. Die christliche Kunst hat in dem
ersten ganz großen Kuppelbau in der Sophienkirche zu Konstantinopel
zugleich ihr vielleicht großartigstes Denkmal geschaffen.
Die Be-
geisterung
fürdenhoch-
strebenden
Kuppelbau
mit zentraler
Lichtquelle
erhielt eine
Gegenbewe-
gung durch
diebesondere
Entwicklung
der Kloster-
bauten und
der Lang-
hauskirche,
welche dem
Gottesdienst
der christ-
lichen Kir-
che günsti-
gere Raum-
Verhältnisse
schaffte. Zu-
gleich fand
abereineAus-
schaltung
der Hachen
Deckeundei-
ne vollkom-
mene Aus-
bildung der
Gewölbe" Interieur aus Ossana Tirol
systemestatt,
welche auch dem Langhaus eine ungewöhnliche Höhenentwicklung gab.
Die mittelalterliche Baukunst hat in der Aufhebung der Wandtläche,
in der Gliederung des Pfeilersystems, der Stützen und in der Schaffung eines
tragenden Rippensystems für die Deckengewölbe das Äußerste geleistet,
was konstruktiv erreicht werden konnte. Als Wand hatte schließlich nur
mehr der Teppich farbig leuchtender Glasfenster zu gelten. Alles andere
-J..
war vom Erdboden an dem Dienste der kühn und hoch gezogenen Decken-
gewölbe bereitgestellt; schon die tragenden Pfeiler sind in Bündel von
Rippen Dienste" verwandelt, die in der Höhe auseinanderstreben und
teils die tragenden Gurtbogen, teils die Skelette der Kreuz- und Fächer-
gewölbe schaffen, zwischen denen nur verhältnismäßig kleine Kappenßächen
der Malerei Raum gaben. Der Steinmetz beherrscht fast allein das Feld und
gestattet dem Maler nur eine ornamentale Polychromie untergeordneter Art.
Die konstruktive Tendenz feiert Triumphe. Sie erreicht eine Überwindung
des Materials, die zugleich eine Loslösung von irdischer Schwere bedeutet,
die den Eindruck des Wunderbaren, Unbegreiflichen und mystisch Erhabenen
hervorruft.
Das mittelalterliche Deckengewölbe ist eine der vollkommensten
Schöpfungen baukünstlerischer Tätigkeit, die in ihrer Art ebenso einen
Hochstand der Entwicklung bildet das ist im Sinne einer vollendeten
technischen Beherrschung und ästhetischen Befriedigung der kirchlichen
Raumbedürfnisse, wie der römische Gewölbebau es für die repräsentativen
profanen Aufgaben erreichte.
Die Renaissancezeit und nach ihr die Barockkunst nahmen in der
Entwicklung des Gewölbebaues den orientalisch-römischen Baugedanken
Stiegznhaus im k. k. Belvedere zu Wien
wieder auf, indem sie für den Kirchenbau die Tonne, das Kreuzgewölbe
und schließlich die Kuppel heranzogen, wobei ursprünglich der Kreisbogen,
später sogar die gedrückte Bogenform der Ellipse oder des Korbbogens
die Grundlage bildete, während das Mittelalter zur Höhenentwicklung des
steileren Spitzbogens bedurfte.
Mit der Wiederbelebung der Säule und des schwereren Pfeilersystems,
der breiten Gurtbogen und der Gewölbekappen und Flächen ohne Rippen
werden der dekorativen Ausschmückung wieder Entwicklungsmöglichkeiten
geschaffen.
Plastische ornamentale Gliederung einerseits und malerischer Schmuck
anderseits passen sich den Flächen an, ohne den konstruktiven Kern heraus-
zuheben. Das Rahmungs- und Füllungswerk belebt die gewölbte Fläche wie
die ebene, teilt und gliedert die Felder, ohne auf das Gefüge einzugehen.
In demselben Sinne erhält der monumentale Profanbau seine Decken-
gewölbe. Stiegenhäuser, Saalbauten, Loggien werden mit solchen Gewölben
überspannt. Und während die großen und ernsten Aufgaben vorwiegend durch
plastischen Schmuck gelöst werden, breitet in den profanen der Maler seine
heitere Dekorationskunst
aus Raffael und andere.
Man greift zur antiki-
sierenden Groteske über, die
aus römischen Bädern und
Palästen aus I-Ierculanum
und Pompeji bekannt wur-
den. Raffael schafft seine
Loggien, die neuen Villen
erhalten ihre Gartensäle mit
heiterem,freiemmalerischen
Schmuck, für den die antike
Mythologie und Symbolik
unerschöpfliche Motive ab-
gibt.
Auf diesem Entwick-
lungsgang ist die letzte
Stufe jene vollkommene
Beherrschung der Fläche
durch die Malerei, die
schließlich selbst eine sicht-
bare Trennung zwischen
Wand und Gewölbe über-
windet und den malerischen
SchmuckvomFußbodenauf-
wärts ohne Unterbrechung
in die Deckengewölbe über- Stuckdeckenteil aus dem k. k. Belvedere zu Wien
2x
gehen läßt. Hier löst der Maler die Aufgabe der Verbergung des raum-
begrenzenden Abschlusses durch Vortäuschung einer phantasievollen far-
bigen Scheinwelt, die schließlich in Lauben und Palmenhainen, in Garten-
szenen und weiten Fernblicken ganz frei und hemmungslos waltet.
Wo die strengere Zucht architektonischer Gliederung gewahrt bleibt,
wird stets auch zwischen Gewölbe und Wand, zwischen Pfeiler und Decke
der sinngemäße Unterschied betont bleiben.
Österreich hat eine glanzvolle Entwicklung seiner Baukunst dem XVII.
und XVIII. Jahrhundert zu verdanken, der Zeit Karls VI., Leopolds, Maria
Theresias dieser Zeit kühner Raumschöpfungen und freier Formgebung.
Darum ist Österreich besonders reich an Bauwerken, in denen die Wölbe-
kunst und Deckenrnalerei eine große Rolle spielen.
Während wir verhältnismäßig arm an kirchlichen und profanen Bau-
werken der Renaissancezeit sind, welche noch die strengere Gliederung der
Kassetten und plastischen Felderteilung an denGewölben liebte, welche an den
Halbkreisbogen und den Kugelabschnitten festhielt, ist eine reiche Zahl kirch-
licher und profanerWerke der Barockzeit vorhanden, die freiere Kurven liebte,
ungegliederte Gewölbeflächen schuf und dem malerischen Schmuck freieste
Entwicklung gönnte. Vortreffliche Stuckarbeiten, ausgezeichnete Malereien
Gemalte Decke 1m k. k. Belvedere zu Wien
159
Erdgeschoßhalle aus Schlot Schloßhof
schmücken in Kirchen und Klöstern und Palästen die Decken. Die freieren
Schöpfungen der Gran und Altomonte und anderer haben Weltruhm erlangt.
Die Scheinkuppeln mit kühnen Architekturbildern, wie sie Pozzo theoretisch
und praktisch verbreitete jesuitenkirche am Wiener Universitätsplatz, haben
häufige und tüchtige Nachahmung gefunden. Eine Reihe großer Stifts-
bibliotheken und Schloßbibliotheken unter denen der Kuppelsaal der
Wiener Hofbibliothek das hervorragendste Beispiel ist zeigen treffliche
Deckengewölbe mit kühnem und schönem malerischen Schmuck. Glücklicher-
weise ist auch oft, wie in Wien, Admont, Melk und an andern Orten, der
ganze Raum in seiner einheitlichen Gestaltung erhalten, so daß der Rhyth-
mus barocker Dekorationskunst lebendig blieb, der Grundriß mit seinem
geschwungenen Umriß, der Aufbau der Wand mit dem frei bewegten Holz-
werk, das so gut mit den vergoldeten Lederrücken der großen Bucheinbände
übereinstimmt und aus der Gesamtheit der Bücherwand ein prunkvolles
Dekorationsmctiv ableitete.
Darüber spannt sich die helle Decke mit ihren Stuckfeldern und großen
Deckenbildern oder den ganz bemalten Gewölbefiächen mit ihren Schein-
IUO
architekturen, die stets in den freien Ausblick aufs I-Iimmelsgewölbe über-
leiten. Dort thronen auf Wolkengebilden die Götter der alten Mythologie,
mitunter wagt man auch Gegenstände der christlichen Legende in den
kühnsten Verkürzungen darzustellen. Oben herrscht Hellfarbigkeit, Phantasie-
Stuckdeckenteil aus dem Liechtenstein-Palais zu Wien
fülle, mit der glänzenden zeichnerischen Beherrschung so schwieriger Auf-
gaben, wie sie der Einblick in eine über uns schwebende Hirnmelswelt stellt.
In seltenen und besonders reichen Fällen, wie sie das Wiener Belvedere-
schloß und der Prinz Engen-Palast in der I-Iimmelpfortgasse zeigen, setzt sich
ein kostbares Schnitzwerk der Wände mit vergoldetem Rankenwerk in die
Deckeniiäche fort, die dann auch mit I-Iolzwerk verkleidet ist und den bildlichen
Schmuck eingesetzt erhält. Das Belvedere zeigt auch reichen Stuck an
IDI
Gewölben äußerer Räume, an Erdgeschoßräumen, Stiegen und so weiter;
Schloßhof, Eckartsau und ähnliche Prachtbauten der alten Zeit weisen in
der Regel ebenso den Stuck mehr den allgemein benutzten Räumen zu,
während der farbige bildliche Schmuck, das Schnitzwerk, den intimeren
Wohn- und Repräsentationsräumen vorbehalten bleibt.
Vollkommen durch Malerei dekorierte Räume sind besonders in Salzburg
erhalten Mirabellschloß, doch finden sich auch anderwärts Gartensäle,
Deckenhälfte aus der alten Aula in Wien
Pavillons, mit rein malerischem Schmuck von Laubwerk und Veduten.
Bekannt sind die Affenkabinette" jener Zeit, die wohl mit den phantasievollen
Reiseberichten der Weltreisenden ebenso wie die chinesischen Zimmer
Zusammenhänge zeigen.
Der moderne Mensch steht diesem hemmungslosen Vorwalten der
Phantasie zumeist ablehnend gegenüber. Wir lieben eine kühlere, mehr kon-
struktiv und sachlich aufgebaute Raumgestaltung.
Jene überschäumende Lebenslust prunkliebender vornehmer Kreise ist
verschwunden. In der Raumgestaltung unserer Zeit spielt die flache Decke
die überwiegende Rolle. Die dekorative Malerei ist ganz in den Hintergrund
Bibliothek des Stiftes Melk
getreten und
fängt erst wie-
der an, sich
hervorzu-
wagen. Unse-
re ganzeBau-
welt entbehrt
jener reichen,
beweglichen
und freizügi-
gen künstle-
rischen Mit-
arbeiterschaft,
die einst so
mannigfaltige
und belebte
Werke in
großer Zahl
hervorzu-
bringen ver-
mochte.
Wirwer-
den immer
mehrzurHer-
anziehungder
Maschine ge-
drängt, dieje-
der Freiheit
entgegen-
wirkt. Nur
Materialluxus
ist leichter er-
reichbar. Mar-
mor und andere edlere Steingattungen dienen den Wänden, Holzwerk
oder Putzwerk der Decke, die im Wohnraum am häufigsten weiß bleibt und
oft ganz glatt wird. Der Kreislauf des Eklektizismus hat uns ja von der
Wertlosigkeit und Schädlichkeit der Stilkopie überzeugt. Die monumentalen
Probleme repräsentativer Art sind selten geworden. Wir sind zur konstruk-
tiven und ehrlichen, aufrichtigen Baugesinnung zurückgekehrt. Langsam
begann wieder ein Aufstieg zur Monumentalität die Entwicklung ist unter-
brochen worden. Die konstruktive Entwicklung hat uns aber treffliche
Hilfsmittel gegeben, auch den größten und schwierigsten Raumlösungen
gerecht werden zu können, ihnen neue Wirkungen abzugewinnen.
Ihre Bewältigung im Sinne der Kunst unserer Zeit gehört der Zukunft an.
Ava
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN S0- VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN S0
ÜNSTLERHAUS. Zwei Kollektivausstellungen innerlich wenig verwandter
Art füllten einige Räume des Künstlerhauses. Malerei und Architektur sind neben!
einandergestellt und dabei zeigt sich die künstlerische Absicht in einer ganz anders
eingestellten Richtung betätigt, als dies im Wesen dieser Künste sonst zu liegen scheint.
Der Architekt, an die Forderungen der realen Welt strenge gebunden, mit Zweck und
Bedürfnis, mit Material und Ökonomie stets rechnend, ist heute mehr wie jemals der
Interpret einer harten Notwendigkeit, selten der Verkünder einer lebensfrohen und
schöneren Welt.
Hier ist Friedrich Obmann, der Träumer und Schwärmer mit Zirkel und Stift, in
einer Folge gehaltvoller Entwürfe und mit einigen Ausschnitten ausgeführter Bauten auf
der Seite der künstlerischen Romantik zu finden.
Daneben wirkt John Quincy Adams mit den sinnenfrohen Porträten schöner
mondäner Frauen als Realist des Lebens; verstärkt wird die Widerspiegelung einer realen
Welt noch in den zahlreichen Ausschnitten aus den militärischen Kreisen, denen der
Maler im Kriegspressequartier näherkam.
Gemeinsam ist beiden vielleicht nur eine Anlehnung an alte, historische Kunst. Aber
gerade diese glückt dem Maler viel weniger als dem Architekten. Die großen Meister, die
Gemalte Decke in der Bibliothek des Stiftes Admon
104
Adams vorzuschweben scheinen, bleiben ihm wohl in unerreichbarer Ferne. Dafür ist es
zugleich überraschend und erfreulich zu sehen, wie fein er in der Natur zu beobachten
weiß, wenn er der mondänen Welt und ihrer Pose entrückt wird. Seine schönen Studien
aus der Karstnatur und den Adrialändern, seine frisch hingeschriebenen Porträtskizzen
Refektorinm im Stift Heiligenkreuz
stehen wohl viel höher als die Bemühungen, den großen Engländern und Holländern eben-
bürtig zu sein. Weder unsere in Kunstdingen oft rückblickende, meist zu Kompromissen
und historischen Konventionen geneigte mondäne Welt noch die beliebten, ihren nschen
entsprechenden Porträtisten des Tages besitzen die Kraft, jenen l-Iochstand zu erreichen,
der einst zugleich die künstlerische Form wie den Ausdruck gesellschaftlichen Lebens
urnfaßte; das, was diese Kraft schaffen könnte, die neue und persönliche Form, wird
ängstlich gemieden. Und nur dort, wo unwillkürlich, im Affekt des Augenblicks und unter
Clngcwurzclt. nucr zugieiun neun nun um muuaue llldllsy uunnz muueiuu. 1454143111
an zweckvollen Raumgestaltungen, an zeitgemäßen konstruktiven und formgebenden
Forderungen gerecht zu werden. Daß er sich immer wieder am liebsten mit großen
Problemen der Monuxnentalkunst im Zusammenhang mit Platzfragen, Straßenzügen,
Stadtbildern beschäftigt, denen er alte historische Eigenart wahren und neues künst-
Deckenteil aus dem Stift Stnms Tirol
lerisches Leben zuführen will, kennzeichnet den nimmermüden, in Plänen und Projekten
aufgehenden Geist, dem der Strich mehr wie das Wort wert ist.
Neben den Ausschnitten neuerer Wohnhaus- und Palastbauten. Bäder, Kuranstalten,
welche dieses lebendige Gestalten an ausgeführten Arbeiten vorführen, breiten sich
umfangreiche Projekte aus, die nicht Leben erhalten konnten. Ohmann wäre wie wenig
andere berufen gewesen, dort einzugreifen, wo das Einfühlen in bedeutende Überreste der
Vergangenheit nötig war und wo das Neue aus dem Alten herauszuwachsen hatte, ohne
gegensätzliche Härten fühlen zu lassen. Ihm sind leider gerade die wichtigsten Aufgaben
dieser Art nicht zugewiesen worden, es haben sehr zum Nachteil mancher Teile des
Wiener Stadtbildes viel Geringere das Entscheidende veraniaßt.
So bleibt den Freunden seiner Kunst zumeist nur der Genuß glänzender Studien, wo
man gerne Denkmale und Werke von ihm vorgefunden hätte.
SUUVCIHIIC IJHYSKCIILIIISSKUIJSI HHUCH SIUII VVUllCf VCI C1 UL, Clll ll IBl-IICS, lllUl-ICI llCHl lDlllPlllll-IUIJ
näherstehendes farbiges und dekoratives Talent scheinen dem Sohne den engen Anschluß
an die Forderungen der veränderten Zeit nahegebracht zu haben. Dieses vielversprechende
Künstlerleben ist zerstört. l-IoEentlich erstehen dern Meister in seiner Schule geistige Erben,
.m
ü.
die seinen feinfühligen und vornehmen Arbeiten befruchtende Anregung verdanken, seine
kultivierte und geschmackvolle Kunstanschauung lebendig weiterzuführen berufen sind.
RIEGSGRAPHIK. Während das Kriegspressequartier einer großen Zahl
schaffender Künstler im Felde Gelegenheit bietet, die unmittelbare Anschauung, die
stärkste Nahwirkung der Kriegsereignisse zu erleben, ist den Künstlernim Hinterlande
nur eine indirekte Stellungnahme möglich. Die Fernwirkungen des Krieges, Dokumente
der Kriegshandlungen, die ins Hinterland geschafft werden, endlich auch außerordentliche
Schöpfungen von Industrie und Wirtschaft für die Kriegsvorbereitung und das veränderte
Volksleben sind große Studiengebiete für den Fernstehenden.
Aber auch Verpflichtungen zu produktiver künstlerischer Betätigung hat der
Krieg bereits geschaffen. Die Werbetätigkeit für Steigerung der Hilfeleistungen sowie die
...
n.
.m
v.
.4
Stuckdecke aus dem Schloß Tillisburg
-..,
Schaffung von Kriegserinnerungszeichen haben so großen Umfang angenommen, daß
man bereits über ein ansehnliches und wertvolles Material verfügt. Das Kriegshilfsbureau
des k. k. Ministeriums des Innern hat es unternommen, einen großen Teil seiner eigenen
Wirksamkeit auf diesem Gebiete und verwandte Erscheinungen, welche von anderer
Seite angeregt wurden, in den Ausstellungsräurnen des k. k. Österreichischen Museums
zu vereinigen. Es ist dabei systematisch das Ziel verfolgt worden, von derjenigen künst-
lerischen Arbeitsweise, die am stärksten beeinflußt, am raschesten bereit und am
wirksamsten tätig war, ein übersichtliches Bild zu geben. Die graphischen Künste sind
durch den Krieg so sehr in
Anspruch genommen und
sicher auch befruchtet wor-
den, daß man von einer
Kriegsgraphik" sprechen
kann. Dies ist in Deutsch-
land in ausgedehnterem
Maße der Fall gewesen,
als bei uns; aber auch die
österreichischen und un-
garischen Künstler sind
nicht nur mit dem Skizzen-
buch am Werke gewesen,
sie haben in graphischen
Kunstwerken Eindrücke,
Gedanken und Empfindun-
gen ausgedrückt, die als
erste Frucht einer neuen
Zeit auf dem Gebiete der
darstellenden Künste seit
Ausbruch des Krieges zu
gelten haben. Es mehren
sich die Anzeichen, daß die
dilettantischen Bemühun-
gen, die in der ersten Zeit
der verwirrenden Folge von
Ereignissen so reichlich
wucherten, von ernsten
und tüchtigen Arbeitenver-
drängt werden. Neben einer
großen Zahl von Leistun-
gen, die nur einen behen-
den Eifer zu zeigen ver-
mochten, sammelten sich allmählich auch solche an, die zum dauernd wertvollen Kunstgut
zu rechnen sind, die durch den Krieg geboren, aber als bleibender Gewinn zu gelten haben.
Diesen Leistungen gilt die Ausstellung wohl in erster Reihe. Manche waren nur
Wenigen zugänglich, manche sind erst kürzlich entstanden.
Wenn wir es unternehmen, eine derselben herauszugreiien, so geschieht dies des-
halb, weil sie ein beredtes Beispiel dafür ist, daß Talente auch durch die schwere, so Viele
bedrückende Zeit geweckt werden konnten.
Die im Felde stehenden Künstler sind am Werke, das eigentliche bewegte Kriegs-
leben mit seinem steten Wechsel und seiner tiefen Wirkung auszudrücken. Die ernstesten
unter den Künstlern im Hinterlande haben oftmals dort Anregungen gesucht, wo auch die
Tätigkeit der Heimat ins Große und Ergreifende gewachsen ist.
Deckenteil au dem Schloß Aurolzrnünster
rju
Deckengemälde aus dem Hause Dienzenhofers Prag
Die großen Werkstätten für die Schaffung von Kriegsmaterial und ihre außerordent-
lichen Schöpfungen haben die Phantasie zweier ganz junger Künstler mächtig erregt. Der
jüngere zeichnet mit sicherem, ausdrucksvollem Stift das, was ihn fesselt, der ältere radiert
in kraftvoller Weise die bildhaft gesehenen Studien seines Bruders und schafft große,
wirkungsvolle Bilder mit der Nadel und der Metallplatte.
Eine Mappe von 22 Blättern stellt die Skodawerke dar. Eine andere Folge, die im
Auftrag des k. und k. l-Ieeresmuseums entstand, bringt die eroberten Geschütze und andere
Dokumente des Krieges. Sie sind mit eingehendem Studium vorbereitet und doch in so
sehr vereinfachter, großzügiger Weise aufgefaßt, daß sie in bestem Sinne künstlerisch
wirken so nüchtern scheinbar der Gegenstand an sich wirkt. Auch das Getriebe großer
Fabriksanlagen, wie der städtischen Gaswerke, ist so kernig und sicher gefaßt, daß die
großen Platten von 70 xoo Zentimeter oder 86 1x6 Zentimeter malerisch interessant
bleiben und ganz von fesselndem Leben erfüllt sind.
Der Radierer Erich Veit und sein jüngerer Bruder Hans, die so zusammenwirken,
bilden den deutlichsten und wohltuendsten Gegensatz zu den dilettantisch-intimen Zeichen-
künstlern, die sonst bei uns gar so häufig sind. Jene aber sind erfüllt von der Größe der
Technik, von der Erhabenheit und Bedeutung moderner Leistungen und wissen in ihre
Darstellungen etwas von der bewundernswerten Kraft zu legen, welche zu den großen
Werken nötig und der alle Enge und Kleinlichkeit fremd ist. Bisher waren es vorwiegend
militärische Kreise, welche diese jungen und ernst wirkenden Künstler gefördert haben.
Ihr Interesse an allen großen Arbeitsstätten gibt ihnen ein weites Feld, das noch zu
17x
Stuckdecke aus dem Palais Windischgrätz in Wien
wenig bebaut ist. Wenn sie es voll und ganz zu beherrschen vermögen, werden sie zu
bedeutungsvollen Leistungen gelangen, die der Größe der Zeit würdig sind.
UNSTSALON HALM GOLDMANN. PROFESSOR AUGUST
BROMSE-PRAG. Ein Österreicher, der über Berlin, wo er seine Entwicklungs-
jahre erlebte, in sein Heimatland Böhmen zurückkehrt, ist keine sehr häufige Erscheinung.
Man fühlt, daß er eine größere Welt geschaut und erlebt hat und in seine jetzige Umgebung
die Kraft des Wollens mitbringt, die draußen stärker ist als bei uns.
Nicht die besondere Eigenart, aber die schöne Vertiefung des Wesens ist es, die aus
den radierten und lithographierten Blättern zu uns spricht, die das Vorrecht der graphischen
Kunst betätigen, gedankenvoll menschlichen Problemen nachzugehen. Sie darf den Inhalt
reicher gestalten, ohne die Form zu sprengen. Sie darf sich mehr an die Seele wenden,
ohne das Auge zu beunruhigen. Das will Brömse in mannigfaltiger Weise und wendet die
reichen Ausdrucksmittel verschiedenster graphischer Techniken oft in sehr glücklicher
und fesselnder Weise an, seine inneren Erlebnisse zu schildern.
KLEINE NACHRICHTEN 50-
AKQB BÜRCKHARDT UND PAUL HEYSET Die Dokumente zur Biographie
Jakob Burckhardts mehren sich in erfreulicher Weise. In rascher Folge sind seine
Briefwechsel mit dem Architekten Alioth 1912, mit Geymüller xgx4 und nun mit Paul
Briefwechsel von Jakob Burckhnrdt und Paul Heyse. Herausgegeben von Erich Petzet. j. F. Lehmanns
Verlag, München 1916.
I-Ieyse erschienen und mit den schon früher veröffentlichten Briefen an das Ehepaar Kinkel,
Willibald Beyschlag, Albert Brenner, Friedrich Nietzsche und das Ehepaar Ribbeck bilden
sie bereits einen ansehnlichen Codex Epistularum, der demnächst durch diejenigen an
ohannes Rieggenbach noch weiter vervollständigt werden wird. Der vorliegende Band
eröffnet uns in erster Linie neue Einblicke in den Menschen Burckhardt, indem er uns in
ein intimes Freundschaftsverhältnis einführt, das so wie jenes zu den beiden Kinkel in der
jünglingszeit begonnen. aber nicht wie dieses früh abgebrochen und abgestorben ist,
sondern tief in seine Reifezeit hineinreicht und auch im Alter nicht völlig erlischt; er belehrt
uns ferner über seine Stellung zur schönen Literatur seiner Zeit, über die wir bis jetzt nur
durch gelegentliche Äußerungen andeutungsweise unterrichtet waren. Den Lesern dieser
Blätter wird er aber hauptsächlich dadurch interessant sein, daß er Beiträge zur Geschichte
der Entstehung und Aufnahme seiner Kultur der Renaissance in Italien", seiner Ge-
schichte der Renaissance" und seiner Teilnahme an den späteren Auflagen von Kuglers
Handbuch der Kunstgeschichte liefert, so wie der Briefwechsel mit Geymüller für sein
Verhältnis zu denen des Cicerone" aufschlußreich gewesen ist.
Von der Kultur der Renaissance" hören wir zum erstenmal in einem Briefe Burck-
hardts vom April 1858 Ich habe meiner neuen hiesigen Stellung als Professor der
Geschichte an der Universität und am Pädagogium in Basel bereits Ein Opfer gebracht
mein Werk über die Renaissance bleibt ungeschrieben oder es schrumpft doch zu ein paar
Aufsätzen zusammen. Die Sammlungen haben mich zwei Jahre hindurch beschäftigt und
mich mit den schönsten Illusionen erfüllt." Auch im August desselben Jahres spricht er
von dem sehr reducierten Plane" des Werkes, von Renaissance-Fragmenten". Aber daß
er dabei doch noch daran gedacht hat, die bildende Kunst, die dann bekanntlich völlig
ausgeschieden wurde, einzubeziehen, ergibt sich aus den folgenden Mitteilungen über
seine Arbeitsweise Gestern habe ich z. B. 700 kleine Zettel nur mit Zitaten aus Vasari,
die ich in ein Buch zusammengeschrieben hatte, auseinandergeschnitten und sortiert zum
neuen Aufkleben nach Sachen. Aus anderen Autoren habe ich noch etwa xooo Quartseiten
Excerpte über die Kunst und zooo über die Kultur." Aber skeptisch setzt er hinzu Wie
viel von all diesem werde ich wohl wirklich verarbeiten?" Dann hören wir nichts bis zur
Vollendung des Buches, das dann doch viel mehr als eine Sammlung von Fragmenten
geworden ist am 16. September 1850 übersendet er es dem Freunde nach München
Excipe pacato, Caesar Germanice, vultu
Hoc opus etc.
schreibt er dazu, und d. h. ärgert Euch nicht, ihr Deutschen, wenn ich den Welschen
einige Prioritäten vindiciere, die ihnen gehören. Ich bin noch ziemlich vorsichtig gewesen
und habe Einiges weggelassen, was geschrieben stand und anderes in Baumwolle gehüllt,
doch immer nur, was den Ausdruck belangte, denn die Sachwahrheit habe ich weder
verhüllt, noch weggestrichen." I-Ieyses Dankbrief verrät die aufrichtigste Bewunderung
meinen erstaunlichsten dankbarsten Dank für diesen Thesaurus, dessen Gewicht
mir an so manchem leeren oder leichtfertigen Tage die Seele ins Gleichgewicht gebracht
hat Im Innersten hat mich die Weite des Blicks, die einzige Frische und Unver-
frorenheit des Urteils und was bei meiner Wenigkeit immer stark mitspricht die
Anmut Deines Stils leichtschenklich, rasch, mit Lichtern sparsam und an der rechten
Stelle mit allen Kunstmitteln zu plastischen Bildern freigebig vor allem die hohe
Ironie, die wie ein ätherisches Salz alle Poren durchwittert, wahrhaft bezaubert. Dieses
ist eines von jenen Büchern, die eben nur Ew. Liebden zu Stande zu bringen vermögen
und deren Substanz ebensowenig veralten und jemals nach dem Schrank schmecken
wird, wie die Bücher eines gewissen Gibbon und Consorten und wenn auch ganze
Bibliotheken von alten Codices neu entdeckt würden. Denn was einmal mit jenem Salze
gewürzt ist wie soll es je dumm werden?" Dieses Urteil, so freundschaftlich-über-
schwenglich es auf den ersten Blick erscheint, hat sich doch im Grund gegenüber den
vielfach verklausulierten und kühlen Anerkennungen der zeitgenössischen Fachkritik als
das richtigere erwiesen und ist trotz der in den letzten Iahrzehnten vielfach lautgewor-
denen säuerlichen Einschränkungen von gelehrter Seite bei den wahrhaft Gebildeten
immer noch gültig.
Heyses Auffassung wurde zunächst von dem Geographen Spruner geteilt an ihm
habe Burckhardt, heißt es in demselben Briefe, einen sehr hitzigen Bewunderer gefunden"
das ist ein schweres Buch", habe er einmal übers andere gerufen. Nun waren sowohl
I-leyse, der ein gelernter Romanist war und auch einen Band romanischer Inedita" heraus-
gegeben hat, ebenso wie Spruner immerhin Leute, die vom gelehrten Handwerk etwas
verstanden haben; indes werden aber diejenigen nicht ganz unrecht haben, die sie als
Dilettanten nicht zu den berufensten Beurteilern des Werkes zählen werden; uns ist aber
dies wieder ein Beweis, daß für den eigentlichen Wert und das wahrhaft Dauerhafte, das
in einem Buche steckt, in der Regel nicht die gelehrte Fachkritik den feinsten Geruch
besitzt in der Regel Ausnahmen wollen wir natürlich nicht bestreiten, wie es ja auch
heute sehr gelehrte Fachmänner gibt so Karl Neumann, Walter Götz, Brandi die das
Heysesche Urteil mit unwesentlichen Einschränkungen höchstwahrscheinlich auch heute
noch gelten lassen werden; wenigstens haben sie in den oben erwähnten Chor der Ver-
kleinerer niemals eingestimmt. Ganz besonders aus unserer Seele heraus gesprochen ist,
was Heyse und damit stand er wohl lange Zeit allein über die Form des Buches
sagt leichtschenklich, rasch, mit Lichtern sparsam" wir meinen, daß das, was uns
heute an dem Stil Burckhardts entzückt, nicht besser ausgedrückt werden kann. Burck-
hardt selbst war mit dem Buche, wie das ja fast jedem Künstler mit seinem Werke so geht,
durchaus nicht zufrieden. Bald nachdem es erschienen war, kam Heyses Italienisches
Liederbuch" mit einer Widmung an den Freund nach Basel und nun war die Freude an
diesem Das Büchlein", schreibt er am 16. November 1860, habe ich heute in meinem
erschütterten Gemüth an manchen Stellen angelesen und bin einstweilen schon deshalb
betroffen, weil ich sehe, wie viel mir noch fehlt, um die wahre Signatur des italienischen
Geistes zu kennen. Mir ist, ich müßte jetzt viele Stellen meines Buches ausmerzen und
umschreiben; ich muß blind gewesen sein, um die ganz spezielle Verschmelzung von
Geist und Leidenschaft nirgends in meinen bisherigen Studien so zu erkennen, wie
diese Liedersammlung so handgreiflich olTenbart. Aber da schreibe einmal Einer Cultur-
geschichte, wenn man keinen Menschen um sich hat, der Einen aufrüttelt und in die
Ohren kneiü. Was ich Gutes habe, das habe ich doch am ehesten von Kugler, der
auch in vielen Gebieten, wo er nur Dilettant war, die Ahnung aller wesentlichen Interessen
hatte und zu wecken verstand. Mein Gott, wie genügsam sind selbst die meisten großen
Specialgelehrten im Vergleich mit ihm! Ein panoramatischer Blick wie der seinige war,
würde sie freilich nur stören und ihnen ihre Sorte von Arbeit verleiden. Und was er
für ein Specialgelehrter in seinen eigentlichen Fächern war, das belieben sie zu ignorieren.
Genug von Sollichen! Sie werden es meinem Buch ebenso machen und ich und mein
Verleger sind darauf gerüstet. Billige Leute von einigem ,Grütz' werden vielleicht dafür
zugeben, daß dieses Buch aus innerer Notwendigkeit geschrieben werden mußte, auch
wenn die Welt keine Notiz davon nimmt."
Franz Kugler war am I8. März 1858 im Alter von nur 50 Jahren gestorben und
hatte sowohl die dritte Auflage seines Handbuches der Kunstgeschichte erste Auflage
1841, von der bloß der erste Band 1856 erschienen war, wie eine neue, groß angelegte
Geschichte der Baukunst unvollendet zurückgelassen. l-leyse, der Schwiegersohn des
Verstorbenen, hätte nun ebenso wie dessen Verleger Ebner sehr gern gesehen, wenn
Burckhardt, der schon die Umarbeitung der zweiten Auflage des Handbuches besorgt
hatte, die Fortsetzung und Vollendung dieser Werke auf sich genommen hätte. Schon am
28. März 1858 schrieb er ihm in diesem Sinne. Burckhardt lehnte zuerst entschieden ab
Alles erwogen, kann ich dieArbeiten ganz unmöglich übernehmen." Sollte sich gar niemand
anderer dazu finden er denkt, wenn Lübke nicht will", an Springer oder Eggers Heraus-
2a
geber des Deutschen Kunstblattes" und später Lehrer der Kunstgeschichte an der Berliner
Akademie wollte er es allenfalls übernehmen, zu den von Kugler fertiggestellten Ab-
schnitten der Geschichte der Baukunst Altertum und Mittelalter einen Anhang, Renaissance
und neuere Zeit in einer gedrängten Übersicht umfassend, zu liefern nur müßte man dem
Publikum sagen dürfen, es sei ein Notwerk "ohne Ansprüche". Vom Handbuch müsse Lübke
damals Lehrer der Architekturgeschichte an der Bauakadernie in Berlin und Schüler
Kuglers den fehlenden Abschnitt, die Gotik, nachliefern; die moderne Kunst, schlägt er vor,
wäre aus der zweitenAuflage etwas revidiert abzudrucken. Fände sich zur Revision durch-
aus niemand, so wolle erauch diese übernehmen, doch müßte ein anderer die Illustrationen
besorgen. Heyse gab sich damit nicht zufrieden, er hestürmte den Freund mit Bitten, sich
die Sache noch zu überlegen. Aber Burckhardt bleibt in der Hauptsache unerschütterlich
Mit allen Wünschen und Behaupten", antwortet er umgehend beinahe scharf, kann man
das Unmögliche nicht möglichmachen. Ich kann nicht statt Stunden per Tag 16 Stunden
arbeiten, bin überhaupt nicht gesonnen, aus irgend einem Grunde der Welt meine bis jetzt
noch leidliche Gesundheit am Schreibtisch zu opfern, wie der arme Kugler getan hat. Ich
kann ferner nicht die ersten Semester eines Amtes der Professur für allgemeine Geschichte
an der Baseler Universität, von welchem mein ganzes künftiges Leben abhängt, mit einer
anderen großen Hauptarbeit teilen. Man hat mich mit einer bedeutenden Besoldung von
Zürich hieher berufen, um mich ganz zu haben und gerade jetzt, da ich in den größten
Sorgen darob schwebe, wie ich diesen Intentionen irgend nachkommen soll, kommt lhr und
verlangt eine große pressante Arbeit von mir! Denn pressant ist und bleibt sie. Hast Du
diese Geschichte der Baukunst B. ein wenig studiert? Sieh Dir doch nur das Buch recht
darauf an, nach welchen Principien und Dimensionen es gearbeitet ist. Dergleichen ,voll-
endet' überhaupt niemand, wenn der Autor gestorben ist." Und er schließt Überhaupt
bin ich kein Kind mehr und messe meine Kräfte. Es ist mir nun gar nicht leicht geworden,
Dir dieses zu schreiben, aber Du solltest mir auch nicht mehr zusetzen." In einer Nach-
schrift wiederholt er aber sein Anerbieten für das Handbuch, die Revision der modernen
Kunst nach der zweiten Auflage zu besorgen, ja er fügt nun hinzu auch das der Umarbeitung
eines Teiles des Abschnittes über moderne Baukunst so gut es geht, wenn ihr nicht einen
andern findet." Hiemit gab sich nun Heyse zufrieden und er grollte auch dem Freunde
nicht, daß er nicht mehr tun wollte, war ebenso wie der Verleger im Gegenteil auch für diese
bescheidenere, aber doch immerhin noch sehr zeitraubende Hilfe, für die Burckhardt auch
kein Honorar nehmen wollte, dankbar. Beide gingen auf die Vorschläge desselben ein
Ende x858 erschien der zweite Band des Handbuches der Kunstgeschichte" mit derjahres-
zahl 18 59 in zwei Abteilungen in dritter, gänzlich umgearbeiteter Auflage, ohne daß der An-
teil der beiden Herausgeber, Burckhardt und Lübke, kenntlich gemacht worden wäre. Nur
am Schlusse, nach dem Kapitel Kunstbestrebungen der Gegenwart" II, 828 findet sich
eine kurze Anmerkung der Verlagshandlung" Da keiner der beiden Herren Bearbeiter
der vorangegangenen Abschnitte dieser Auflage sich dazu verstehen konnte, dieses letzte
Kapitel gemäß den Anforderungen unserer Tage umzuarbeiten", so habe sie sich ent-
schlossen, es aus der zweiten Auflage herüberzunehmen. Nicht viel ausführlicher äußert sich
über die Mitarbeiterschaft Burckhardts der etwas früher erschienene zweite Band der
Geschichte der Baukunst" Für die unvollendeten Teile des Handbuches", heißt es da in
einer Benachrichtigung" des Verlegers, den Schluß des Mittelalters nebst der Renaissance
und der modernen Kunst wird im Wesentlichen der Text der zweiten Auflage zu Grunde
gelegt werden, jedoch mit denjenigen Ergänzungen und Veränderungen, welche teils der
Nachlaß des Verewigten, teils neuere Forschungen an die Hand geben. Einzelne Partien
werden auch eine völlige Umarbeitung erfahren. Dieser Sorge haben sich die Herren Prof.
Burckhardt in Basel, der frühere Mitarbeiter Kuglers, und Dr. W. Lübke in Berlin unter-
zogen." Es wäre keine ganz undankbare Arbeit für einen jungen Kunsthistoriker, den Anteil
Burckhardts zunächst an der zweiten und dann an der dritten Auflage des Handbuches
im einzelnen festzustellen, es wären dabei vielleicht interessante Ergänzungen zum
gewinnen.
Schließlich verstand sich Burckhardt doch auch noch zu einer, und zwar sehr bedeu-
tenden Teilnahme an der Geschichte der Baukunst". Was er ursprünglich über die Kunst
der Renaissance in das Kulturbuch hineinarbeiten wollte, widmete er nun zum Teil jenem
Werke. Ende 1862 trug er sich noch mit dem Gedanken, die gesamte Kunst der Renaissance
,.in einem einbändigen Grundriß von höchstens 500 Seiten" zu behandeln. Im Winter von
1862 auf 1863 arbeitete er diesen zu sieben Achteln aus, fand ihn aber, wie er Heyse am
3. April 1864 meldet, in Princip und Ausführung ungenügend", tat ihn wieder in das Pult
und hielt damit seinegeringe literarische Laufbahn überhaupt für abgeschlossen". Im
Dezember 1864 stellte er das unvollendete Manuskript auf dringende Bitte Lübkes, der zu
diesem Zwecke eigens nach Basel kam, für den vierten Baud von Kuglers Geschichte der
Baukunst" zur freien Verfügung mit der Bedingung, dall sein Name auf dem Titel nur als
zweiter genannt werde, am liebsten nennte ich mich gar nicht" und er setzt in Klama
mern hinzu Du siehst wie ich mit Kindern umgehe, die ganz von mir sind." 1867 erschien
endlich dieser Band; er enthielt in seiner ersten Abteilung Die Renaissance in Italien von
Jakob Burckhard während die zweite Abteilung die Renaissance in Frankreich" von
Lübke und der erst 1872173 ausgegebene fünfte Band die Deutsche Renaissance" gleich-
falls von Lübke brachte. E. Guglia
EDVVIG LOBMEYR Am 25. März d. J. ist Ludwig Lobmeyr, der Altmeister
der österreichischen Kunstglasindustrie, der Bahnbrecher und Pfadweiser ihres
Aufschwunges im letzten l-Ialbjahrhundert, hochbetagt dahingeschieden. Das k. k. Öster-
reichische Museum hat diesem seltenen Manne viel zu danken und wird sein Andenken
hoch in Ehren halten. Er und Eduard von Haas waren die ersten Industriellen, welche sich
dem Museum sofort anschlossen, als es im Jahre 1864 im Ballhause der k. k. Hofburg
seine auf den Neuaufbau des Kunsthandwerks gerichtete Tätigkeit begann. Schon die
ersten Leihgabenausstellungen des Instituts, in welchen die Bergkristallgefäße der kaiser-
lichen Schatzkammer zum Studium vorgeführt wurden, übten starke Wirkung auf Lobmeyr
aus; er begann sofort, die Technik des Kristallschnittes und der Gravierung neu zu beleben,
auf die stete Verbesserung des Rohglases hinzuwirken, den Materialstil des Glases, der
durch das Überwuchern des Beinglases und der Deckmalerei allmählich verschleiert worden
und verlorengegangen war, wieder zur Geltung zu bringen und sich künstlerischer Ent-
würfe zu versichem, nach denen er arbeiten ließ. Selbst ein tüchtiger, geschulter Zeichner,
suchte er stets Verbindung mit entwerfenden Künstlern, Architekten, Malern, Medailleuren.
die er für das Schaßen im Glase zu gewinnen und bei allen großen Aufträgen und der
Herstellung von Ausstellungsstücken heranzuziehen wußte. Vom Ende der Sechziger-
jahre bis zur Gegenwart hat Lobmeyr die ganze Entwicklung des Neuaufbaues der
kunsthandwerklichen Arbeit in allen ihren stilistischen Wandlungen und technischen
Verbesserungen mitgemacht, jede Ausstellung im In- und Auslande brachte Neues, das
interessierte, Aufsehen machte und ihm und Österreich Ehre brachte. Seine ersten Mit-
arbeiter überlebte er um fast ein Menschenalter, er sah sich immer um neue hervorragende
Kräfte um, die er anregte oder von denen er sich anregen ließ. Durch lange Zeit stand er
in Verbindung mit Hansen, von dem er sich auch sein früheres Heim einrichten ließ und
den er hoch schätzte, mit Eisenmenger, Friedrich von Schmidt, Ferstel, Storck, Laufberger,
Sturm, Tautenhayn, dann mit Herdtle, Kühne, Schwartz, Schmoranz, Theyer, Marschall,
in neuerer Zeit vor allem mit Josef Hoffmann, Powolny, Strnad, von Jüngeren mit I-lofner
und dem im Kriege gefallenen hochbegabten Urban Janke. Von anderen Gesichtspunkten
ausgehend und auf Grund eingehender Studien an den Gläsern des XVII. und XVllLjahr-
hunderts baute er aber außer dem Kristallglase, das für immer seinen Ruhm bilden wird,
auch die Glasvergoldung, Zwischenvergoldung, Schwarzlotmalerei, Emailglasmalerei und
alle anderen reizvollen alten Glastechniken, die seit der Biedermeierzeit verlorengegangen
waren, wieder auf und ebenso hielt er es für seine Pflicht, alle neuen technischen Versuche
und Erfindungen zu erproben und für die Zwecke des Kunstglases fruchtbar zu machen,
so die Lüstrierung durch metallische Dämpfe, die Bronzitfärbung. Die stete Vervoll-
kommnung der Gravierung war sein höchster Ehrgeiz und sein größter Erfolg, den er
noch in seinen letzten Lebenstagen erzielte, wie er auch durch sinnvolle, ganz aus
dem Material des böhmischen Kaliglases geschöpfte, nur durch sich selbst wirkende
Formgebung, die man vor allem an den von josef Hoffmann, Stmad und St. Rath ent-
worfenen Gläsern und Geräten der neuesten Zeit bewundern konnte, immer neue Triumphe
erntete.
Sein Beispiel hat weithin gewirkt, die ersichtlichen Fortschritte des böhmischen
Kunstglases, welche auf der letzten Glasausstellung im Österreichischen Museum xgx in
überraschender Weise zutage traten, sind durch sein Wirken beeinflußt worden, bei dem
für ihn immer der Grundsatz maßgebend war, daß auch das einfache Tischgerät kunst-
erfüllte Edelarbeit sein müsse und dauernder Erfolg nie anders als durch gute Leistungen
errungen werden könne. So hat Lobmeyr seit 50 Jahren auf allen Ausstellungen des In-
und Auslandes dem österreichischen Namen immer neue Ehren gebracht und er hat durch
sein vorbildliches Wirken erwiesen, was österreichisches Talent und österreichische Kraft
vermögen, wenn sie unter Zucht und Führung eines starken zielbewußten Willens gestellt
werden.
Die Freundschaft und Liebe, die ihn seit 1864 an das Österreichische Museum band,
ist sich immer gleich geblieben im Wechsel der Zeiten, Menschen und Anschauungen.
Ebenso war er seit 1868 stets ein treuer gütiger Förderer der Kunstgewerbeschule. Mit
den Lehrern hat er zusammengearbeitet, in der steten Werktätigen Fürsorge für die
unbernittelten Schüler sah er eine wichtige Sicherung der kunsthandwerklichen Zukunft
Österreichs. Unser aller Dank und Verehrung bleiben ihm erhalten, sein Name wird mit
dem Österreichischen Museum und der Kunstgewerbeschule für alle Zeiten verbunden
bleiben! Eduard Leisching
INE GESCHICHTE DER KÜNSTKRITIK." In den Kollektaneen zu seinem
Laokoon sagt Lessing Wir sind darin einig, daß die Kritik für sich eine Wissen-
schaft ist, die alle Kultur verdienet; gesetzt, daß sie dem Genie auch gar nicht helfen sollte."
Dieses kluge und feine Wort steht mit Recht an der Spitze eines vor kurzer Zeit erschienenen
wirklich interessanten und gescheiten Buches Albert Dresdners, das die Entstehung und
Entwicklung der europäischen neueren Kunstkritik im Rahmen der abendländischen Kunst
behandelt. Das Thema ist fesselnd genug handelt es sich doch um Fragen, die gerade in
den letzten Jahrzehnten im Mittelpunkt des Kunstlebens gestanden haben die Betrachtung
desselben ist originell und äußerst anregend, um so mehr als wir dem kundigen Verfasser
gerne und vertrauensvoll folgen können; er gibt uns in jedem Fall genaue Rechenschaft
über seine Quellen, deren vielseitiger und reicher Inhalt systematisch gegliedert ist.
Es gibt wohl kaum ein anderes Gebiet der modernen kritischen Literatur, das so sehr
unbestimmt und schwankend war als die Kunstkritik, hier standen sich vollkommen ent-
gegengesetzte Wertbestimmungen und Auffassungen unvereinbar gegenüber, die alle das
Recht der Unfehlbarkeit für sich in Anspruch nahmen. Das erste, was Dresdner deshalb
klarstellen mußte, war eine sichere Bestimmung der Grenzen und des Wesens der Kunst-
kritik, die recht glücklich als diejenige literarische Gattung bezeichnet wird, welche die
Untersuchung, Wertung und Beeinflussung der zeitgenössischen Kunst zum Gegenstande
hat". Dresdner hat seinen bisher erschienenen ersten historischen Band in sechs Kapitel
gegliedert, deren Inhalt den Entwicklungsgang in den Hauptepochen bildet, von der Antike
bis zum Beginn der Neuzeit, deren hervorragendste Persönlichkeit am Ende des XVIILJahr-
hunderts sich in Diderot verkörperte. Das Thema erreicht schon im ersten Kapitel eine
Die Entstehung der Kunstln-itik im Zusammenhang der Geschichte des europäischen Kunstlebens. Die
Kunstkritik. Ihre Geschichte und Theorie. Band I. Von Albert Dresdner, München, F. Bruckmann A.-G. 1915.
ICI. VVHKCII KIHUUVVCIKCÄ UHU Uilä, VVHS SIE SUIIUICII, U33 UClllCUlglC UUBIIIIIIIIIC, VUXU LEDER
erforderte Bedürfnisse in erster Linie die umfangreichen Ansprüche der religiösen
Kultur und steht, so weit erkennbar, in jeder Beziehung ganz auf derselben Linie wie
alle anderennützlichen Handwerke". Allmählich aber brach sich die Tendenz Bahn, das
künstlerische Schaffen über die rein handwerkliche Grundlage hinaus zu erheben, was sich
in der Erscheinung offenbart, daß Bildhauer und Maler die Lehren ihrer Kunst literarisch
festzulegen versuchten. Neben dieser theoretischen Künstlerliteratur, wie der Kanon" des
Polyklet, entstand eine von Laien ausgeübte Kunstliteratur für Laien mit der deutlichen
Absicht der Belehrung, die bald von den Künstlern verachtet und verspottet wurde. Es ist
sicherlich interessant, daß dieser heute noch vorhandene Antagonismus zwischen Laien-
urteil und Künstlertum schon im Altertume bestand, wie er durch die Jahrhunderte hin-
durch eigentlich niemals aufhörte. In der italienischen Renaissance lernen wir dann in
Aretino den ersten zünftigen, ohne Nachfolger gebliebenen literarischen Kunstkritiker
kennen, den ersten Kenner" im modernen Sinne, der von dem ganzen umständlichen
Apparat der gelehrten Zitate, der geschichtlichen und antiquarischen Belege Abstand
genommen, sondern allein seine unmittelbaren Empfindungen vor den Kunstwerken, die
Erfahrungen und Freuden seiner persönlichen Kennerschaft zum Ausdrucke gebracht
ha Lehrreich ist auch der später so unendlich oft in allen möglichen Arten wiederholte
Streit, den Aretino mit Michelangelo geführt hat.
Diderot ist von Dresdner ganz vortrefflich geschildert worden, wobei der l-Iauptwert
auf den fundamentalen Unterschied zwischen Diderot dem Kunsttheoretiker und dem
viel fruchtbareren und wertvolleren durchaus persönlichen Diderot als Kunstkritiker gelegt
wird. Er hat die Kunstkritik der Gestaltlosigkeit, dem Nebelzustand des Dilettantismus
entrissen und ihr Körper gegeben".
Die beiden folgenden Bände, welche die Entwicklung der Kunstkritik im XIX. Jahr-
hundert und ihre Theorie enthalten sollen, dürfen wir mit dem größten Interesse erwarten.
E. W. Braun
UNST, KRIEG UND KRIEGER" VON DR. KONRAD ESCHER.
Wie alles Geschehen, das menschlichen Leidenschaften und Kraftäullerungen sein
Entstehen verdankt, wirkt auch der Krieg mächtig auf die künstlerische Seele. Über die
Art, wie ihre Ergriffenheit zum künstlerischen Ausdruck gelangen kann, denken und
empfinden die Künstler und Kunstfreunde ganz verschieden. Ein eben erschienenes Buch
Dr. Konrad Eschers will diesen Ausdruck möglichst weit umschreiben und möglichst tief
fassen. Er will eine Geschichte der Kriegsdarstellungen bieten unsere wissenschaftliche
Zeit fühlt immer auch das Bedürfnis, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen
und Entwicklungsreihen zu studieren ganz besonders will dies die deutsche Wissen-
schaft. Und in einem Augenblick, wo keinerlei klares Bild von dem gewonnen werden
kann, was das furchtbare Ringen des Weltkrieges für die schaffenden Künstler bedeutet,
wirkt der zusammenfassende Rückblick eines neutralen Kunsthistorikers sehr belehrend
und anregend. Ein Teil unserer modernen Künstler verhält sich noch gänzlich ablehnend
gegenüber einer Einwirkung des Krieges auf die Kunst und man hört auch nicht selten
die negierende Behauptung besonders von Malern, die sich an die Naturerscheinung
gebunden fühlen daß die große Kunst überhaupt nicht in Kriegsdarstellungen zu finden sei.
Es liegt darin wohl noch jene alte Reaktion gegen die Historienmalerei, welche mit dem
künstlerischen Aufschwung einsetzte, der durch intensives Naturstudium bewegt wurde.
Sicher sind alle übermächtigen Naturereignisse, alle verwirrenden Massenprobleme
jenen Gebieten der Kunst fremd geblieben, bei denen die Intensität eines bestimmten
Erlebnissestund die Konzentriertheit des Ausdruckes auf engem Raum das wichtigste
Moment bilden.
Verlag Rascher Co., Zürich und Leipzig.
178
Das gilt aber eben nicht von allen Gebieten der Kunst. Und die ungeheure Rück-
wirkung der notwendigen Kampfbereitschaft, die furchtbare Nachwirkung der Kampf-
handlungen auf alle Gesellschaftsformen und auf ungezählte Menschenschicksale bedingt
allein schon die Einwirkung der Kriege auf die Kunst.
Klugerweise spricht der Autor des Buches von Krieg und Kriegern. Zu den größten
Kunstwerken aller Zeiten gehört die Darstellung von Kriegern und von Einzelkämpfen.
Der Autor zeigt an den frühen Beispielen vorklassischer Zeit und an den Höchstleistungen
der klassischen Kunst jenes Streben nach Auflösung der Erscheinungsfülle in Einzel-
erscheinungen. Aber auch später, als die Fähigkeit der Darstellung von Naturerscheinungen
in malerischem Sinne wuchs, machte die Malerei nicht vor der Größe und Schwierigkeit
des neuen Problems halt.
So bildet die Geschichte der Kriegsdarstellungen zugleich einen Abriß der Geschichte
der Gestaltungsgrundsätze der Kunstperioden.
Man kann dem Autor für seine sorgfältige und umfassende Arbeit nur Dank sagen,
die in gewissem Sinne als Vorarbeit, als Materialübersicht für weiter ausgreifende oder
üefer eindringende Darstellungen gedacht sein mag. Sie ist mit eingehender Kenntnis der
Hauptströmungen und der führenden Persönlichkeiten verfaßt und wird ihre anregende
Wirkung nicht verfehlen. H. F.
IN HANDBUCH DER KIRCI-ILICHEN KUNST."' Die in der Praxis
stehenden Kunstgelehrten, die Museumsleiter, Landeskonservatoren, in erster Linie
aber die Konservatoren und Korrespondenten der Zentralkommission, die Priester, Künstler
und Kunsthandwerker kommen unablässig mit allen Zweigen der so unendlich reich ent-
wickelten kirchlichen Kunst in Berührung und die genaueste Kenntnis derselben ist die
Voraussetzung bei allen Urteilen über alte Kirchenbauten, über Restaurierungen solcher
und auch in allen Fragen einer sinngemäßen, würdigen neuen Ausstattung der Gotteshäuser.
Ein leicht orientierendes, mit lehrreichen und anschaulichen Abbildungen versehenes Hand-
buch gehört daher zum unerläßlichen Handwerkzeug dieser ebengenannten Personen. Es
gibt so zahlreiche, oft recht schwierige liturgische Vorschriften, die zu beachten sind, dann
allerlei technische Ausdrücke aus dem Gebiete aller Künste und des vielgegliederten Kunst-
gewerbes, die man in so vielen Fragen, bei Entscheidungen, Berichten und Gutachten
gegenwärtig haben muß. Wohl haben wir den prächtigen, allbewährten und systematisch
meisterhaften Otte, dessen reich erweiterte zweite Auflage von Wernicke wohl in jedes
Kündigen Hand ist, aber dieses Werk ist vielleicht für die erwähnten Zwecke zu wissen-
schaftlich im Apparat und nicht so leicht und rasch zu benutzen; man mull sich den jeweils
interessierenden Stoß" aus den Inhaltsverzeichnissen zusammensuchen. Es ist daher ein
Werk, wie das jetzt in vierter Auflage vorliegende Handbuch der kirchlichen Kunst" des
ehrwürdigen Meisters Karl Atz, das von der kundigen geschickten l-land Stephan Beissels
bearbeitet wurde, in seiner lexikographischen Anordnung unvergleichlich viel brauch-
barer und belehrender, besonders da die Bedürfnisse der neuzeitigen Kirchenausstattung
in genauester und zuverlässigster Weise berücksichtigt sind. Stichproben auf allen
Gebieten der alten und modernen kirchlichen Kunst haben eine seltene Reichhaltigkeit
und eine vortreffliche Disposition des Materials ergeben, so daß dieses Buch sicherlich
in der Hand der Kunstfreunde segensreich und nutzbringend wirken wird. Die einzelnen
Artikel unterrichten leicht und verständig über das Wesentliche und es ist auch von
Beissel die Anzahl der Abbildungen, die bei einer solchen Darstellung ganz unerläßlich
sind, bedeutend vermehrt worden. E. W. Braun
Die kirchliche Kunst in Wort und Bild. Praktische alphabetisch geordnetes Handbuch für Geistliche,
Lehrer, Künstler, sowie für Mitglieder des Kirchenvorstandes und des Panmentenvereines. Von Karl Atz, neu-
bearbeitet von Stephan Beissel. 4. Auüage. Mit 1510 Illustrationen und einem Titelhilde. Groß-Lexikonakmv.
VIII, 68 Seiten. Regensburg 1915, Vexlngsanstalt vorm. G. j. Manz.
Scnrlft Kur IXUÜSIVVIHSCIIEUIIHÄL, UIC lll kCIlJZlg CKSUIICIIXI, IUIUCII. UIISCIC SYIIIPHIIIISCIIC
Zustimmung heraus. Evert Wrangel und Fritjof I-lazelius sind die Herausgeber. Sie erklären
in der Einleitung des ersten Heftes, daß das Interesse für Kunst und Kunstwissenschaft
im Norden wächst, betonen das Florieren des Kunsthandels, die Gründung neuer Samm-
lungen, die Erweiterung von Museen in Schweden. Sie wollen für die Kronländer Schweden,
Norwegen, Dänemark und Finnland ein Zentralorgan schaHen.
So bringen denn die ersten Hefte Beiträge aus der nordischen Welt ebenso wie
internationale Studien.
Der erste Artikel gilt dem Aufenthalt Alexander Roslins in Wien und seinen Wiener
Porträten Maria Christina von Österreich, Fürst Franz Josef Liechtenstein. Aufsätze über
Büsten von Bemini und neue Rembrandtfunde und römische Monumentalgeschichte im
Lichte mittelalterlicher Erzählungen folgen. Uns fesselt naturgemäß noch mehr das, was
über nordische Kunst gebracht wird. Da sind vor allem der Bericht über den Osebergfund
Ausgrabung eines Schiffes, über mittelalterliche Plastik und Renaissanceschnitzereien
in schwedischen Kirchen, über Schloß Svartsjö unter anderen hervorzuheben. Die Texte
sind nicht weitschweifig. Die Abbildungen in ausreichendem Maßstab und klar. Die
äußere Ausstattung geschmackvoll und neuen Anforderungen entsprechend.
So möge denn dieses mit vielen Hoffnungen begründete Unternehmen als Zeichen
erstarkender, ernster, friedlicher Arbeit und als neues Bindeglied mit jenem Teile des
skandinavischen Nordens gelten, den nicht nur Stammverwandtschaft, sondern aufrichtige,
freundschaftliche Gesinnung mit der deutschen Welt verbindet.
Ein solches Bindeglied ist der Unterstützung weiter Kreise um so mehr zu empfehlen,
als es durch die im Norden vorhandenen wertvollen, in frühes germanisches Altertum
zurückreichenden Kunstschätze sehr interessante Beziehungen aufzuklären vermag und
weil der enge geistige Kontakt der ganzen alten germanischen Welt und die inneren
Verwandtschaften der Gesinnung, welche noch weiterleben sollen, durch kunsthistorische
Studien gefördert werden können. So mögen aus dieser friedlichen Arbeit neue Brücken
erwachsen, die uns mit unseren nordischen Stammesverwandten und Freunden enger zu
verbinden bestimmt sind.
Die Kunstwissenschaft besitzt in skandinavischen Ländern tüchtige und rührige
Arbeiter, die nicht nur das heimische Kunstgut zu schützen und zu schätzen wissen,
sondern auch in regem Kontakt mit den Kunststätten der ganzen kultivierten Welt stehen.
Ihre Arbeit wird auch für uns eine wertvollere werden, indem sie uns zugänglicher
wird. H. Fischel
IE GlgAPl-IISCI-IE DARSTELLUNG VON NATUREREIGNISSEN
IN DURERS APOKALYPSE VON ERNST K. STAHL." Die Luft-
und Lichtphänomene, welche in Dürers großen Holzschnitten und besonders in jenen
zur Apokalypse eine gewisse Rolle spielen, bieten den Anlaß zu einer Studie Ernst Stahls.
welche die nicht unbeträchtliche Literatur über die mit Recht so berühmte Holzschnitt-
folge vermehren sollen.
Es ist eine häuüg auftretende Erscheinung, daB inhaltsreiche und große Kunstwerke,
denen zugleich eine große Popularität beschieden ist, von verschiedenen Seiten und nach
verschiedenen Richtungen durchsucht, beleuchtet, kommentiert werden. Immer wieder
werden neue Qualitäten entdeckt und hervorgehoben. Wenn die Ergebnisse solcher Unter-
suchungen auch zumeist keine anderen sind, als daß gewisse Einzelheiten in ihrer Bedeutung
für die Kunst überschätzt werden, so bieten sie häufig auch zugleich den Anlaß; die
Bewunderung für diese Werke wirkungsvoll zu verbreiten. In diesem Sinne und durch
manche wertvolle Bemerkung über die Eigenart der deutschen Holzschnitte überhaupt ist
Verlag Otto Harassowitz, Leipzig.
München, Verlag von j. j. Leutner.
LOU
das mit großen Nachbildungen der Blätter illustrierte Heft von Interesse und wird dem
großen deutschen Künstler neue Verehrer werben, zu den zahlreichen, die er besitzt.
IE PHOTOGRAPHU?" VON HEINRICH KESSLER. In der Sammlung
Göschen erschien ein sehr kompendiöser, kleiner Führer im Gebiete der Photo-
graphie, dessen Autor der Professor an der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt
Heinrich Keßler ist. In seiner fünften, neubearbeiteten Auflage sind die mannigfaltigen
Verfahren der jüngsten Zeit, welche als Fortschritte zu betrachten sind, berücksichtigt,
wie die Methoden des Öl- und Bromöldruckes und andere mehr. Veralteten Verfahren ist
Raum entzogen worden, so daß dieses praktische Büchlein zur Einführung in die Materie
vielen gute Dienste leisten wird.
DUVALS GRUNDRISS DER ANATOMIE FÜR KÜNSTLERF"
Der bewährte Lehrgang der Anatomie, welcher nach Duval von Professor Dr. Ernst
Gaupp Breslau herausgegeben wurde und nunmehr in einer durch R. Wiedersheim,
Freiburg, vermehrten vierten Auflage erscheint, ist durch seine anspruchslose, gediegene
Behandlungsweise des Gegenstandes ein sehr nützlicher und anregender Lehrbehelf. Auch
diese Neubearbeitung enthält eine Vermehrung der Tafeln, welche schon aus der Benutzung
der Photographie nach dem Leben erkennen lassen, daß Rücksichten auf praktische Ver-
wendbarkeit und Anpassung an veränderte Anschauungen mitgewirkt haben, das knapp
und präzis geschriebene Buch wertvoll und brauchbar zu erhalten.
MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 50'
ÄJSZEICHNUNGEN. Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Aller-
höchstem Handschreiben vorn 7. April d. J. den Präsidenten des Kuratoriums Bot-
schafter a. D. Franz Prinzen von und zu Liechtenstein und das Kuratoriumsmitglied Grafen
Johann Wilczek senior zu Rittern des Ordens vorn Goldenen Vließe allergnädigst zu
ernennen geruht.
Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom
u. April d. J. dem Vizedirektor des Österreichischen Museums Regierungsrat Dr. Moriz
Dreger sowie dem Vorstand der Bibliothek dieses Instituts Regierungsrat Franz Ritter
taxfrei den Orden der Eisernen Krone dritter Klasse allergnädigst zu verleihen geruht.
Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vorn
16. April d. J. dem Kanzleiadjunkten Ferdinand Nagler und dem Kanzlisten Hubert Slouka
das Kriegskreuz für Zivilverdienste dritter Klasse allergnädigst zu verleihen geruht.
URATORIUM. Seine Durchlaucht Alfred Fürst von Montenuovo ist anläßlich
seines Rücktrittes von der Stelle des Ersten Obersthofrneisters Seiner k. und k.
Apostolischen Majestät aus dem Kuratorium des Österreichischen Museums ausgeschieden.
ERSQNALNACHRICHTEN. Der Herr Minister für öffentliche Arbeiten hat den
Kustos Dr. August Schestag in die VII. Rangklasse befördert und den Kanzleioflizial
Johann Platzer zum Kanzleiadjunlrten in der IX. Rangklasse ernannt.
ERÖFFNUNG DER AUSSTELLUNG FÜR KRIEGSGRAPI-IIK.
Im Beisein Seiner k. und k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Max, welcher den Kaiser
bei der Feier vertrat, ist am xo. März vorrnittags urn Uhr im Osterreichischen Museum
Verlag G. J. Gläschen, Berlin und Leipzig.
Verlag von Ferdinand Enke, Stuttgart.
graphik eröffnet worden. Im Säulenhofe des Museums hatten sich zum Empfange des
Herrn Erzherzogs Max unter andern eingefunden Seine Eminenz Kardinal Fürsterzbischof
Dr. PilTl, Ihre Exzellenzen der deutsche Botschafter Graf von Wedel und Gemahlin, Prinz
Heinrich XXXIX. zu Reuß j. L., der schweizerische Gesandte Dr. Bourcart, Oberst-
kämrnerer Graf Berchtold, Ministerpräsident Graf Clam-Martinic, in Vertretung des Kriegs-
ministers Generalmajor von Rochel, Minister des Innern Freiherr von Handel, Dr. Graf
Karl Lanckororiski, Ministerpräsident a. D. Dr. Freiherr von Beck, die Minister a. D.
Graf Wickenburg und Dr. Ritter von Wittek, Statthalter Dr. Freiherr von Bleyleben,
Bürgermeister Dr. Weiskirchner mit Magistratsdirektor Dr. Nüchtern, Feldzeugmeister
Hugo von Hoffmann, der Apostolische Feldvikar Bischof Bjelik, Feldmarschalleutnant von
Lilienhoff, Feldrnarschalleutnant von Löbl, Feldmarschalleutnant von Czapp, der Direktor
des Kriegsarchivs Generalmajor Ritter von Hoen, die Sektionschefs Exzellenz Dr. Adolf
Müller, Dr. Breycha, Dr. Hasenöhrl und Hass, der Präsident der Zentraldirektion der Schul-
bücherverläge Dr. Heinz, Polizeipräsident Freiherr von Gorup, der Bundespräsident der
Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuze Graf Traun, die Feldmarschalleutnants
Stellvertreter des Stationskommandanten von Lilienhof-Kuchinka, Karl Ritter von Czapp,
die Hof- und Ministerialräte von Streffleur, Freiherr von Klimburg, Schauenstein, von
Karabaczek, Dr. Löwner, Professor Dr. Josef Neuwirth, der Rektor der Wiener Universität
Hofrat Dr. Reisch, die Kustoden Regierungsrat Ritter und Dr. Schestag, Amanuensis
Dr. von Schönbach, der Direktor der Staatsgalerie Franz Haberditzl, der Rektor der
Akademie der bildenden Künste Professor Rudolf Bacher, der Vorstand der Künstler-
genossenschaft Hugo Darnaut und Vorstandstellverheter Ranzoni, die Obmänner des Bundes
Österreichischer Künstler, des Hagenbundes und der Sezession G. Klimt, A. Keller und
Professor Schmutzer, der Direktor der Albertina" Dr. Meder, Generalstabsoberst Majewski.
Generalkonsul Dr. von Vivenot, die Obersten von Judex und Coitas und viele andere.
Entschuldigt hatten ihr Fernbleiben der Präsident des Kuratoriums Prinz von und
zu Liechtenstein, der Chef des Generalstabes General der Infanterie von Arz, Landmarschall
Prinz Alois Liechtenstein, der Minister für öffentliche Arbeiten Dr. Freiherr von Trnka
und Herrenhausmitglied Paul Ritter von Schoeller.
Um Uhr Vormittags fuhr Seine k. und k. Hoheit Erzherzog Max in Begleitung seines
Obersthofmeisters Grafen Ceschi beim Gebäude vor. Der Vertreter des Kaisers wurde vom
Minister des Innern Freiherrn von Handel, dem Direktor des Museums Hofrat Dr. Eduard
Leisching und dem Leiter des Kriegshilfsbureaus Hofrat Dr. Eduard Prinz von und zu
Liechtenstein am Eingange des Hauses erwartet und begrüßt. Im Säulenhofe hielt der
Herr Erzherzog kurze Zeit Cercle. Er sprach die um das Zustandekommen der Ausstellung
verdienten Persönlichkeiten an kaiserlichen Rat Rosenbaum, Dr. Mascha, Architekten
Professor Witzmann und Regierungsrat Ritter. Dann trat Hofrat Dr. Eduard Prinz von
und zu Liechtenstein vor und hielt an den Erzherzog folgende Ansprache
Geruhen Eure kaiserliche Hoheit, mir als Leiter des Kriegshilfsbureaus des Ministe-
riums des Innern zu gestatten, Eurer kaiserlichen Hoheit über Ermächtigung des Herrn
Ministers des Innern die ergebene Bitte unterbreiten zu dürfen, Seiner Majestät meinen
tiefergebenen Dank für den Beweis der Gnade auszusprechen, den Seine Majestät durch
die Entsendung Eurer kaiserlichen Hoheit als höchstseinen Vertreter zu der Eröffnung der
Ausstellung des Kriegshilfsbureaus für Kriegsgraphik gegeben hat, und dieser Bitte meinen
ehrfurchtsvollsten Dank für das gnädige Erscheinen Eurer kaiserlichen Hoheit beizufügen.
Im dritten Jahre bereits tobt ein furchtbarer Krieg, wie ihn die Weltgeschichte noch
nicht gesehen hat. Mitten in diesem heldenhaften Ringen hat der Tod uns den Monarchen
entrissen, der durch sieben Jahrzehnte die Geschicke des Vaterlandes lenkte, mit dem unser
ganzes politisches und vaterländisches Denken und Empfinden verwoben war und dem
wir in treuer Anhänglichkeit und Liebe ein ehrfurchtsvolles Andenken weit über das Grab
hinaus allezeit bewahren. Ein junges Kaiserpaar hat den Thron der Väter bestiegen, das
an ucs vuigqu 951 5m ULLCIL, man bllolßbta "i"-.- ..-.......,.... ................. .. ... ....
Saiten, die Liebe zur Dynastie und das Heldentum für das Vaterland, hell erklingen lassen.
Volksstimmung und Kunst gehören aber zueinander. Was die Volksseele bewegt, das bringt
der Künstler zum Ausdruck, und die moderne, auf der höchsten Stufe der Entwicklung stehende
graphische Industrie vermittelt die geistigen Erzeugnisse des Künstlers in tausend und
abertausend von Exemplaren wieder dem Volke und erhält dessen Empfinden der Nachwelt.
Das Kriegshilfsbureau hat es daher versucht, in der Ausstellung von Kriegsgraphik
eine Zusammenstellung alles jenen zu bieten, was Kunst und graphische Technik während
des Krieges in Österreich-Ungarn und Deutschland geschaffen, was die Taten unserer
heldenhaften, herrlichen Truppen und ihrer tapferen Verbündeten verherrlicht oder was
die Liebe und die Anhänglichkeit an das angestammte l-lerrscherhaus zu lichtvollem Aus-
druck gebracht hat. Eine wenn auch verkleinerte Kopie dieser Ausstellung soll als Wander-
ausstellung im befreundeten und neutralen Ausland die Ruhmestaten unserer Armee
veranschaulichen und zugleich den Beweis von der Befähigung der österreichischen
Graphik erbringen, die sich mitten im Krieg zu einer ungeahnten Höchstleistung entwickelt
hat und ein beredtes Zeugnis davon ablegt, daß die wirtschaftliche Kraft unseres Vater-
landes trotz dreißigmonatigen schweren Ringens noch lange nicht gebrochen ist. Die
künstlerischen Werke werden in würdiger und anschaulicher Weise die Lügen widerlegen,
die haßerfüllte Gegner über unsere und deutsche Kultur trotz allem wiederholen. Nach-
dem jedoch der Absatz eines großen Teiles dieser graphischen Erzeugnise unter dem
Zeichen der Kriegsfürsorge erfolgte, die die Herzen aller jener erfüllt, welche den Krieg
im Hinterland miterleben, im Vollbewußtsein, daß auch ihnen eine große und wichtige
Aufgabe zur Verteidigung des Vaterlandes zufällt, hat das Kriegshilfsbureau geglaubt, auch
diese Ausstellung in den Dienst seiner erhabenen, menschenfreundlichen Aufgabe, die
Not des Krieges, wo immer sie auftritt, nach Möglichkeit zu lindern, stellen zu können,
und erhoHt sich aus dieser Ausstellung eine reiche Stärkung seiner Fonds.
ln diesem Sinne bitte ich Eure kaiserliche Hoheit, geruhen zu wollen, in Vertretung
des obersten Schutzherrn aller der Kriegsfürsorge gewidmeten Bestrebungen der Bevöl-
kerung die Ausstellung von Kriegsgraphik gnädigst eröffnen zu wollen."
Seine k. und k. Hoheit erwiderte die Ansprache mit folgenden Worten
Mit besonderer Freude bin ich dem Allerhöchsten Befehle nachgekommen, Seine
k. und k. Apostolische Majestät bei der heutigen Eröffnungsfeier zu vertreten, und es wird
mir eine angenehme Pflicht sein, die von treuer Liebe zu Kaiser und Vaterland erfüllte
Begrüßung zur Kenntnis unseres allergnädigsten Herrn zu bringen.
Das unter Ihrer bewährten Leitung stehende Kriegshilfsbureau des Ministeriums
des Innern hat durch die Veranstaltung der Ausstellung von Kriegsgraphik abermals
bewiesen, in wie dankenswerter Weise es die Bedeutung seiner wichtigen Aufgabe erfaßt,
indem es unablässig bemüht ist, für die Linderung der durch den Krieg hervorgerufenen
Notlage immer wieder neue Quellen zu erschließen.
Ebenso wie dieser edle Zweck dem Unternehmen die teilnahmsvolle und hilfsbereite
Unterstützung der ÖlTentlichkeit sichert, so liegt in dem künstlerischen und technischen
Werte der mitten in den Stürmen unserer Zeit veranstalteten Ausstellung eine Bürgschaft
dafür, daB ihr auch ein großer moralischer Erfolg beschieden sein werde.
Mit dem innigen und zuversichtlichen Wunsche, daß diese Erwartungen voll und
ganz in Erfüllung gehen mögen, erkläre ich die Ausstellung des Kriegshilfsbureaus für
Kriegsgraphik im Allerhöchsten Auftrage für eröEnet."
Nach diesen Worten trat der Erzherzog den Rundgang durch die Ausstellung an.
Der Erzherzog sah zuerst im Mittelraum die Ausstellung des Kriegsarchivs an, in der der
Direktor des Kriegsarchivs Generalmajor Ritter von Hoen führte, dann besichtigte der
Erzherzog die Ausstellung der Albertina" und die des Heeresmuseums. Der Rundgang
erstreckte sich nun auf die Galerie, wo Dr. Ottokar Mascha die Führung übernahm.
Von der Galerie verfügte sich der Erzherzog ins Erdgeschoß und besichtigte die Aus-
stellungen des Kriegsfürsorgeamtes des Kriegsministeriums und des Kriegshilfsbureaus
des Ministeriums des Innern. Überall bekundete der Erzherzog großes Interesse für die
Kunstblätter und Bilder, die Radierungen, Skizzenbücher, Gedenkblätter, in verschiedenen
Verfahren hergestellten Reproduktionen, die Kriegskuriosa, Ansichtskarten und Vivat-
bänder. Sodann nahm der Erzherzog die Abteilung für Plakate in Augenschein. Mit der
Besichtigung der Ausstellung der Kriegskarikatur war der Rundgang zu Ende und der
Erzherzog verließ außerordentlich befriedigt von der Ausstellung das Haus.
41
Während des Rundganges wurden Seiner k. und k. Hoheit vorgestellt der Direktor
des Kriegsarchivs Generalmajor Ritter von Hoen, Frau Feldmarschalleumant von Hoff-
mann, kaiserlicher Rat Krampolek, Hauptmann Elmer, Maler Professor Viktor Schufmsky,
der Präsident der Generaldirektion der Schulbücherverläge Dr. Heinz, der Direktor der
Hof- und Staatsdruckerei Hofrat Dr. Ernest Ganglbauer, Sektionsrat Dr. Emil Edler
von Horrak, kaiserlicher Rat Weiner, der Leiter des Kriegsfürsorgeamtes des Kriegs-
ministeriums Feldmarschalleutnant Löbl von Tauernstorß" und der Präsident der öster-
reichischen Exlibris-Gesellschaft Regierungsrat Ritter von Hoeffken.
UDOLF VON EITELBERGERS HUNDERTSTER GEBURTSTAG.
Am 14; April waren hundert Jahre veriiossen, seit Rudolf von Eitelberger, der
Begründer des Österreichischen Museums und seiner Kunstgewerbeschule wie auch des
kunstwissenschaftlichen Studiums an den österreichischen Hochschulen, zu Olmütz als
Sohn eines Offiziers geboren wurde. Nachdem er in seiner Vaterstadt das Gymnasium
absolviert hatte, besuchte er durch vier Jahre die juridische Fakultät und wendete sich
dann der Philologie und der Philosophie zu. Als Philologe wurde Eitelberger zunächst
Assistent des Professors Ficker. Im regen Verkehr mit Kunstfreunden und Sammlern in
Wien erschloß sich ihm dann sein eigentlicher Lebensberuf als Kunstgelehrter. Sein erster
kunsttheoretischer Aufsatz erschien 1844 in dem Kunstblatte von Ludwig August Frankls
Sonntags-Blättern" und behandelte das Studium der Antike. Eitelberger strebte damals
eine Dozentur für Kunstgeschichte an der Wiener Universität an, trat daselbst 1847 zum
erstenmal als Dozent auf und wurde 1852 zum außerordentlichen Professor der Kunst-
geschichte als der erste dieses Faches in Österreich ernannt. Inzwischen hatte er auch
schon an der Akademie der bildenden Künste kunsthistorische Vorträge gehalten und
Studienreisen nach Italien, Frankreich und England unternommen. Im September 1848
trat Eitelberger in die Redaktion des politischen Teiles der Wiener Zeitung" ein,
beschränkte sich aber schon nach kaum vier Monaten auf die Leitung des literarischen
Teiles derselben. Nach seiner Rückkehr von der Londoner Weltausstellung im Jahre x86
schritt Eitelberger über Auftrag des damaligen Ministerpräsidenten Erzherzogs Rainer an
die Schöpfung seines großen Lebenswerkes, die Gründung des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie, das mit dern kaiserlichen Handschreiben vom 7. März 1863 ins
Leben gerufen und bereits am 12. Mai 1864 in den Räumen des ehemaligen Ballhauses
auf dem Ballplatze eröffnet wurde. 1867 folgte dann die Gründung der Kunstgewerbeschule
und weiterhin die SchaEung und der allmähliche Ausbau des kunstgewerblichen Fach-
schulwesens. Eitelberger war auch Präsident der Fachschulkommission und Beirat für
Kunstangelegenheiten im Ministerium für Kultus und Unterricht. In diesen Stellungen hat
er auf das gesamte Kunstleben Österreichs Jahrzehnte hindurch maßgebendsten und segens-
reichsten Einiluß genommen. Auch die Reorganisaüon der Akademie der bildenden Künste
war im wesentlichen sein Werk und die Berufung einer Reihe der bedeutendsten Künstler
164
und Kunstgelehrten war auf seine Vorschläge hin erfolgt. x884 wurde Eitelberger durch
kaiserliches Handschreiben vom g. Jänner in das Herrenhaus des Reichsrates berufen, die
Gemeinde Wien ernannte ihn zu ihrem Ehrenbürger. Im Frühjahre x885 begannen seine
Kräfte rasch zu schwinden und am 18. April verschied er nach kurzem Krankenlager.
Die Stadt Wien widmete ihm ein Ehrengrab und an der Stätte seines langjährigen Wirkens,
im Österreichischen Museum, wurde ihm ein Denkmal errichtet. Auch an seinem Geburts-
hause in Olmütz wurde eine Gedenktafel mit seinem Bildnis angebracht. Das k. k. Öster-
reichische Museum hat dieses Haus sowie Eitelbergers Ehrengrab und sein Denkmal im
alten Museumsgebäude am Stubenring am x4. April mit Kränzen geschmückt.
BESUCH DES MÜSEÜMS. Die Sammlungen und Ausstellungen des Museums
wurden in den Monaten Februar und März von 2.978 Personen, die Bibliothek von
86a Personen besucht.
UNSTGEVVERBESCHULE. Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit
Allerhöchster Entschließung vom 16. April d. J. den Professoren der Kunstgewerhe-
schule Regierungsrat Josef HoHmann und Otto Prutscher das Kriegskreuz für Zivilverdienste
zweiter Klasse allergnädigst zu verleihen geruht.
LITERATUR DES KUNSTGEWERBES Sh
I.TECHNIK UND ALLGEMEINES.
ÄSTI-IETIK. KUNSTGEWERB-
LICHER UNTERRICHT a0
CORWEGH, R. Dekorative Raumgestaltung. Innen-
Dekoration, Dez.
GERSTENBERG, K. HoHnung auf die deutsche Kunst.
Deutsche Kunst und Dekoration, Dez.
HASAK. Der siebenarmige Leuchter und die anderen
Tempelgeräte. Wiener Bauindustrie-Zeitung,
März.
JAKOB, G. Die Kunst im Dienste der Kirche. 5. verh.
Aufl. XX, 535 S. Gr.8". Titelbild u. zu Taf. Regens-
burg, J. Hahbel. M. 1.50.
JAUMANN, A. Die Bühne des häuslichen Lebens.
Deutsche Kunst und Dekoration, Febr.
JESSEN, P. Die Kunstschätze Japans Reisestudien.
Kunstgewerhebl. März.
KLIMBURG, Rud. Freih. v. Hilfsaktion für Kriegs-
invalide. Zentralbl. für das gewerbl. Unterrichts-
wes. in Österreich, XXXIV, 3.
LEHRS, M. Blumen und Ranken. Dekorative Kunst,
Febr.
LEISCHING, Jul. Die Entfaltung der Künste im Zeit-
alter Franz Josephs l. Mitteil. des Erzherzog-
Rainer-Mus. in Brilnn, 1917, 1.
LÜTHGEN, E. o. Malerei und Plastik in der cölnischen
Kunst des 14. Jahrhunderts. Monatshefte für
Kunstwisa, Dez.
ROLLER, L. Mitwirkung gewerblicher Zentrallehr-
anstalten bei der Fliichtlingsbeschältigung. Zen-
tralbl. für das gewerbl. Unterrichtswes. in Öster-
reich, XXXIV, 3.
SCHERG, J. Christbaum und Weihnachtskrippe. Die
christl. Kunst, Febr.
WURZINGER, F. Iglauer Kunsthandwerker. Mitteil.
des Erzherzog-Rainer-Mus, 8.
II. ARCHITEKTUR. SKULPTUR.
BARTNING, 0. Säule und Pfeiler. Kunst und Künstler,
Febr.
Zur Baugeschichte der Walhalla. Die Plastik, 1916, 1a.
E. A. S. Muschelverzierung in der romanischen Plastik.
Anz. für Schweizer. Altertumskunde, 1916, 4.
EDSCHMID, K. Zu den Arbeiten von Fritz Huf.
Deutsche Kunst und Dekoration, Dez.
EISLER, M. Franz Barwig. Dekorative Kunst, März.
Otto Prutschers Villa in Jägemdorf. Dekorative
Kunst, März.
FRANKL, P. Sustris und die Münchner Michaels-
kirche. Münchner Jahrb. der hild. Kunst, 1-2.
FRANZ, W. Peter Behrens als Ingenieur-Architekt.
Dekorative Kunst, Fehr.
G. J. W. Zu den Friedhöfen von Hermann Haas-
Mllnchen. Dekorative Kunst, Jän.
GUT, A. Neue Charlottenburger Bauten von Heinrich
Seeling. Berliner Architekturwelt, XIX. 6.
HABERFELD, H. Ein Damenzimmer von Richard
Teschner. Dekorative Kunst, Jän.
HARTLAUB, F. G. Beiträge zu Francesco di Giorgio.
Zeitschr. hild. Kunst, Jän.
HEILMEYER, A. Eisenplastik. Die Plastik, 1917, a.
HOEBER, F. Peter Behrens Gartenstadt Lichtenberg
bei Berlin. KunstgewerhebL, März.
HOLEY, K. Kaiser Franz Joseph I. und die Baukunst.
Mitteil. der Zentralvereinigung der Architekten,
1.
HOLIK, K. Die Instandsetzung der Karlskirche inWien.
Allgem. Bnuzeitung, 1917, 1.
KLEIN. T. Walhalla. Die Plastik, 1916, 10.
KOLLER, L. Die Stiftskirche in St. Florian. Mitteil.
der k. k. Zentralkornm. für Denkmalpflege, III. Folge,
XV, 5-6.
MACKOWSKY, H. Heinrich Gentz, ein Berliner Bau-
meister uni 180a. Zeitschr. für hild. Kunst, Dez.
Alle für Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen sind an die Redaktion dieser Monatsschrifü
Wien, Stuhenring zu richten. Für die Redaktion verantwortlich Franz Ritter.
K.u.K. PHOTOCHEMIGR.
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JOSEF FÜHRICH
VON DR. MORIZ DREGER. I-IERAUSGEGEBEN
VOM K. K. MINISTERIUM FUR KULTUS UND
UNTERRICHT
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Textband. 4". 17 Bogen mit 45 Illustrationen in Lichtdruck
und Zinkätzung, davon farbig. Tafelband im Formate
4536 Zentimeter, mit 60 Tafeln in Lichtdruck und Heliogra-
viire. Einmalige Ausgabe in SOO Exemplaren und 65 un-
verkäuflichen Dedikationsexemplaren. Subskriptionspreis
für beide Teile gebunden in Original-Halbleinenband 96.
Die Erhöhung des Preises wird vorbehalten.
Dieses Werk erschien als dritte Veröffentlichung in einer vom
k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht herausgegebenen
Serie von Werken, die das Schaffen hervorragender österrei-
chischer Künstler in musterhaften Wiedergaben und in monu-
mentaler Weise zur Anschauung bringen sollen. Der Verfasser,
Regierungsrat Vizedirektor Dr. Dreger, Dozent an der Wiener
Universität und an der Akademie der bildenden Künste in
Wien, hat sich seit langem mit Führich beschäftigt und konnte
bisnun ganz unbekannte Quellen benützen. Der Tafelband
enthält fast durchaus Werke, die bisher niemals oder nicht
unmittelbar nach den Originalen wiedergegeben worden sind.
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JOSEF FUHRICHS WER
nebst dokumentarischen Beiträ en und Bibliographie, gesammelt von
HEINRICH VON WOERISEDLE unter Mitwirkun von ERICH
STROHMER. Herausgegeben vom k. k. Ministerium mir Kultus und
Unterricht mit Abbildungen. Preis broschiert 15, in Original-
Leinenband 1660. Dieser Oeuvre-Katalog" bildet die Ergänzung
zu der oben angezeigten großen Monographie. Beide Werke sind zu
beziehen durch alle Buch- und Kunsthandlungen sowie durch den Verlag.
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DIE WIENER PORZELLAN-
SAMMLUNG KARL MAYER
KATALOG UND HISTORISCHE
EINLEITUNG VON j. FOLNESICS
ERSTER VIZEDIREKTOR DES K. K. ÖSTERREICHISCHEN
MUSEUMS FÜR KUNST UND INDUSTRIE
Die umfassende Bedeutung dieser Sammlung ließ es berechtigt erscheinen, dem
eigentlichen Katalog eine historische Einleitung vorangehen zu lassen, die in großen
Zügen an der Hand der vorhandenen Objekte ein Bild der geschichtlichen Entwicklung
der Wiener Porzellanfabrik vor Augen führt und die Bedeutung der einzelnen besonders
hervorragenden Objek-
te klarlegt. Sie stammt
aus der Feder des Mit-
arbeiters an der 1907
erschienenen bereits
vergriffenen umfang-
reichen Geschichte der
Wiener Porzellanma-
nufaktur, des ersten
Vizedirektors am k. k.
Österreichischen Mu-
seum, Regierungsrates
JOSEF FOLNESICS,
und ist mit 86 Tafeln
versehen, die uns 220
der erlesensten oder ge-
schichtlich bedeutend-
sten Stücke der Samm-
lung vorführen. Davon
sind 20 Tafeln teils in
Earbenlichtdruck, teils
in farbigen Autotypien
von j. LOWY ausge-
führt, welche die cha-
rakteristische Farben-
wirkung der Originale
mit bisher kaum er-
reichter Treue veran-
schaulichen.
Das Werk er-
scheint im Eormat die-
ses Prospektes in ei-
ner auf 350 Exempla-
re limitierten Auflage,
von welcher 300 Exem-
plare mit den Num-
mern bis 300 in den
Handel gelangen.
Der in Leder ge-
bundene Band enthält
etwa 20 Druckbogen
Text auf Büttenpapier
und 86 Volltafeln, davon 10 Farbenlichtdrucke, 10 farbige Autotypien und 66 einfarbige
Lichtdrucktafeln. DER SUBSKRIPTIONSPREIS FUR EIN GEBUNDENES
EXEMPLAR BETRAGT 100'- M. 85'-. DIE ERHOHUNG DES LADEN-
PREISES NACH ERSCHEINEN DES WERKES IST VORBEHALTEN.
Subskriptionen werden von allen Kunst- und Buchhandlungen entgegengenommen
sowie vom Verlag
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Alle für Kunst und Kunsthandwerk" belümmten Sendungen sind an die Redaktion dieser Monatsschrift, Wien, Smbenring
zu richten. Für die Redaktion verantwonüch Franz Ritter.
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