291 unter den Ming-Kaisern eingenommen hatte, so konnten dieLeistungen darin noch immer neben jenen Muster-werken ihren Platz behaupten. Wirklich wird man häufig Emailen finden, die das Nienhao Kien-lung tragen. Vielen von diesen Emailen würde man leicht geneigt sein, auf den ersten An- blick ein sehr hohes Alter zu vindiciren, Formen und Verzierungsweisen sind oft den ältesten Vorbildern, jenen Vasen und Geräthen, die die Chi- nesen gerne den Urzeiten der Behang-Dynastie zuschreiben, entlehnt. Es ist dies eine archaistische Kunstrichtung, der wir hier begegnen, eine Kunst- richtung, die durch Culturströmungen hervorgerufen worden ist, die sich mit Vorliebe dem Alterthume zuwendeten. Beiläufig bemerkt, liegt hierin auch der Grund der in Europa vielfach verbreiteten Meinung von einer völ- ligen Stagnation der Knnstbswegung in China seit den ältesten Zeiten. Freilich lassen sich die Wandlungen, die die Kunst in jenem Lande er- fahren, nicht nach unserem Masstabe messen, gewiss aber auch heute noch nicht übersehen und daher kaum völlig richtig würdigen. Der erwähnten, vielleicht nur localen, keineswegs aber gründlichen Besserung der Kunstpro- duction scheint schon im 18. Jahrh. wieder ein weiterer Rückschritt gefolgt zu sein. Die Emailen werden in Ornamentation und Ausführung immer ge- ringer, die Farben unharmonischer, selbst grell, die früher dünnen Zellen- güden werden zu breiten Metallstreifen, die man wegen ihrer Stärke nun nicht mehr mit der alten Genauigkeit und Zartheit biegen konnte. Auch in den Proceduren des Brennens geht die frühere Geschicklichkeit ver- loren, indem man bei den neueren Emailen an der Innenseite der Gefässe häufig ein Gegenemail angewendet sieht - ein Nothbehelf, dessen sich die Künstler der guten Zeit nie bedient hatten. Heutzutage sollen nur noch wenige Familien in China die Kenntniss der Herstellung der Zellen- emailen besitzen und verwahren sie als Geheimniss; doch werden in Canton kleinere Gegenstände dieser Art noch leidlich gut verfertigt. Für den heutigen Zustand der Künste in China ist bezeichnend, was der Reisende Robert Fortune, der viel mit chinesischen Sammlern und Kennern ver- kehrte, darüber schreibt: „Unser grösster Schrecken war das neue (chinesische) Porcellan, das mehr als irgend ein anderes Ding im Lande beweist, wie sehr alle Künste in Verfall gerathen sind." Wir können zum Schlusse nicht unerwähnt lassen, dass auch in Japan die Kunst, Zellenschmelze zu machen geübt worden ist, und wahr- scheinliuh noch gegenwärtig geübt wird. Ohne Zweifel gelangte die Keuntniss des Zellenemails von China aus dahin. Die japan. Emailen erreichen jedoch nicht die chinesischen an künstlerischem Werthe, ob- gleich sie mit staunenswerthem Fleisse und grosser Geschicklichkeit aus- geführt sind. Die Zellenfaden sind bei den japanischen Ernailen sehr dünn, die Zellen selbst sehr klein, so dass der Aspect des Ganzen oft der Wirkung eines Mosaiks nahe kommt. Die Farben sind sehr leb- haft, aber nie so harmonisch wie die chinesischen Emailfarben, woran