128 zur Herstellung der Raumesvorstel- lung werden möglichst gemieden. Der Künstler begnügt sich in gewollter Primitivität mit zwei Flächen, einer vorderen, aus der die Köpfe und Hände vollplastisch hervorspringen, und einer hinteren, in der die Land- schaften und weitere ganz schwach erhabene Figuren in kleinerem Maß- stab eingeritzt sind. Es ist eine Mi- schung von altertümlich strengem und freiem Reliefstil. Im einzelnen ist vieles vorzüglich: die strenge Klarheit der Bewegungsmotive wie der Ge- wandbehandlung, die vielen charakter- vollen Greisenköpfe, die sprechenden Hände, die Zierlichkeit des 0mamen- talen. Was uns in der Annahme be- stärkt, daß diese Reliefs von Gerhards Hand modelliert sein müssen, ist ihre nahe Verwandtschaft mit der Auf- erweckung des Lazarus vom Grabmal des Dr. Meermann in der Frauen- kirche (Abb. 15), die stets für ein Werk Gerhards gegolten hatfk Die stilistische Übereinstimmung ist so groß, daß ein und derselbe Autor an- genommen werden muß. Stellt sich doch das Meerrnann-Epitaph als eine Umarbeitung der Auferweckung des Lazarus in der Michaelskirche dar. Abb. 2o. Hubert Gerhard. Engel in der Michaelskirche _ __ _ _ _ 1., München D16 samtlrchen sieben Figuren des Vordergrundes finden sich mit ge- ringen Abweichungen in der Frauenkirche wieder. Weggelassen sind nur die zwei Apostel zur Rechten, während die anmutige Gestalt der neben Lazarus knienden Schwester hinzugefügt ist; auch der Hintergrund ist i" Schon bei Lipowski, "Bayrisches Künstlerlexikon", 18m, Seite 69, MarggralT. „München und seine Bauten", 1845, Seite x75 und Sighart, „Geschichte der bildenden Künste in Bayern", München 186:, Band II. Seite 698. Vgl. Anton Mayer, „Die Domkircbe in München", 1568, Seite 25g. Das Grabmonument des Dr. Thomas Meerrnann von Schönberg aus rotem Marmor, dessen Schmuck dieses angeblich mit zooo Gulden bezahlte Relief bildete, stand früher in der nahen Salvatorkirche, wo es noch Rittershausen, „Merkwürdigkeiten der Residenzstadt München", 1788, Seite x34, erwähnt. Da das Relief in der Georgskapelle der Frauenkirche in der Nähe einer Grabinschrift aus dem Iabre x72! eingemauert wurden ist, sind die „Kunstdenkmale des König- reichs Bayem" (Regierungsbezirk Oberbayern, 2. Teil, 1902, Seite 981) auf den Irrtum verfallen, dasselbe für eine "trefflich komponierte und technisch vollendete, aber etwas leere Arbeit des XVlIl. Jahrhunderts" zu erklären; ebenso Dehio, „Handbuch der Kunstdenkmäler", III, Seite 298. - Die Maße sind: Höhe gx, Breite x21 Zenti- meter. Das Relief ist also fast ebenso breit und nur wenig höher als die der Michaelskirche.