I3 KARL BITTER' S0- VON HANS KESTRANEK 50- OLCI-IE Verschwendung mit seinen geistigen Kräften treibt kein Land wie Österreich, keines läßt so leicht seine besten Menschen ins Ausland ziehen und achtet kaum, wenn sie draußen Großes wir- ken; wäre es anders, es würde sie besser halten, pflegen und - nutzen. Wenige werden unter diesen Auswanderern sein, die in der Fremde sich einen so geachteten Namen erwarben wie der Bildhauer Karl Bitter. Mehr als zwei Jahrzehnte stand er an der Spitze des Kunstlebens der Vereinigten Staaten von Nordamerika, nicht so sehr von Mode oder Gunst der Menge getragen, als von den eigenen Kunstgenossen auf den Schild erhoben. Was mehr ist als dies: Amerikanisches Wesen und amerikanische Ideale schienen in ihm, dem Österreicher, dermaßen verkörpert, daß er eine nationale Gestalt genannt werden konnte; als solche wurde er, den ein jähes Geschick, ein trauriger Unglücksfall vorzeitig hingerafft hatte, bei seinem Tode betrauert und dankbar gefeiert. Er war ein lebendes Beispiel für das alte Wort, daß einer mehr das ist, was er liebt, als was er ist. Er liebte Amerika, und so war er durchaus Amerikaner, gerade weil er aus unserem besten, dem der Liebe fähigsten, Stoffe gebildet war. Karl Bitter war nach Geburt, Erziehung und Wesen Österreicher, nicht dem Blute nach. Sein Vater, aus dem Kaufmannstande, war in jungen Jahren aus Baden nach Österreich eingewandert und hatte sich in Wien niedergelassen. Künstlerisch war die Luft im Eltemhause nicht. Es gab da wohl einige gute Bildnisse der Voreltem, sogar eine klassisch gehaltene Büste des Großvaters, und ein und das andere überkommene Möbelstück, als bescheidene Zeichen ehemaligen Kunstsinnes in der Familie, gleichsam Grüße aus der Biederrneierzeit. Jene Zeit war aber den Eltern Bitters eine ferne, fremde geworden, zudem war früherer Wohlstand einer einfach bürgerlichen Lebenshaltung gewichen. Hatten sie aber auch nicht den alten süßen Kern, so barg ihre harte Schale einen anderen, ebenso köstlichen, aus dem alles Liebenswürdige, ja Geniale immer wieder hervorbrechen konnte: eine unverwüstliche Rechtschaifenheit. Jung Bitter wurde es jedoch nicht leicht, sie zu durchbrechen. Mochte aber selbst der Mann sich nicht gern mehr der frühen Kämpfe im elterlichen Hause erinnern, so war die Kraftanspannung, welche nötig war, die häuslichen Schranken seiner früh und elementar gefühlten Bestimmung zu öffnen, doch geeignet, seinen ersten Schritten in der selbstgewählten Laufbahn Entschiedenheit und Schwung zu geben. Kaum vierzehnjährig, ein halbes Kind, brach er mit dem Gymna- " Geboren Wien 6. Dezember 1867, gestorben New-York xo. April 1915. - Da infolge des Krieges das Illustrationsmaterial aus Amerika nicht früher erhältlich war, kann dieser Aufsatz erst jetzt erscheinen. xx