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Als das byzantinische Email auf anderen Boden verpflanzt wurde,
nahm es merkwürdiger Weise eine andere Gestaltlmg an. Es gab aber
damals noch gleichzeitig ein ähnliches Email, einen Zellenschmelz, näm-
lich in China, welches erst seit der letzten Eroberung von Peking in
Europa bekannt geworden ist. Dieses Email hat in jedem Fall ein sehr
hohes Alter und dürfte möglicher Weise gleich der Seide der byzantini-
schen Fabrication den Anstoss gegeben haben. Die Gegenstände, die nach
Europa gekommen sind, zeigen genau dieselbe Technik, nur mit dem
einzigen Unterschiede, das das Metall nicht Gold, sondern Kupfer mit
vergoldeter Oberfläche ist. Das Kupfer erlaubte natürlich die Gegenstände
grösser zu machen, und wir haben im Museum selbst ein Gcfass von zwei bis
drei Schuh Höhe aus dem Besitz des Herrn Trau gesehen. Andere Gegen-
stände dieser Art, darunter eine ganze Reihe aus der Sammlung des
Grafen Edm. Zichy, waren im vorigen Sommer ausgestellt. Das Museum
selbst besitzt ein ganz vorzügliches Stück (Kat. Nr. 71), das auch durch
die friihchinesische Ornamentation ausgezeichnet ist. An ihm mag man
diese Art Email studiren. Das chinesische Email, um das vorweg zu sagen,
machte in seiner späteren Entwicklung ganz den europäischen Gang durch.
Aus dem Email cloisunnä wurde es zunächst Email champlevä auf Bronze,
wovon früher verschiedene Beispiele wiederholt ausgestellt waren; es ist
das die gewöhnliche Art alter chinesischer Emails, die man bisher in
Europa kannte. Dann wurde es zum gemalten Email, indem man Kupfer-
gefasse mit einer Schichte weissen opaken Emails überzog und auf diesen
Ueberzug malte. Hievon findet man ein schönes Beispiel im Museum
neben dem erwähnten Gefäss vom ältesten Email stehen.
Das byzantinische Email gelangte, wie schon angedeutet, auf frem-
dem Boden zu neuer Entwicklung, und zwar geschah dies seit dem Aus-
gang des l0. Jahrhunderts am Niederrhein, insbesondere in Köln,
wo es durch die Kaiserin Theophanie, eine griechische Prinzessin, dan-
geregt sein soll. Doch müssen wir gestehen, ist uns bei der Verschieden-
artigkeit der Technik dieser Zusammenhang etwas fraglich. Jdöglicher
Weise dürfte eine Verbindung zwischen dem oben erwähnten barbarisch-
britischen Email und dem niederrheinischen obwalten, zumal die Technik
ziemlich die gleiche ist.
Das Email von Köln, wo eine Fabrikstätte unzweifelhaft constatirt
ist, hat zum Grunde Kupfer oder Bronze, und es mochte dieses Metall
von selbst auf eine andere Technik fuhren. In der gleichdächigen Metall-
platte wurden die Vertielimgen, welche das Email fassen sollten, mit dem
Grabstichel heraus gegraben, daher deutsche Archäologen dieses Email
„Grubenschmelz" nennen, die Tranzosen minder gut Enuzil champlevei
Statt der aufgelötheten Bänder blieben Fassungen oder Umrahmungen aus
dem soliden Metall stehen, welche vergoldet wurden. Die Einlassung
der Schmelzmasse war dann dieselbe. Man sieht nun leicht, dass entweder