140 treten. Dem Bestreben aber, eine; auf. der lIöhe der Wissenschafteii ste- hende Grundlage für eine populäre Literatur zu schaffen, stehen vielfache Schwierigkeiten entgegen. Es gibt insbesondere auf deutschemBoden wenige Gelehrte ersten Ranges, welche die Neigung besitzen, sichmit Aufgaben ähnlicher Art zu beschäftigen; es "gibt unter diesen wieder mu wenige, welche verstehen, sich klar und verständlich dem Laienpublicum gegenüber auszudrücken und die zugleich die nöthige Einsicht in die wissenschaft- lichen Bedürfnisse der Künstler und Kunsthandwerker haben. Es begreift sich daher, dass Werke ähnlicher Art selten sind, und dass das Erscheinen solcher Werke der Aufmerksamkeit des betreffenden Fachpublicums ganz besonders empfohlen werden muss. Das österreichische Museum ist in erster Linie berufen, dafür zu sor- gen, dass Theorie und Praxis, Wissenschaft und Kunst in möglichst nahe Berührung kommen. Auf künstlerischem und ästhetischem Gebiete wird dem Museum diese Aufgabe vielfach erleichtert. Das Ausstellen von Kunst- werken, die entweder an und für sich die Bildung des Geschmackes för- dern oder Einsicht in die Technik gewähren, verbreitet rasch und schnell eine Reihe von Kenntnissen und Kunstanschauungen in jenen Kreisen, denen früher das Betrachten der Kuntwerke schwer zugänglich gewesen ist. Die Ornamentstzichsammlung, die Bibliothek der Anstalt, die ästheti- schen und kunsthistorischen Vorlesungen, welche am Museum gehalten werden, Publicationen artistischer und literarischer Art, die vom Museum ausgehen, erleichtern diese eine Seite der Wirksamkeit des Museums. Es kömmt noch der Umstand hinzu, dass im Gebiete der Aesthetik und der Kunstgeschichte mancherlei populäre Werke bereits erschienen sind, wel- che eine sichere wissenschaftliche Basis haben. Viel schwieriger ist dieses Ziel auf jenen Gebieten zu erreichen, welche mit den Naturwissenschaften im Zusammenhang-e stehen. In der naturwissenschaftlich populären Lite- ratur gibt es sehr viele Bücher, welche dem gebildeten Publicum mit Recht empfohlen werden können, aber nur sehr wenige, welche für's Fachpubli- cum der Künstler und Kunsthandwerker berechnet, auch den Anforderungen der heutigen Wissenschaft vollkommen entsprechen. Für einzelne Gebiete fehlt es auch noch an jenen Fundamentalwerken, auf die sich eine populäre Literatur stützen kann. Dies gilt in erster Linie für Alles das, was sich auf Farbenlehre in physiologischer und physicalischer Weise bezieht. Es gereicht uns desshalb zum besonderen Vergnügen, unseren Lesern das Erscheinen eines Werkes mittheilen zu können, das für einen bestimmten Kreis naturwissenschaftlicher Forschung berufen ist, jene Mission zu er- füllen, die wir soeben in kurzen Umrissen gezeichnet haben. Es ist dies: „Die Physiologie der Farben für die Zwecke der Kunstge- werbe, auf Anregung der Direction des k. k. österr. Museums für Kunst und Industrie bearbeitet von Dr. E rnst Brücke" (Leipzig, bei S. Hirzel, 1866, 298 8".-Seiten, mit 30 in den Text gedruckten Holzschnitten).