Es ist dies übrigens ein überraschendes Zeichen historischen Sinnes bei einem Fabriksunternehmen älterer Zeit. Leitner fährt über seine geschichtliche Untersuchung fort: „Sie ist die Frucht [von] des Unterzeichneten mühesamer Nachforschung der alten aus Winkeln und Staube gesammelten halb vermorschten Schriften, und des damaligen Vorhabens, eine hauptsächlich für die Handlungsgeschäfte gewiedmete Registratur anzulegen, . . ." Es ist selbstverständlich, daß Leitner manches Schriftstück und vor allem manche mündliche Überlieferung zugänglich waren, die uns heute fehlen; anderseits können wir auch feststellen, das ihm wenigstens eine Urkunde aus eigener Anschauung nicht bekannt war, die auch bis heute nicht veröffentlicht, gerade zu den wichtigsten der ganzen Geschichte des Unternehmens gehört, nämlich das ursprüngliche, von Kaiser Leopold I. dem Gründer der Linzer Fabrik, Christian Sind, verliehene Privilegium, also die eigentliche Stiftungsurkunde des ganzen Unternehmens und die Grundlage der ganzen weiteren Entwicklung. Diese Urkunde scheint nämlich sehr lange Zeit in Verstoß gewesen zu sein und wurde erst zu Ende des Jahres 1811 bei einer Neuordnung der Akten des Zahlamtes der niederösterreichischen Regierung wieder auf- gefunden und an das Hofkammerarchiv zurückgesendet." Erst aus dieser Urkunde selbst erfahren wir, wie Christian Sind über- haupt auf den Gedanken gekommen ist, ein solches Unternehmen in Linz zu begründen. Wir hören nämlich, daß der „Burger und Handelsmann" zu Linz, Christian Sindt, den oberösterreichischen Landständen „gehor- samblich beygebracht, wie das iungsthin ein frembder kunstlicher Zeug- macher, vnd Schönfärber, welcher nicht allein allerhand wullene Gezeug- werck verförttigen: sondern auch dieselbe auf hol- vnd engellendische Manier färben, und pressen könte, dahin nacher Linz kommen, sich bis anhero, auf sein [Sindts] ersuechen, bey ihme aufgehalten . . . vnd . . . alda im land zuuerbleiben erclärt". Dieser Fremde habe auf Kosten Sindts mehrere Stücke „Catis" hergestellt, und es sei nicht zu zweifeln, daß seine Erzeug- nisse nach Beschaffung einer richtigen großen Presse den französischen in Güte, Breite, Farbe und Sauberkeit nichts nachgeben werden. Sindt habe daher beschlossen, auf eigene Kosten „eine solche Zeug: oder Cuiis fabricam" zu errichten. Die Landstände bitten deshalb den Kaiser um ein ' Privileg für ihn, daß er in der Vorstadt zu Linz eine Fabrik für „gueten gerechten Cadis, vnd andere geringe ganz wullene Zeug" samt Färberei errichten und ungehindert betreiben sowie die Waren stückweise im offenen Gewölbe vertreiben dürfe, wobei jedoch die Kaufleute nicht zum Verkauf seiner Ware gezwungen sein sollten. Die Erlaubnis zum Betriebe einer solchen Fabrik in Oberösterreich möge aber mit Rücksicht auf die hohen Gründungskosten durch dreißig Jahre ausschließlich Sindt und seinen leib- lichen Nachkommen vorbehalten bleiben. 4 Nr. 145 vom jänner 1812.