Die Ausstellungen von Zeichnungen und Hodellir-Arbeiten der gewerblichen
Zeichenschulen.
Wiewohl die Ausstellung von Arbeiten der Zeichenschulen Nieder- Oesterreichs,
welche vom österr. Museum für den Herbst v. J. projectirt und deren Programm (mitgetheilt
. in Nr. Q dieser Zeitschrift) vom k. k. Staatsministerium bereits genehmigt worden war, in
Anbetracht der Ungunst der Zeitverhältnisss vorläufig vertagt werden musste, dürften einige
Bemerkungen über den Zweck und die bisherigen Erfahrungen solcher Ausstellungen an
diesem Orte doch wohl am Platze sein.
Ausstellungen dieser Art verfolgen die Absicht, durch eine möglichst vollständige
Vertretung aller jener Anstalten, welche sich mit dem Unterrichts im Zeichnen und Modsllireu
beschäftigen, eine klare Kenntniss von dem Standpunkte, auf dem die (gewerblichen) Zei-
chenschulen des Landes sich befinden, und von den Erfolgen derselben zu erhalten. Dass
dieser Zweck ein nützlicher sei, dürfte wohl keines Beweises bedürfen. Die Ausbildung im
Zeichnen gestaltet sich immer mehr zu einer der wichtigsten Grundlagen der Concurrenz-
fahigkeit der Gewerbe. Eine allgemeine Ausstellung der in den siimmtlichen öffentlichen
und Privatanstaltcn des Landes angefertigten Zeichnungs- und Modellirarbeiten wird sicherlich
eine Quelle lehrreicber Vergleichnngen für das gebildete Publicurn, ein mächtiger Sporn
für die Schüler und für die Lehrer ein Mittel sein, die relative Stellung der Schüler kennen
zu lernen; sie wird endlich vielfache Anhaltspunkte für die Beurtheilung der Frage dar-
bieten. ob und welche allgemeinen Massregeln für den Fortschritt des Zeichnen- und Mo-
dellir-Unterrichtes geboten sind.
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend hat die k. bairische Regierung (und zwar das
k. Staatsrninisterium des Handels und der öffentlichen Arbeiten) odenbar unter dem Ein-
drucks der eben beendeten grossen Weltausstellung in London, welche die ausserordentlicben
Anstrengungen der Engländer auf dem Gebiete des Zeichen-Unterrichtes und die Erfolge
derselben an den Tag gelegt hatte, im December 1862 die Einleitungen für eine allgemeine
Ausstellung gewerblicher und Medellir-Arbeiten im Königreiche Baiern für den Sommer
des Jahres 1863 getroden und den Central-Vertretungs-Ausschuss des polytechnischen Ver-
eines für Baiern und des Vereinss zur Ausbildung der Gewerbe in München mit der Leitung
dieses Unternehmens beauftragt. Dem von diesen beiden Vereinen aufgestellten Programm
ertheilte das k. bair. Staatsministerium unterm I4. Jiinner 1863 die Genehmigung, indem es
gleichzeitig an die polytechnischen und Gewerbescbulen die erforderlichen Weisungen wegen
der Bstheiligung an der Ausstellung richtete. Die Regierung verordnete, dass sich an dieser
Ausstellung die polytechnischen Schulen zu München, Augsburg und Nürnberg, die 29 Ge-
werbeschulen des Königreichs und die mit letzteren in Verbindung stehenden Handwerker-
Feiertagsschulen ohne Ausnahme zu betbeiligen hätten. Ausserdem sollten zu dieser Aus-
stellung zugelassen werden die Baugewerkschulen in München und Würzburg, die Kunstge-
werbeschule in Nürnberg, die Zeichenachule des Vereines zur Ausbildung der Gewerbe in
München, die Zeichenschule des polytechniscben Vereines zu Würzburg, die Zeichen- und
Modellirschulen von Berchtesgaden, Bischofsheim, Briickenau, Kothen und Oberammergau
und sümmiliche Privatzeichenschulen, welche eine gewerbliche Richtung verfolgen. Endlich
wurden auch die Schullehrer-Seminarien in den Kreis dieser Ausstellung gezogen. Die Zahl
der betheiligtsn Schulen und Anstalten hat im Ganzen die Zahl 90 erreicht.
Die Ausstellung wurde auf solche Zeichnungen, Modellir- und Bossirarbeiten be-
schränkt, welche in den Jahren 1861-63 angefertigt worden waren; als Zeitpunkt derselben
wurde der September 1863, als Localiüit der Glaspalast, welcher Eir die Zwecke der In-
dustrie-Ausstellung im Jahrs 1854 gedient hatte, gewählt. Die Kosten der Verpackung der
Arbeiten, sowie die Reisevergütnngen für die Lehrer der graphischen und plastischen Fächer,
welche zur Ertheilnng von Aufschlüssen einberufen werden mussten, wurden auf die Fonds
der befreienden Schulen angewiesen. Der Transport wurde auf den bairiacben Staatsbahnen
unentgeltlich besorgt. Für die Ausstellung selbst erwuebsen den Schülern keinerlei Aus-
lagen; die Kosten des Arrangements im Innern des Ausstellungsgebäudes, der Ausschmiickung,
sowie der Bewachung der Ausstellungs-Arbeitsn, wurden von der Regierung aus dem Central-
fonds für Industrie bestritten.
Die beiden Körperschaften, denen die Leitung der Ausstellung übertragen worden
war, der Centnl-Vorwaltungs-Ausschuas des polyt. Vereins und der Verein zur Ausbildung
der Gewerbe in München, wählten aus ihrer Mitte für die Durchführung der Ausstellung
ein engeres Coinite, welches aus dem k. Obermiinzmeister H aindl, dem k. Oberbaudirsctor
Pauli, dem Rector der polytechnischen Schule inMüncben Dr. Alexander, denProfessoren
an der polytechniscben Schule Dr. Caj. Kaiser, Gottfr. N eureuther und Ludw. Folz, dem
Kunstmaler Hermann D y ck und dem Magistratsrath und Spielwaarenfabrikanten in München
Anton Edel zusammengesetzt wurde und den Oberbaudirector Pauli zum Vorsitzenden
bestimmte.