Die Aufgabe eines wohlorganisirten architektonischen Unterrichtes muss daher sein, den Zögling gleich bei seinem Eintritte in die Lehr- anstalt zu gewöhnen, die Architektur als Kunst, jede architektonische Aufgabe als eine künstlerische zu betrachten, und zweitens ihn zugleich mit einer Reihe von positiven Kenntnissen auszurüsten, die das technische Wissen eines Architekten bilden, und deren Besitz die neuere Zeit von einem Architekten verlangt. Eine der ersten Aufgaben des Herrn Trelat an dieser Schule war die Regelung des wissenschaftlichen Unterrichtes; der heutige Architekt bedarf der rnannigfaltigsten Kenntnisse, die sich über die verschiedensten Zweige des menschlichen Wissens erstrecken. Jede einzelne dieser Wis- senschaften zu erschöpfen ist ihm unmöglich, wohl aber ist es wünschens- werth, dass dem angehenden Architekten in einer Specialschule aus jedem Kreise dieser Wissenschaften durch den Mund von hervorragenden Ver- tretern derselben dasjenige mitgetheilt werde, was für seinen Beruf nöthig ist. Um dieses zu erreichen, scheint uns Hr. Trelat den richtigen Weg eingeschlagen zu haben; es sind achtzehn Lehrstühle gegründet worden, welche die verschiedensten Zweige des Wissens umfassen, die sich auf Architektur beziehen. Durch diese Lehrkanzeln wird nicht jeder Zweig der Wissenschaft erschöpft, es wird nicht der elementare und vorbereitende Theil dieser Wissenschaft, dessen Behandlung viel Zeit verlangt und Künstler ermüdet, gelehrt, noch auch die Theorie der Wissenschaft in den letzten Conse- quenzen erschöpft. Das eine wie das andere überlässt man der Selbst- thätigkeit des Zöglings. Jeder Lehrer geht in medias rea, unmittelbar auf das los, was speciell für einen Architekten wissenswerth ist. Diese Ar! der Behandlung der architektonischen Hilfswissenschaften setzt allerdings voraus, dass ganz enlinente Kräfte die Lehrkanzeln besteigen, denn es gehört ein vollständiges Beherrschen der Wissenschaft dazu, um im Laufe relativ weniger Vorlesungen das für den Architekten Wissenwürdige klar, verständlich und überzeugend vorzutragen. Die Zahl der Vorlesungen, welche jeder einzelne dieser Professoren zu geben hat, schwankt zwischen acht und fünfzig; die Zeit, die ein Zögling im Hörsaale zubringt, ist täg- lich etwa anderthalb Stunden. Die Lehrkanzeln sind folgende: Stereotomie . . . . . vorgetragen durch Dupont de PEui-c, einen ehemaligen Genieoüicier; allgemeine Physik . . . vorgetr. durch Dr. Jannsen; n Chemie „ Dr. P. P. Deherain, Pro- fessdr am College Chaptal; Stabilität der Constructionen vorgetr. durch De Dion, Civil-Ingenieur; Gevlogie . , . . . . „ „ L. Simonin, Bergw.-Ingen.;