164 die erhaltenen Gegenstände, Trinkgefasse aller Art, Reliefs, Gruppen, Ein. zeltiguren, Crucißxe u. s. w. Sie lehnte sich völlig an Rubens und seine Schüler an, ja sie scheint ganz von der hinreissenden Wirkung dieses grossen Meisters angeregt und beherrscht zu sein, so sehr ist sie von seinen und seiner Schüler Compositionen, von ihrer Behandlung der For- men, kurz von der ganzen Kunstweise dieser Schule abhängig. Zu manchen Elfenbeinschnitzwerken haben sich noch in Handzeichnungen die Original- compositionen von bekannten niederländischen Meistern erhalten. Die Hauptsitze deutscher Kleinkunst, zumal Nürnberg und Augs- burg, wetteiferten mit den Niederlanden in Elfenbeinarbeiten und zeigten sich darin von dem gleichen Kunststile beherrscht. Alle Kunstcabinette sind voll solcher höchst bewundernswürdigen Werke und besonders sind es das grüne Gewölbe in Dresden, wie die Schatzkammer in Wien, welche sich durch den Reichthum und die Schönheit ihrer Elfenheinschnitzereien auszeichnen. In letzterer befinden sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch Arbeiten des Kaisers Leopold, der an dieser edlen Kunst grosses Ver- gnügen fand. Unter den Privatsammlungen ist gewiss diejenige des Freih. A. von Rothschild in Wien gerade durch Meisterwerke des l7. Jahr- hunderts einzig in ihrer Art. Dieser kunstsinnige Sammler hat mit feinem und richtigem Gefihl hierauf einen grossen Werth gelegt. Das Nonplusultra aber der Elfenbeinschnitzerei dürfte der reg. Fürst zu Liechtenstein besitzen, eben jene Eingangs erwähnte Trinkkanne, ein Werk des Tirolers Mathias Rauchmüller vom Jahre 1676. Rauchm üller war eigentlich ein Bildhauer, der mehr im Grossen arbeitete und in dieser Weise eine Zeit lang in Wien beschäftigt war, wo er den Titel eines kaiserlichen Hofbildhauers erhielt. Später arbeitete er in Prag und Breslau, an welchen Orten noch verschiedene Statuen von ihm vorhanden sind, wahrscheinlich auch am Rhein, wo man an mehreren Orten noch Werke von ihm zeigt. Dass er auch die Bildhauerei im Kleinen mit grosser Vorliebe getrieben haben muss, zeigt die ganz ausser- ordentliche Geschicklichkeit, mit welcher das in Rede stehende Werk aus- geführt worden ist. Es enthält ringsum in einem sehr hohen Relief wild baeehantische Scenen und Kjndergruppen, wobei fliegende Gewänder und Hatternde Bänder oft frei durchbrochen gehalten sind. Man weiss nicht, was man mehr an dem Werke bewundern soll, die Virtuosität und Voll- endung der Arbeit, das Studium und die getreue Wiedergabe der mensch- lichen Körperformen, oder die Kenntniss des Reliefs, die Morbidezza des Fleisches. Freilich einen reinen oder idealen Stil darf man bei ihm nicht suchen; das Werk trägt den Naturalismus seiner Zeit zur Schau, aber die Manierirtheit, welche damals schon die religiöse Kunst auch in den Elfenbeinarbeiten angesteckt hatte, lässt es nur in Ueberladung erkennen oder in übertriebener Bewegimg, die übrigens hier bei dem gewaltsamen Gegenstande auch einigermassen gerechtfertigt erscheint. Auch in anderen