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Arbeit in Stocken. Nunmehr schreitet sie der Vollendung entgegen,
viele Gegenstände sind aufgestellt, doch dem Publicum noch unsichtbar.
Dieses erhält nur Ahnung von dem, was seiner wartet, indem es eine
offene Halle zu passiren hat, einen zum Cafe frangais bestimmten Kreuz-
gaug, der dem Friedhof in San Giovanni im Laterano zu Rom, wenn ich
nicht irre, mit seinen gewundenen mosaicirten Säulehen nachgebildet ist.
Bis jetzt haben aber die Säulen des französischen Hofes diesen Schmuck
noch nicht erhalten. Man erwartet von Oesterreich einen ähnlichen Bau,
der allerdings zu spät käme, wenn er nur für ein Jahr bestimmt wäre,
aber man muss eben erwägen, dass die Ausstellung zehn Jahre dauert
und zehnmal wechselt. Von den übrigen Staaten hat Schweden mit
verhaltnissmässig grossem Aufwands ein Schulhaus von seiner nationalen
Art erbaut, ein elegantes hölzernes Gebäude, und hat darin alle zur Schule
und zum Unterrichte gehörigen Gegenstände ausgestellt, welche dieser ge-
rade in Beziehung des Schulwesens hinter keinem der vcrgesclirittensten
Länder zuriickstehende Staat aufzuweisen hat. Schade nur, dass dieses
mit seinem Inhalt so interessante Gebäude zu abseits steht und daher
weniger besucht zu werden scheint, als es verdient.
Wie bekannt, war die Ausstellung auf sieben Jahre berechnet, wel-
chem Zeitraum jetzt IIOClI drei Jahre hinzugefügt worden sind. Das ge-
satnmte Gebiet der menschlichen Thätigkeit ist in zehn Theile zerlegt und
jedes Jahr soll für die Sommermonate ein Theil davon zur Ausstellung ge-
langen. lllas uns dieses Jahr - allerdings in einer durch die Umstände
veranlassten grossen Lückenhaftigkeit bietet - das ist vorzugsweise die
Kunst und Kunstindustrielles, ich sage Kunstindustrielles, denn während
die hohe Kunst mit Malerei, Sculptur und Architektur, also in allen ihren
drei Abtheilungen repräsentirt ist, sind es für diesmal nur gewisse Zweige
der Kunstindustrie, welche uns vor Augen geführt werden. Es sind Terra-
cotten und Poterien jeder Art, sowohl Gt-fässe und Geräthe, wie Orna-
mente, zumal in ihrer architektonischen Anwendung, dann Gewebe,
Stickereien und spitzenartige Fabrication, die feineren Metallarbeiter: in
Schmuck und Gcrätb mit verwandten Zweigen, Decorationen verschiede-
ner Art, Möbel, Glasmalereien und Mosaik. Neben diesen dem allgemei-
nen Plane entsprechenden Gegenständen sind aber auch manche andere
die eigentlich erst späteren Jahrgängen angehörten, vereinzelt aufge-
nommen, indem man sie gewissermassen als Gegenstände der schönen
Kunst betrachtet und unter diese eingereiht hat. Man hat nicht gut daran
gelben, denn einestheils brach man die Consequenz seines Systems, das
ohnehin nicht sehr folgerichtig ist, anderseits erhöhte man nur den überall
bei näherer Betrachtung sich aufdrängenden Charakter der Lückenhaftig-
keit und Unvollständigkeit. - Zwischen Kunst und Knnstindustrie inne-
stehend, ist ferner die grosse Gruppe der vervielfaltigenden Künste zur
Ausstellung gelangt, der Stich, die Lithographie, der Holzschnitt, die