5ä2_ Wirklichkeit verlieben haben, zeugen davon, dass unsere Kunstindustrie aufhört, vom Auslands beeinüusst zu werden, dass sie selbstständig wird und Impulse gibt. Es beginnt die Aussicht auf einen österreichischen Markt im Auslande; der Geschmack ist veredelt, tüchtige Zeichner werden immer gesuchter und dann, von den wichtigsten Firmen wenigstens, als Schöpfer ihrer Entwürfe auch öffentlich bekannt. Neue Techniken, Email, Tau- schirung, Niello, Terracottenglasur wurden eingeführt, auf den Gebieten der reproducirten Künste, namentlich in Holzschnitt und Kupferstich, Photographie und Farbenholzscbnitt, neue Bahnen betreten, zum Theil die alten Wege wieder aufgedeckt. Im Fache des Bronzegusses, der Glasgeiässbilminerei, in der Kunsttisehlerei sind wichtige Reformen des Styles und der Technik im Gange. Unsere Kunstindustrie folgt endlich" dem naturgemässen Drange, der ebenso das schaifende Individuum belebt; sie will sich befreien von dem Einßusse des Fremden, sie will selbständig werden. Doch ist unter dieser Tendenz keineswegs engherziger Paticularismus und Egoismus zu verstehen. In Kunst und Kunstindustrie ist keine Separirung möglich, Prohibitivmassregeln und eine Art polizeilicher, oensurmässiger Absper- rung von den Gleichstrebenden in der Ferne müssten das frische Leben in diesen Bestrebungen ersticken. Nur im Sinne der Civilisation und Cultur für unseren sllzulange brach liegen gelassenen Boden der Kunst kann das Verlangen nach Selbstständigkeit, welches heutzutage sich in Tbaten zu manifestiren beginnt, mit Freude begrüsst werden. Um diese Selbst- ständigkeit zu erreichen, heisst es vor Allem, arbeitsam, thätig sein. Die eigene Arbeit, die Sammlung der ganzen heimischen Kraft in der Arbeit, ist keinem Volke geschenkt, das heraustreten will aus der Bedeutungslosigkeit. Das alte Athen, Florenz, Venedig, das neue Eng- land, die Schweiz, Holland sind Belege für den Satz, dass die Arbeit und nurdie Arbeit die Staaten gross macht und in der Gegenwart den Wohlstand, in der Zukunft die ehrenvolle weltbistorische Stellung zu sichern im Stande ist. Auch die Aufnahme fremder Elemente und Er- rungenschahen, ihre geitige Verarbeitung und Weiterbildung ist Arbeit für das eigene Volk und für die gesammte Menschheit zugleich; ein Bei- Spiel bietet uns Frankreichs Renaissance unter Franz I. auf ihrer iioren- tloisohen, ausländischen Grundlage. Blicken wir ein Jahrtausend zurück, soiceigt sich, dass seit den Tagen der Babenberger die Arbeit in Oester- reich ununterbrochen in engster Verbindung stand mit den Bestrebungen des deutschen Reiches, im selben Grade als es mit seiner Geschichte und Politik, Wissenschaft und gesellschatlichen Cnltur der Fall gewesen ist. Fremde sind durch ihr Wirken und Schaden tilr Oesterreich in all' diesen Gebieten die Unsern geworden und diese sog. Fremden durch Wollen und Können längst innig verschmolzen mit unserer Thätigkeit auf dem Gebiete des geistigen Scbaßeus.