411 Es soll meine Aufgabe sein, Sie heute mit dem wissenschaftlichen Theil dieser Industrie in seinen Umrissen wenigstens bekannt zu machen, und in einer nächsten Stunde will ich dann zu dem Methodisehen der Fabrication übergehen. Ich habe dabei einen Stoff in diesen knappen Raum zu bringen, der in unseren Schulen nur in mehreren Wochen erst erschöpft werden kann. Sie werden daher meine Entschuldigung gelten lassen, dasslich nur bei dem Wichtigsten verweile, und eine Menge, besonders tech- nischen Details eben nur flüchtig berühre, was sonst wohl eine ausführ- liche Darlegung verdient. Beginnen wir damit, daslMaterial verstehen zu lernen, mit dem wir zu arbeiten haben, den Thon. Ueber die Entstehung des Thons müssen wir die Geologen zu Rathe ziehen. Sie belehren uns, dass er ein Zersetzungsproduct des, oder der Feldspathe ist, und zwar jener Art von Zersetzung, die man Verwitterung nennt. Das Wesen der Verwitterung beruht auf einer sehr andauernden Wirkung der Kohlensäure und des Wassers, der Kohlensäure, die die Luft als Gemengtheil enthält, und jener, die fast in jedem Wasser aufge- löst enthalten ist. Die Feldspathe, die dieser zerstörenden Wirkung unterliegen, sind wissenschaftlich ausgedrückt Doppelsilicate der Alkalien und der Thonerde, (l. h. Verbindungen von kieselsaurem Alkali (Kali, Natron, Lithion) und kieselsaurer Thonerde (oder kicselsaurern Alumi- niumoxyd). In die Elemente aufgelöst, erscheinen demnach die Feldspathe aus einem Alkalimetall (K, Na, Li) aus dem Metall Aluminium, aus 'Silicium oder Kiesel, und aus Sauerstoff, vorausgesetzt, dass sie ganz rein sind, d. h. keine Nebenbestandtheile enthalten. Zu den letzteren gehören kleine Mengen anderer alkalischer Erden (Kalk, Magnesia) und anderer Metalloxyde, vornehmlich Eisenoxyd. Die Feldspathe gehören zu jener Classe von Silicaten oder Kiesel- säureverbindungen, die aus Lösungen, also auf sogenanntem nassen Wege entstanden, krystallisirt sind. Wir können sie zwar künstlich nicht nach- bilden, allein es gibt schlagende Gründe, sie nicht, wie es lange Zeit ge- schah, als platonische, durch Schmelzung entstandene Mineralien zu betrachten. Ihre Bildung geschieht ohne Zweifel in tiefern Erdschichten, und ist unserer directen Beobachtung unzugänglich. In diesen überhaupt ist die Herrschaft der Kieselsäure die vorwie- gende. In den oberen Schichten und auf der Oberiiäche der Erde da- gegen herrscht die Kohlensäure, und sie zerstört oben, was die Kiesel- säure unten gebildet hatte. Silicatbildung ist da, wo freie Kohlensäure vorhanden ist, nicht möglich.