Figur kehrt den Folgenden den Rücken zu, bildet also kompositionell den klaren Abschluß der Gruppe. Nun empfindet man die erste Figur dieser Gruppe, zugleich die erste des West- und überhaupt des ganzen Cellafrieses, als wunderbar für diesen Ort- und Zeitpunkt durchgebildet: der Jüngling scheint sich, indem er den Mantel auf dem erhoben ausgestreckten linken Arm zurecht legt, noch zu dehnen, zu recken, wie um die letzten Reste des Schlafes aus seinem Körper zu verdrängen - Morgenstimmung! Dann die beiden ruhig stehenden Pferde; sie entsprechen den beiden auch nahezu ruhig dargestellten am Ende dieser Gruppe. Und nun in der Mitte der fast streng symmetrischen Komposition die beiden sich bäumenden Tiere! Welcher formal kunstreiche, prachtvoll wirkende Kontrast! Nur angesichts der Originale mit ihrer ursprünglichen Bemalung, mit allen Metallzusätzen konnte einstmals diese kraftvolle Schöpfung recht gewürdigt werden: der Künstler wollte hier sichtlich Bedeutsames so klar als möglich in seiner Sprache stumm zum Ausdruck bringen; nicht nur formalen Kontrast, nicht nur inhaltlich Neues, indem er die Unruhe zeigt, die vielleicht beim Versuch des Besteigens der Pferde entstanden war; er wollte vielleicht auch in dem einzigen, entgegen der Richtung des ganzen Frieses sich aufbäumenden, un- bändigen Pferde mehr sagen -, worauf noch zurückgekommen werden wird. Man hat auch gemeint," daß durch diese markante Pferdel-igur die Richtung des Cellafrieses an der Südseite, von links nach rechts, angedeutet werden solle; das scheint mir nicht zuzutreffen, wie sich sofort ergeben wird, wenn wir etwas länger bei dieser interessanten Pferdegruppe allein verweilen. Auch Michaelis bespricht 1871 die einzelnen „Platten" des Westfrieses noch entgegen dem Sinne der Komposition von Norden nach Süden, von links nach rechts fortschreitend?" dadurch wurde auch er genötigt, dem Gedankengang widersprechende Wendungen zu gebrauchen, wie bei „III" „hier stocken die Zurüstungen", bei „XII" „mit Platte XII beginnen Szenen der Vorbereitung, welche durch keine fertig gerüsteten Reiter mehr unter- brochen werden", und gar - wirklich auch „contraire a l'ordre logique" k bei „XV" „hier beginnt der Stillstand!" So gelangt er, entgegen dem Wollen des schaffenden Künstlers von Norden her zu dem sich bäumenden, unbän- digen Pferd, und konnte schreiben: „die ganze Platte ist nicht nur für die Verbindung der Gruppen dieser Friesseite interessant, sondern auch deshalb bedeutsam, weil hier die erste Andeutung jener rechtsläufigen Bewegung auftritt, welche sich im ganzen Südfries fortsetzt." Gewiß, die Figur dieses Pferdes ist „bedeutsam": sie bildet mit dem sich ebenfalls bäumenden vierten Pferd eine streng symmetrische, geradezu wappenartig komponierte Gruppe, die sich trefflich für die Mitte dieser ersten neun Figuren eignete - sich trefflich für die Mitte des ganzen Westfrieses geeignet hätte, wenn dergleichen im Plane des großen Künstlers gelegen gewesen wäre. Wie leicht wäre es gewesen, von einer solchen Mittelgruppe aus, die nördliche Hälfte des West- )" „Der Panhenon", Seite 232. 1" „Der Panhenon", Seitezzg H.