Feingehalt entsprachen. Die Sache wurde untersucht und gefunden, daß der „ProbzeichenmeisteW J. B. Rungaldier des Probierens „zum Teil un- kundig", 70 Jahre alt und „unbemittelt" war; „das Vorsteheramt gab ihm einen Teil seines Einkommens". Das Gubernium erteilte hierauf nach ein- gehenden Verhandlungen am 30. Oktober 1793 dem Grazer Magistrat den Auftrag, den Rungaldier, weil er seine Pliicht nicht ordentlich erfüllt und unprobhältige Silberarbeiten gezeichnet habe, des Vorsteheramtes sogleich zu entsetzen und einen anderen einsichtigen, wohlerfahrenen und „bemittelten" Zeichenmeister vom Mittel wählen zu lassen. Wir finden Rungaldier noch bis 1806 im Meisterbuche, wonach wir nichts mehr von ihm hören. Daß die Familie Rungaldier aus Südtirol stammt, sagt nicht nur der Name, sondern auch eine Eintragung in den Ehematriken der Grazer Domkirche vom Jahre 1830. Es heiratete damals ein Josef Rungaldier aus Tirol, „zu St. Paul in Eppan gebürtig", Sohn des Josef Rungaldier, eines Realitätenbesitzers. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß die Gegen- stände, die mit dem Meisterzeichen J-. P. R. bezeichnet sind, aus der Werk- stätte des Johann Baptist Rungaldier stammen, weil es um diese Zeit keinen anderen Grazer Goldschmied gab, dessen Name mit den gleichen Buchstaben anfing. Es sind dies drei Kelche, eine Uhrdose und ein Salzfaß. Der schöne, aus dem Jahre 1772 stammende Kelch in Lebring bei I-Iartberg hat einen geschweiften Fuß, der ebenso wie der Korb mit getriebenen Ähren, Trauben und Blumenzweigen geziert ist. Der sehr elegante Kelch in Vorau aus dem Jahre 1768 hat am gezackten Fuß und am Korb getriebene Traubenomamente, ist mit Brillanten und Rubinen reich besetzt und von sorgfältigster Ausführung. Das silberne gegossene Salzfaß aus dem Jahre 1794 in der Abtei Rein (Abb. 18) hat eine runde, zylindrische Gestalt, eine innen vergoldete Salz- schale, ist am oberen und unteren Rande mit einem Warzenkranz begrenzt und steht auf drei zierlichen Rokokofüßen. Als schlichte Verzierung der glatten Seitenfiächen sind zwei Paar im Granulierstich eingravierte wag- rechte Linien angebracht. Um den Zusammenhang der Familie Rungaldier nicht zu verlieren, wollen wir gleich zu Johann Georg Rungaldier, dem Sohn des eben besprochenen Meisters, übergehen. Er wurde am 29. Juni 177g in die Innung aufge- nommen und hatte sein Geschäft in der Schmidgasse 300 oder 308. In den Innungsbüchern finden wir ihn bis zum Jahre 1812 eingetragen. Er schrieb sich Georg Rungaldier, weshalb sein Meisterzeichen nur die zwei Buch- staben G. R. enthält. Wir haben von ihm eine silberne Fahnenstangen- Bekrönungsiigurengruppe der Grazer Lebzelterinnung im Grazer Rathause aufbewahrt (Abb. 19). Sie ist 61 Zentimeter hoch und 12 Mark 9 Lot schwer. Die Fahne ist aus resedagrünem Seidenbrokat mit vergoldeten Silberfransen und enthält zwei vom bürgerlichen Maler Bebler hergestellte Olgemälde, Johannes den Täufer mit dem heiligen Ambrosius und die heilige Dreifaltigkeit darstellend. Die im Jahre 1778 erzeugte silberne Gruppe ist ein vortreffliches Werk der Silberschmiedekunst und stellt Mariä Empfängnis