121 Die erste Aufgabe der Papierbereitung ist nun die Herstellung eines diinndiissigen Breics aus Wasser und den betreffenden Piianzenfasern, welchen man Zeug nennt. Bei den Hadern geschieht dies durch eine Reihe von mechanischen und chemischen Vorgängen, bei denen besonders die den Namen "Holländer" führende Maschine die Hauptrolle spielt. Beim Holz besorgt fast die ganze Arbeit die "Holzzeugbereituugsmaschine", deren jetzige Vollkommenheit vornehmlich der Ausdauer und Genialiät der deutschen Papier- macherfamilie Völter zu danken ist. Auf der Pariser Ausstellung fuuctiouirte in einem Annex der sächsischen Section diese wundervolle Maschine und verarbeitete vor dem er- staunten Zuschauer Holzklütze in jenen Brei, das Papierzeug. Zu Tapetenpapier eignen sich aber vollkommen Holz- und Strohmasse, welcher Um- stand uns vor der Gefahr schützt, durch die Krisis des Hadernmonopols jenes wichtige Decorationsmittel zu sehr vertheuert zu sehen. Die zweite Aufgabe der Papierfabrication ist die Formgebung des Papierzeuges unter gleichzeitiger oder verangehender Reinigung, Bleichuug, Leimung und eventueller Färbung. Die Formgebung bestand aus den Vorgängen des „Schöpfenü, d. i. des Heraus- fassens von Papierzeug mit einem viereckigen ebenen Sieb; des „Gautschens", d. i. des Ablegene des noch sehr leckeren, nassen Papierbogens; des „Pressens' zwischen Filz; des abermaligen Pressens; des „Trocknens" und des „Beschneidenf. Alle diese Verrichtungen, zu denen ein Arbeiterpersonal von 9-10 Köpfen per Butte (d. i. der Trog, aus dem geschöpft wird) nothwendig ist, können durch eine einzige Maschine besorgt werden, welche aber in derselben Zeit mindestens zehnmal so viel er- zeugt; uud diese werthvolle Maschine, welche viele Menschen von einer ihre Intelligenz nicht sehr in Anspruch nehmenden Arbeit dispensirt und per Jahr "f, Millionen Pfund Papier zu liefern im Stande ist, das ist die Papiermaschine, deren Grundidee ein ge- nialer Arbeiter, Louis Robert in der Didat'schen Fabrik von Essonne, im Jahre 1799 fasste und sich damit unvergänglichen Ruhm erwarb. Um die Einführung der Maschine, die erst durch manche Verbesserung sich Bahn brach, machten sich dis Engländer und unter ihnen namentlich Jobn Gamble, Henri Fourdrimir, Bryan Donkin und John Dickinson verdient. Erst in den zwanziger Jahren fand die Maschine auf dem Continent allgemeinen Eingang. Der wesentliche Unterschied zwischen Maschinen- und Schöpfpapiererzeugung, wel- cher auch auf die Tapetenfabrication von eminentem Einfluss war, ist der, dass bei ersterer Papier von beträchtlicher Breite und unbegrenzter Länge hervorgebracht werden kann, indem das Drahtsieb, auf dem sich das Papier aus dem Zeug bildet, immer fortbewegt wird. Auf der Ausstellung in London im Jahre 1862 sah man Maschinenpapier von Y, Meile Länge ausgestellt. Das Maschineupapier wird in England am vollkommensten dargestellt; es wird aber auch in Amerika, Frankreich, Deutschland und Oesterreich und in anderen hochcultivirten Ländern von vorzüglicher Beschaßenheit erzeugt. Dieses Rohmaterial der Tapetenfabrication ist also überall zu beschatfeu, wo Tapeten gebraucht werden. Ebenso wesentlich als das Papier ist an der Tapete die Farbe. Durch diese wird die Zeichnung. der Dessin hervorgebracht. dieser aber macht das Papier zur Tapete. Die Farbe der Tapete soll uns in unserem Wohnranme die herrliche Farbenhar- monie der Natur ersetzen. Von ihr soll man mit Kückert sagen können: "Sie freut sich ihres Spiels. und ihr zum Spiel zu dienen, „Freut sich die Welt und wir mit ihnen." Die Tapetenfabrication hat aus allen drei Reichen der Natur die Kinder des Lichtes, die Farben, gesammelt und sich dieselben dienstbar gemacht; die Chemie hat selbst aus den Abfällen, aus dem schmutzigen Thecr die herrlichsten. prangendsten Tinten gewonnen und den in den Naturkörpern bereits fertig gebildeten Farben beigesellt, so dass wir heute über eine immense Zahl der schönsten Farben für unsere Zwecke verfügen. Die Kunst der Farben und mit ihr der Farbenbereitung reicht bis in das graueste Alterthum hinauf, ist so alt wie das Menschengeschlecht und hat sich bis auf unsere Tage stetig entwickelt. Ein völliges Verkennen des Wesens der Tapete und eine schlechte Geschmacks- richtung haben vorübergehend die Tapete gezwungen, uns mit matten, verschwommenen, blassen Farbcntönen zu langweilen. Diese Hypersentimentalitlit ist nun, Gott sei Dank, fast zu Ende, und unsere Tapeten prangen wieder wie in den Blüthezeiten der Kunst in der Pracht der Pigmente, und benützen so den hohen Stand der Farbenchemie. Die l-lauptfarben sind Gelb, Blau uud Roth. welche durch die Summe aller Farben: Weiss, und durch die Negation der Farben: Schwarz, eine wohlthiitige Begrenzung und Unterbrechung finden.