Beilage zu N 36. Was sonst zur Wand- und Zimmenlecorntion gehört, vor allem die Tapeten, so scheinen sie sich nicht Originalität genug zugetraut zu haben, um vor der französischen Concurrenz zu erscheinen. Nur was Pspierdecoration betrifft, so scheint die Kns ppefsche Buntpapierfabrik sich nunmehr redlich zu bemühen, ihren eigenen unabhängigen Weg zu gehen. Auf dem Gebiete der eigentlichen Wanddeeoration, wo die Engländer jedenfalls den Preis davongstragen haben, dürfen wir jene von Philipp Hass und Sühne ausgestell- ten grossen Panneaus (gemalt von Sturm) für den kaiserlichen Saal im Opernhaus nicht übersehen, die mit grossem Erfolge eine reizende Art der Decoration, Malerei auf Seiden- grund, wieder ins Leben rufen. Nur Schweden hatte etwas Aehnliches im kleinen Mass- stabe ausgestellt. Reichlicherer Stoß, um ein Urtheil zu schöpfen, bietet sich uns dar, wenn wir zur übrigen Ausstattung des Hauses, zu Geräthen und Geütssen übergehen. Hier ist es be- sonders, wo sich dem wirklich Ausgezeichneten das Verkehrteste und Misslungenste zur Seite stellt und so diesen gemischten, aber aus der begonnenen Reform leicht zu erklä- renden Eindruck hervorbringt, der wohl das Charakteristische an der kunstindnstriellen Ausstellung Oesterreichs ist. Mit einiger Genugthuung können wir zunächst der Bronze- srbeiten gedenken. Wir dürfen hier freilich keinen Vergleich mit Frankreich ziehen, dcs- sen Brunzeindustrie auf ganz anderen Bedingungen ruht. Die letztere ist wesentlich Luxus- industrie, das heisst, sie sehaEt vorzugsweise blosse Zier- und Kunstgegenstände und zwar im grossartigsten Massstabe; die österreichische dagegen schatft Gegenstände des Gebrauchs, wie Lustres, Leuchter, Kamingegenstände u. s. w. und sucht diese durch Schönheit und Eleganz der Form zu Gegenständen der Kunst zu erheben. Die franzö- sische Bronzefabrieation mncht demnach aus der Kunst eine Industrie, die österreichische aus der Industrie eine Kunst. Freilich sind es nur wenige Namen, die diesen vollkommen richtigen Weg einschlagend, ihren lndustriezvreig auf der Ausstellung vertreten; es sind vor allem Hollenbac h mit grösseren Arbeiten, Bann s eh und D ziedzinski mehr mit kleineren. Beide wissen sich der besten Künstlerkriiße zu bedienen, und so sind ihre Arbeiten mit allen von gleicher Art, die französischen nicht ausgenommen, durchaus min- destens auf gleicher Höhe; ja wir unsererseits gehen, was Schönheit und Reinheit der Formen hetriift (immer vorausgesetzt, dass wir Gleich mit Gleich zusammenstellen), den ihrigen den Vorzug. Neben Hannsch und Dziedzinski und in Verbindung mit ihnen müssen wir Seidan's Ernails nennen (Zeichnung von Stark), die mit eigenthümlichcr Hcrstellungsweise allerdings nur ein schwaches Seitenstück zu den glänzenden snxaillirten Bronzen der Franzosen bilden. Immerhin sind sie ein glücklicher Anfang. Die kleinern Gegenstände in Bronze und verwandtem Material sind, nebst den Ar- tikeln in Leder, eine berühmte Specialitlit der Wiener Lnxusindustrie, und sie waren auch ihrem Rufe entsprechend in Paris mit den bekanntesten Namen zahlreich und glänzend ausgestellt. Vergleicht man beide Industriezweige, den in Bronze, wie in Leder, die sich merkwürdiger Weise zusammengefunden haben, mit den ähnlichen eoncurrirenden Erzeug- nissen, namentlich Deutschlands , so haben die Wiener unltiugbar den Vorzug und ver- dienen vergleichungsweise ganz den Ruf, den Sie geniessen. Es ist darin ein gewisser Schick, eine Nettigkeit und Vollendung der Mache. eine gewisse elegante Adjustirnng, susserdem, man kann sagen, Frische und Rührigkeit, was alles sonst nur dem Franzosen eigentlich ist und unwillkürlich das gewöhnliche Auge besticht. Wir können uns also den Erfolg dieser Gegenstände in der modischen Liebhaberei bei dem heutigen Slgndg des Geschmacks völlig erklären. Kunst aber, wirklichen echten Geschmack darf man dnbßi nicht suchen. Zumeist herrscht darin eine Verachtung gegen alle und jede Form, eine Rücksichtslosigkeit gegen die Vernunft. ein blühender Unsinn, dass man über das Desperats der Einfälle die Hände über den Kopf zusammensehlagen möchte. Wir haben geholt, dass der so wichtige Industriezweig allmälig von dieser Seite her sich bessern werde, aber was wir in Paris gesehen. übertraf selbst alle unsere Wiener Beobachtungen. Kleinigkeiten mögen immerhin der Vernunft hohnlachen, es ist das Recht der Kleinen - aber wie man einen 'l'iseh aus einer grussen Porzellanschale bilden kann, die man um breite Lederrand umzieht und der man einen mit Leder (als wäre er davon) völlig um. zogencn Fuss und Ständer gibt. du ist doch durchaus die verkehrte Welt, denn man macht das Weiche und Biegsame zur Stütze des Harten und Unbiegssmen. Allerlei Me- tallgeflsss haben wir gesehen von so absonderlichsn Formen, dass wir absolut die Be- stimmung nicht haben orrathen können, andere. die von vers hisdenem Geräth, von Tausn, widerhakigen Ankern u. s. w. so umgeben waren, dass man sie garnioht anfassen konnte. Es thut wahrlich endlich uoth, dass auch in diese Ißdillhflls. die sich mit dem schönen Namen der Phantasie schmückt, einmal ein vsrnünßiger Gedanke oinkehrt und der innere ' Werth der liussercn Ausstattung entspricht.