291 Durch alle diese Einrichtungen war und ist für die Lehrlinge selbst wenig oder gar nichts gethan; drei, vier, auch Ginf Jahre der besten Zeit zum Lernen, der frühen Jugend, verdossen für jeden Lehrling unbenützt; der lebhafteste Drang nach Wissen musste nubefriedigt bleiben, weil es an geeigneten Lehranstalten fehlte. Um diese schwer empfundene Lücke auszufüllen und da auch die Mittel des n. ö. Gewerbevereines dem- selben nicht mehr erlaubten, seine Zeichenschule fortzuführen, fand sich die n. Handels- nnd Gewerhekammer im Jahre 1857 zur Gründung der Gewerbeschulen veranlasst. Diese Schulen haben bekanntlich den Zweck, ankuüpfend an den Unterricht in der Volks- schule, beziehungsweise in der Wiederholnngs- und Fortbildungsschnle, theoretische und praktische Kenntnisse in der Masse des Arbeiterstandes zu verbreiten und insbesondere im Zeichnen und Modelliren Unterricht zu ertheilen. In den beiden letzteren Fächern, die von hervorragender Wesenheit fast für alle Gewerhszweige sind, sollte die Erreichung eines höheren Grades von Vollkommenheit er- möglicht, in den technischen Fächern, wie Physik, Mechanik, Chemie etc., der Schüler zu einer klaren Auffassung der Elementarbegritfe geführt werden. An diese Gewerheschulen sollten sich nach den Intentionen der Kammer in weiterer Entwicklung die eigentlichen Fachschnlen anschliessen, die hauptsächlich Fir Gehilfen und selbstständige Gewerbe- treibende bestimmt wiiren und den Zweck hätten. sie in der Theorie und Praxis ihres Ge- werbes möglichst zu vervollkommnen. Die Section will sich hier nicht darauf einlassen, die ungeheuren Opfer, welche von der Kammer für die Gewerbeschulen gebracht worden sind, die Schwierigkeiten und die falschen Meinungen, welche bekämpft werden mussten, die grosse Lässigkeit, mit welcher diesen Schulen iu gewerblichen Kreisen vielfach be- gegnet wurde, hier weiter zu besprechen. Es sei nur erwähnt, dass die Gewerheschulen in Wien ungefähr 16.000 H. jährlich kosteten und durchschnittlich von 12m0 Schülern be- sucht wurden. Mit Lehrmitteln sind dieselben bestens ausgestattet, da sie jene der Real- schulen, mit denen sie verbunden sind, benützen können und ausserdem viele specielle Anschaifungen durch die Kammer erfolgt sind. In den k. k. Realschulen waren von Seite des Staates die Locnlitäten, in den Communal-Itealschulen von Seite der Gemeinde Wien die Localitiiten nebst deren Beleuchtung -- mit alleiniger Ausnahme eines Zeichcnsaales in der Schule Wiedeu - unentgeltlich beigestellt. Barbetriige wurden vom Staate nicht geleistet; dagegen bewilligte die Gemeinde Wien in den letzten Jahren je 3000 8., eben so viel der n. ö. Landtag. Die Kammer widmete aus ihren eigenen Fonds jährlich 4000 tL, aus den Interessen der Kronprinzstiftnng jährlich 2000 11.; endlich sind von den Genossenschaften durch Um- lage auf die Gewerbetreibenden T000 bis 10.000 d. jährlich eingebracht worden. Seit Oc- tober 1867 ist die von der Kammer durch zehn Jahre besorgte Administration und Lei- tuug der sechs Gewerbescbulen in Wien an eine eigene gemischte Cummissien über- gegangen. Für die Gewerbeschnle Jägerzeile besteht speciell eine von der Kammer ver- waltete Stiftung des verstorbenen k. k. Hof- und biirgerl. Glashiindlers Herrn Joseph Lobmeyr mit dem Capitalsbetrage von 500 8., deren Ertriignisse zur Betheilung armer Gewerheschiiler mit den nothwendigen Utensilien verwendet werden. Auf dem flachen Lande sind von dem n. Zi. Landtage mit den Landesoberrealschulen in Wr. Neustadt, St. Pölteu und Krems, mit den Landesrsalgymussieu in Stockerau und Oberhollabrunn, endlich mit der Landesunterrealschnle in Waidhofeu a. d. Ybbs Gewerbe- schulen in Verbindung gebracht worden, die der Landesfonds zusammen mit jährlich 2400 d. subvsntionirt und die von ca 380 Schülern besucht werden. Auch diese Schulen benützen die Lehrmittelsammluugen jener Anstalten, mit welchen sie vereinigt sind, so wie ihnen von der n. ö. Handels- und Gewerbekammer Zeichnungsverlageu und Modelle bereits in einer stattlichen Zahl zugewendet wurden. Für Wien ist namentlich das Kunstgewerbe von der höchsten Bedeutung und es ist klar, dass zu dessen Forteutwicklung dem höheren Unterrichts im Zeichnen, Malen und Modellireu alle Sorgfalt gewidmet werden muss, wie dem Elementaruuterrichts in diesen Fächern zur Hebung der Gewerbe im Allgemeinen. Mit Dank ist daher anzuer- kennen, dass die Staatsverwaltung, auf den Antrag der Kammer und die Bitten von an- derer Seite eingehend, eine mit dem k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie in Verbindung stehende Kunstgewerbeschule gegründet hat. Von dieser Schule, deren Erödnung soeben stattfindet, ist zu erwarten, dass sie für die Hersubildung von Künstlern, die für die Industrie thlitig sind, so wie von Lehrern für gewerbliche Zeichenschuleu, Vor- zügliches leisten werde. Die Kammer, welcher ihre beschränkten Mittel im Augenblicke mehr zu thun nicht erlaubten, hat für heuer dieser Lehranstalt einen Betrag von 500 d. zur Anschsdung von Lehrmitteln gewidmet. Ausser den bisher genannten Anstalten bestehen iu Wien noch mehrere Privat- Zeichenschuleu. Wir nennen hier nur einige besonders gut geleitete Schulen, n. z.: die Schule von Friedrich Miirtens, welcher von der Commune Wien neuestens eine