nur alle Mauerkitte, sondern auch alle in dünner Lage auf die Mauer aufgetragenen Verkleidungen oder Verputzungen, sofern sie mineralischer Natur sind, so gehört auch der Gyps wesentlich in die Reihe der Mörtclmaterialien. Der Gyps ist nächst dem kohlenanren Kalk nicht nur im Haushalt der Natur, sondern auch in der chemischen Technik unbedingt das wichtigste Kalksalz. Ich habe schon erziihlt, dass aus ihm der natürliche kohlensaurc Kalk zum allcrgrössten Theil entstanden ist. Er ist schwefelsaurer Kalk. Wie er sich als Mineral findet. ist er entweder schön und deutlich krystallisirt, nnd diese Art des Vorkommens entspricht der des kohlensauren Kalks als Kalkspath und Arragonit, oder er findet sich in dichter mas- siger Art, conform den reiueren Kalksteineu, oder endlich in einer besonders weissen, dicht krystallinischen Form, die dem Marmor an die Seite gestellt werden kann, als . Alabaster. Aller Gyps war einsteus im Wasser gelöst, im Meerwasser zumal, und ist von dort erst in Festlandsbildungen übergegangen. Wir finden ihn jetzt in grossen Ab- lagernngen und brechen ihn in den Gypsbrüchen wie den Kalk oder Marmor. Seine Abstammung aus wässeriger Lösung verriith er aufs unzweifelhafteste durch einen be- triichtlichen Gehalt an Wasser, den er besitzt und der geradezu seine krystallinische (Form bedingt. Darin unterscheidet er sich vom kohlensnnren Kalk, der, um zu krystallisiren, kein Wasser chemisch zu binden nöthig hat. Der Marmor enthält kein Krystallwssser, der krystallinische Fasergyps, der Alabaster, das Marienglas immer. Charakteristisch für den Gyps ist, dass er in gelinder Hitze schon dieses Kry- stallwasser fahren lässt und wasserfrei wird. Dadurch zerfallt er bröcklig oder pulverig. Gyps, der iu der Natur einmal der Hitze ausgesetzt war und darum wasserfrei ist, ist der sogenannte Anhydrit. In dieser Form ist er spärlich verbreitet. Souach verhält sich der Gyps in der Hitze vom kohlensauren Kalk wesentlich verschieden. Der kohlensaure Kalk verliert seine Säure und es hinterbleibt Aetzkalk; der Gyps verliert nur Krystallwasser, aber nicht auch seine Säure; es ist un- möglich, ans Gyps Aetzkalk zu brennen "). Die beiden Mineralien aber, der kohlenssure Kalk sowohl wie der Gyps, nehmen, nach dem Brennen mit Wasser zusammengebracht, Wasser wieder auf. Der gebrannte Kalk jedoch nimmt es in seine chemische Constitution als Hydrat- wasser, als Ersatz fiir seine verlorne Säure, und dieses Wasser fnnctionirt weiter- hin wirklich üir diese; der gebrannte Gyps hingegen nimmt das Wasser nur als Krystallwssser auf und bindet es so lose, wie das verlorne gebunden war. Die Aufnahme des Hydratwassers durch den Aetzkalk ist eine energische chemische Beaction, die mit einer sehr grossen Temperaturerhöhung verbunden ist; die Aufnahme des Krystallwassers durch den Gyps ist eine Reaction zweiter Ordnung, viel weniger energisch und geschieht nur-unter massiger Erwärmung. Der Aetzkalk löscht sich zu einem Brei von amorphem Kalkhydrat, der gebrannte Gyps zu krystallisirendem schwefelsauren Kalk. Dieser Krystallisations- act folgt beim Gyps fast unmittelbar seiner Wasseraufnahme; da die einzelnen Krystalle mikroskopisch klein sind, so verwachsen sie innig durcheinander, nnd da die Wasseraufnahme eine Volumsvergrösserung zur Folge hat, so dehnt sich 9) In unsern gewöhnlichen Ofenvorrichtnngen wenigstens. Bei andauernder Weiss- gliihhitze entlässt, wie Boussingault gefunden hat, der Gyps allerdings auch Schwefelsäure und wird einem kleinen Theil nach ätzend.