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milie Giorgi dar und befanden sich von den ältesten Zeiten bis Anfang
dieses Jahrhunderts im Besitz dieser venetianisehen Familie. Sie schei-
nen ursprünglich vergoldet gewesen zu sein. Dem Porträt der jüngeren,
wohlheleibten Dame, in deren F crmenbehandlung und Haaroostüm man
die Zeitgenossin des Paolo Veronese deutlich erkennt, ist in Lapidar-
schrift der Name des Künstlers, ALEX. VICTORIA. F., eingegraben. Den
Besuchern des Museums sind diese drei Büsten der eminent künstlerischen
Behandlung wegen lieh und werth geworden.
Einer späteren Zeit gehören zwei Terracottabüsten an, welche Herr
Baron Anselm Rothschild dem Museum geschenkt hat; eine davon
scheint ein Künstler-Porträt aus der letzten Zeit des 16. Jahrh. zu sein;
die Behandlung ist eine vorwiegend malerische, und Künstler, welche
sich mit Terracotta vielfach beschäftigt haben, behaupten, dass es auch
ein Maler und kein Bildhauer von Profession gewesen ist, der diese Büste
gemacht hat; eine höchst geistvolle Arbeit ist sie jedenfalls. Ganz anderer
Art ist die zweite Büste; sie ist streng in der Durchführung der Formen
und gibt die Erscheinungen der Natur treu und mit plastischem Vßrständ-
niss wieder. Der Künstler, der diese Büste gemacht, ist kein Höfiing
gewesen und hat das Schmeieheln nicht verstanden. Es geht ein Zug von
Festigkeit des Charakters, der sich fast bis zum Trotze steigert, durch
das ganze Bildniss; der Mann scheint zu dem Künstler gepasst zu haben,
der ihn dargestellt hat. Eben dieser derb sinnlichen Ehrenhaftigkeit wegen
haben mehrere Lehrer unserer Mittelschulen (was seither auch ge-
schehen) gewünscht, dass diese Büste in Gyps abgegossen werde und in
Schulen in Verwendung komme. Sie hat nicht blos den Vorzug, ein
gutes Vorbild zu sein, sondern sie prägt den angebunden Kunstjiingern
die Lehre ein: „Du sollst auch in der Kunst nicht lügen." Wir erinnern
uns noch lebhaft des Eindruckes, den die Büste auf Carl Rahl gemacht,
als er sie zum erstenmale gesehen hat; er meinte, diese Büste würde in
unsere schwächliche Zeit nicht passen, und ein Künstler, der ein so wahr-
haftes Conterfei liefern würde, käme in Gefahr, dass ihm die Thür ge-
wiesen werde.
Eine Büste aus der letzten Zeit der barocken Kunst hat das öster-
reichische Museum auf der Kunst-Auction des verstorbenen Directors der
Graveur-Akademie, J. D. Böhm, erworben; es ist dies die Porträtbüste
Casanovas, deren Modellirung, ob mit Recht oder Unrecht wagen
wir nicht zu unterscheiden, dem Franz Casanova zugeschrieben wird,
der im Jahre 1807 in der Brühl bei Wien gestorben ist. Terracottabüsten
aus jener Zeit sind auf deutschem Boden ziemlich selten; in Frankreich
wurde in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts die Thon-
plastik in ganz eminenter Weise betrieben. Die Büste Casanovsfs ath-
met die ganze Weichheit, um nicht zu sagen Weichlichkeit der barocken
Kunst, aber es zeigt sich in dem Kopfe eine so feine Naturbeobachtung