JAHRESBERICHT k. k. Oesterr. Museums für Kunst und Industrie für 1893. Verschiedene äußere wie innere Ereignisse verliehen der Geschichte des Oester- reichischen Museums im Jahre 1893 ein mehr als gewöhnliches Interesse. Das erste dieser Ereignisse war die Versammlung der Philologen und Schulmänner, welche zur Pl-ingstzeit in Wien tagte. Obwohl diese Versammlung, welche die Wissenschaft vereinigte, nicht unmittelbar das Interesse des Museums und seine praktischen Zwecke berührte, so bildete doch die Archäologie, die antike Kunst ein Bindeglied zwischen Versammlung und Museum. Die Direction folgte daher gerne der Aufforderung von Seiten des leitenden Comites, für diese Gelegenheit eine archäologische Anstellung zu veranstalten, welche nach Thunlichkeit alles das vereinigte, was etwa im ganzen Oesterreich (mit Ausschluss des k. Hofmuseums) an antiker Kunstund antiker Kunstindustrie sich vorfande. Die Archäologen der Versammlung sollten auf diese Weise in einer Anstalt vereinigt finden, dessen Studium sonst vielfach Reisen und Mühen erfordert hatten. Es bildete sich ein kleines Comite am Sitze des Museums, desseu Aufruf aller- seits mit Wohlwollen und Zustimmung aufgenommen wurde, sodass in der That eine Collection ebenso zahlreich als sachlich interessant zusammenltam, der zu dem Namen und Bedeutung eines Antikeumuseums nichts fehlte als die Dauer. Ein vorn Custos- Adjuncten Dr. Masner verfasster, durchaus sachlich und wissenschaftlich gehaltener Katalog begleitete die Ausstellung, welche vom 2.0. Mai bis Mitte September dauerte. Zahlreiche photographische Aufnahmen, welche gemacht wurden, sichern der flüchtigen Ausstellung einen dauernden Werth und haben den Anstoß gegeben zu einem großeren Werke, das über die Antike in Oesterreich unter Leitung Dr. Masner's in Aussicht steht. Vergessen wollen wir aber nicht, dass unsere archäologische Ausstellung auch in zahl- reichen Gegenständen eine Uebersicht über die verschiedenen Ausgrabungen und Fund- stücke in Oesterreich darbot, einer Arbeit, welcher sich Dr. Moriz Hornes von der ethnographischen Abtheilung der k. k. Hofmuseen bereitwilligst und dankenswerth unter- zogen hatte. , Bedeutungsvoller noch und so zu sagen von intimster musealer Natur waren zwei Festtage, welche in den Herhst des Jahres x89} fielen. Der eine war der 25. Jahrestag der Gründung der Knnstgewerbeschule, der andere desgleichen der zehnte des Wiener Kunstgewerbevereines. Der erstere gestaltete sich mit umso großerem Rechte zu einer Feier des ganzen Museums, seiner Angehörigen und seiner Freunde, als der 25. Jahrestag der Gründung des Museums selber wegen des Zusammentrefens mit unglückseligen Zeit- ereignissen hatte still vorübergehen müssen. Der Jubeltag der Schule war begleitet mit einer Ausstellung ihrer Leistungen, welche durch Seine kais. Hoheit Erzherzog Rainer als Protector des Museums in Gegenwart vieler geladener Gsste feierlich eröffnet wurde, davon die nMittheilungen des Oesterreichischen Museumsa ausführlichen Bericht gebracht haben. Mit vollem Rechte nahm auch der Wiener Kunstgewerbeverein an dieser Fest- feier der Schule den innigsten Antheil, ist doch seine Verbindung mit Museum und Schule geistig, räumlich, künstlerisch wie praktisch eine so enge, dass sie, eines das andere fordernd, alle dem gleichen Ziele zustreben. Die Verbindung kam ferner zum Ausdruck durch die zehnte Wiederkehr der Gründung des Kunstgewerbevereins. Der Verein feierte diesen Umstand mit einer Weihnachtsausstellung, welche, unter der Leitung des Custosadiuncten Dr. Leisching, mit Aufopferung und Geschmack in Scene gesetzt und reichlich mit vorragenden Gegenständen von zahlreichen Industriellen beschickt, einen besonders gelungenenEindruck machte. l