JAHRESBERICHT des k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie für 1892.' Das Jahr 189a, in welchem Se. Majestät der Kaiser das Oesterr. Museum viermal mit Seinem Besuche beehrte, ist in mehrfacher Weise für die Verfolgung seiner Ziele ein erfolgreiches gewesen. Da die neuen Aufstellungen der Sammlungen, die zahlreichen Reparaturen an Fußboden, Wanden und Plafonds vollendet waren, konnte' sich das Bestreben, zu erhalten und zu bessern, der Außenseite des Museumsgebludes zuwenden. Das vor einigen Jahren erst reparirte und neu gefsßte Mosaikgemllde an der Außen- seite des Verbindungsbaues hat sich nunmehr trotz der harten Winter als wetterbestandig erwiesen, und so ist die Wiederherstellung und neue Befestigung, welche wir A. Neu- hauser in Innsbruck verdanken, als gelungen zu betrachten. Dagegen ist der Verfall der Sgraffitendecoration nur vorgeschritten. Leider rückte die Herstellung der neuen Zeichnungen, da die Originalzeichnungen Laufbergers nicht- mehr aufzufinden waren, zu langsam. vor, um die Arbeit der Restauration oder vielmehr der Erneuerung noch im Laufe des Sommers oder Herbstes beginnen zu können. Um sie in einem Zuge vollenden zu können, wurde sie daher bis auf den Frühling 1893 aufgeschoben, in welchem sie früh beginnen soll. Der Ausfall der Weihnachtsausstellung, welcher aus Besorgniss hinllnglichen. künstlerischen Materials auch im Jahre x89: stattfinden musste, hat wiederum auf die Zahl der Besucher schädigend eingewirkt. Keine andere Ausstellung kann das ersetzen. Dagegen haben die Specialausstellungen mindestens einen künstlerischen Erfolg zu ver- zeichnen. Die erste dieser Specialausstellungen des Jahres 1892, welche noch im Januar eröffnet wurde, galt in der Meinung vieler Besucher als die interessanteste, welche die Direction des Museums jemals dem Publicuvn vorgeführt hatte. Den Gegenstand bildeten die sogenannten farbigen Kupferstiche, d. n. Stiche oder Radirungen, deren natürliche oder conventionelle Colorirung durch den Druck selber hergestellt wird, nicht durch nachtrlglichen Auftrag der Farbe m_it Hand und Pinsel auf das Papier. Diese Gegenstlnde eines einst blühenden und dann lange vernachlässigten Kunatzweiges sind seit einigen Jahren wiederum gesuchte Liebhaberei der Kunstfreunde und der vornehmen insbesondere geworden. Eine Ausstellung derselben durfte daher dem Interesse des kunstgebtldeten Publicums begegnen und sie hat den Beifall desselben in hohem Maße gefunden. Da die großen Sammiungen, wie die Kupferstichsatnmlung der kaiserl. Hof-Bibliothek, der Albertina, des Fürsten von O e t t i n g e n , ganz besonders aber diejenige des Fürsten L i ec h te n - stein, sowie die Blltter vjeler einzelner Sammler bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurden, so konnte eine Ausstellung xu Stande kommen, welche sich über alle verfüg- bnren Raume des oberen Stockwerke: erstreckte und 595 Blltter umfasste, mehr als jemals in einer Sammlung vereinigt waren oder noch vereinigt sind. Ein genau, mit allen nothigen Hinweisen gearbeiteter und mit einer historischen, technischen und künstlerischen Einleitung versehener Katalog erwies sich als willkommener, allseitig belehrender Begleiter, der seinen Wetth noch heute für den Kupferstichsammler behauptet. Aber der Erfolg beschrankte sich nicht blos auf den Beifall der Besucher. Das Interesse, das sie erweckte, hat auch dahin geführt, den vernachlassigten Kunatzweig bei- uns _in Oesterreich, und hoßentlich nachhaltig, wieder zu versuchen. Den Beweis liefert des reizende, bei Artaria erschienene Portrat der Kronprinzessin-Witwe Stephanie, sowie ein Prachtwerk, welches gegenwlrtig in der Kunstgewerbeschule des Museums gearbeitet wird und zum zgiahrigen Jubiläum derselben im October des Jahres tB93 in erster Lieferung erscheinen wird. l