333 ken nnd endlich der Darstellung wirklicher Thiere wichen. Diesen Ornamenten gesellten sich jedoch auch selbst solche zu, welche an altclassische sowie auch an christliche Vor. bilder erinnerten. Die Zeichnung ist stilisirt und mit ihr ging die Wahl der Farben Hand in Hand, welche nicht prächtig genug sein konnte. Die Seidenzucht war von China nach Syrien und Persien gekommen und wanderte, als die Araber diese Länder überdu- theten, nach Griechenland aus, deren Städte als Industriestädte für Seide eine neue Berühmtheit erlangten. Dann knüpften die siegreichen Araber die alten Verbindungen mit China wieder an, weckten die heimische Industrie zu neuem Leben und verbreiteten sie über die afrikanische Küste nach Sicilien und Spanien, welches im 11. und 12. Jahr- hundert wohl als das Hnuptland der Seidenfabrication betrachtet werden kann, bis die auf'- blühende christliche Seidenindustrie Italiens sie in den Hintergrund drängte. Die arabi- schen Fabriken lieferten glatte und gemusterte Stoffe, Samrnt und Atlas und Brocat, Stickerei und Besatz mit Gold, Edelsteinen und Perlen. Doch triEt die Ornamentation weder rnit jener der heutigen Orientalen, noch mit der Wanddecoration der Alhambra überein. Die Araber übernahmen vielmehr auch den byzantinisch-persischen Stil, bildeten denselben nun in ihrer Weise frei um und liassen allmälig das Pdanzen- und Rankenornament über die Thiergebilde vorherrschen und endlich diese ganz verdrängen. Die Prachtliebe des Mittelalters fand an den Seidenstotien grosses Gefallen, ohne an dem Ursprung der Gewänder Anstoss zu nehmen, nur blieb ihr Gebrauch auf die Rei- chen beschränkt, während der gewöhnliche Mann sich mit der einheimischen Wolle begnügte, wobei dem Farbensinn durch die Wahl verschiedener Farben für Ober- und Unterge- wänder Mäntel und Besatz entsprochen ward. Eine neue Periode der Seidenindustrie beginntTmit ihrer Verpiianzung von Sicilien auf das Festland von Italien, wo sie sich bald nach Norden hin ausbreitete (Lucca), und von dort über die Alpen nach Frankreich (Tours, Montpellier, Lyon) und den Niederlan- den (Brügge, Mecheln). Sie knüpfte an die arabische Seidenweberei und deren Muster an, nur erlitt der Stil eine Umbildung. Zuerst liess man die Thierbilder weg und gab ihnen symbolische Deutung, dann trat mit dem Aufblühen der bildenden Künste und dem Fort- schreiten der Technik die Vorliebe für tigiirliche Darstellungen der heiligen Geschichte hervor. Einen besonderen Aufschwung nimmt im XV. Jahrhundert die Seidenarabeske in den französischen und niederländischen Fabriken; sie vertheilt sich bald in schmaleren Flächen, bald in zierlichen Linien so über den Grund, dass der Stoff, aus gewisser Ent- fernung betrachtet, stets einen prachtvoll imponirenden Eindruck macht. Der grossartigen Zeichnung entspricht die Wahl satter kräftiger Farbentöne. Gern wird das Muster in Gold auf einem weisslichen, goldgelben oder dunkeln Grunde ausgeführt. Da man den orientalischen Goldfaden im Abendlande nicht nachzuahmen verstand, half man sich durch den um einen gelben Seidenfaden gewundenen vergoldeten Silberdraht. Höchst bemerkens- werth ist die grosse Verbreitung der Brocate im 14. und 15. Jahrhunderte, in welcher Zeit überhaupt die Seide schon viel allgemeiner getragen wurde. Die Stickerei erscheint nach ihrer Art stets im Charakter und in Entwicklung von der Malerei abhängig. Für ihre höchste Aufgabe eignete sich der Kreuzstich vermüge der mosaikartigen Zusammensetzung nicht, wohl aber für Ornamente in geraden Linien, für geometrisch-musivische Muster; das Malen war die Sache des Plattstiches, welcher die Fäden lang und kurz über die Fläche hinlegte, die Freiheit der Richtung dafür hatte und nach Bedürfniss mehr oder weniger Fäden einschieben konnte. Diese Technik wurde besonders zur Ausführung der Gesichter und Hände angewandt, während man sich Fir Herstellung der Gewänder häufig des Wobestiches bediente. Auch der Federsticb und der Flechtstich waren im Gebrauch. Die Stickerei des Mittelalters nahm ihren Ausgang von Byzanz, von dort kamen zur Zeit der Bilderstünnerei Sticker nach Italien. Klöster wur- den diesseits und jenseits der Alpen die Hauptpdegestätten dieser Kunstfertigkeit. Die ältesten noch vorhandenen Beispiele abendländischer Stickerei stammen aus dem Beginne des XI. Jahrhunderts, darunter der berühmte ungarische Krönungsmantel, welchen Königin Gisela 1031 mit eigener Hand angefertigt hatte; doch wird dieser von einem byzantinischen Werke aus dem XII. Jahrhunderte, der in St. Peter zu Rom befindlichen Kaiserdalmatica, im Stile und in der Technik übertroffen. Neben den Klöstern pflegten insbesondere die vornehmen Damen die Kunst der Stickerei, nicht weniger emsig war die Thätigkeit der Bur-gfrauen überhaupt, welche Gewänder, Wappenröcke und Helmdeckeu mit kunstreicheu Stickereien zu zieren hatten. - Vom 13. Jahrhundert an wurde die Stickerei mehr und mehr zunßgemäss. Hierdurch wurde zwar die Stickerei über den Di- lettantismus erhoben, führte aber auch zuAbirrungen in der Technik. Seitdem wurde diese Kunstin Italien weniger geübt. Dagegen blühte sie im Norden und Westen Europe's. Was namentlich in Burgund geleistet wurde, zeigen die sogenannten burgundischen Gewänder. Von da. an beginnt aber der Verfall. - Die Sucht, mit der Malerei auf deren eigenem Gebiete concurriren zu wollen und der Aufschwung llanderischer Fi- gurenweberei im lli. Jahrhunderte versetzte der Handarbeit den Todcsstoss.