444 nur diejenigen Gegenstände an, welche ihren Zweck in sich selber tragen, welche nicht irgend einem bestimmten Gebrauche gewidmet sind. Unter diesem Gesichtspunkte scheidet sich das ganze Gebiet der eigentlichen Statfeleimalerei, die heute eine so ausserordentliche und überwiegende Rolle im Kunstleben spielt, von der Kunstindustrie aus und gehört also auch nicht in eine kunstindustrielle Ausstellung. Anders ist es dagegen mit der eigentlichen Wandmalerei, denn diese, mit der Wand solidarisch verbunden, hat den Zweck, zugleich mit andern Arbeiten künstlerischer Art, den Raum, in dem sie sich befindet, sei es ein Wohngcmach, ein Festsaal, ein öffentliches Gebäude, zu schmücken. Sie ist nichts für sich, sondern dem Ganzen untergeordnet, oder sollte es wenigstens sein. Zwi- schen der Kunstindnstrie und der Wandmalerei, selbst der höchsten, ist in der That keine scheidende Grenze zu ziehen; der Uebergang von der ornamentalen Malerei zur figürlichen Ornamentation, zur vollendetsten Wandmalerei ist so allmälig, dass eine Scheidung nur künstlich und will- kürlich sein würde. Die Wandmalerei fallt also gänzlich vom einfachsten Tapetenmuster an bis zu den Malereien der Sixtina, wie in den Bereich eines Kunstindustriemuseums, so auch in den Bereich einer kunstindustriel- Ien Ausstellung. Wir geben dabei zu, dass wir das Wort Kunstindnstrie in dem denkbar höchsten, aber noch zulässigen Sinne auffassen. Ganz ähnlich ist das Verbältniss zwischen Architektur und Kunstindustrie. Kein Bau ist für sich selber Zweck, noch will er blos und allein das Schöne zur Darstellung bringen; er dient einem Ge- brauche, einem Zwecke, einer Bestimmung. Folglich gehört jeder Bau, der zugleich mit auf Schönheit ausgeht, der Kunstindustrie an in dem hohen und weiten Sinne, welchen wir diesem Worte _ und am Ende wohl al- lein richtig - gegeben haben. Jedes Gebäude aber, das lediglich dem Nutzen dient, ohne die Merkmale einer beabsichtigten Schönheit an sich zu tragen, ist rein Sache der Industrie oder der Wissenschaft, und der- artige Entwürfe sind also von einer kunstindustriellen Ausstellung aus- geschlossen. In dieser Beziehung ist die Scheidung unschwer zu voll- ziehen. Es handelt sich bei der Architektur nicht sowohl um Kunst und Kunstindustrie, als um Kunstindustrie und Industrie. Anders wiederum stellt sich die Sache bei der Plastik. Die Sculp- tur steht überwiegend im Dienste der Architektur, und folglich haben wir sie auch für die in Rede stehende Ausstellung in Anspruch zu neb- men, mit Recht aber nur so weit, als eben die Verbindung mit der Ar- chitektur besteht. Diese jedoch geht fast noch weiter als die Wandma- lerei und ist selbst noch bei löslichen Figuren vorhanden, wie z. B. bei Gruppen der Giebelfelder griechischer Tempel. In der That sehen wir auch heute noch, dass fast alle grösseren plastischen Aufträge mit Rücksicht auf einen bestimmten Platz in einer bestimmten Architektur gestellt werden. Selbst bei Brückeniiguren ist