498 Dem Bcscbauer wird vielleicht die grosse Länge des Gebäudes bei geringer Tiefe auffallen, aber diese Verhältnisse waren gegeben und es galt, slch auf einem Raume ein- zurichten, den der sogenannte Cholera-Canal von rückwärts her auf's liusserste einengt. Diesem Mangel wurde ein wenig dadurch ausgewichen, dass das Risalit der Mitte mit etwa 18 Schuh in das Trottoir der Ringstraase vorspringt. Es wurde auf diese Weise ein Vestibule gewonnen, das bei der Eintheilung des Innern durchaus nothwendig war; ohne dasselbe bitte die Disposition der Räume vollständig umgescbaßen werden müssen. Diese Disposition aber, iinsserst einfach, symmetrisch, klar und den Zwecken des Museums ganz angepasst, darf als einer der Vorzüge des Gebäudes betrachtet werden. Wer das Vestibule betritt, findet sich einer grossen Halle von sehr bedeutenden Verhältnissen gegenüber, zu welcher eine Stiege, fast in der ganzen Breite des Vestibules, hinaufführt. Drei Bogen öffnen sich über ihr mit grossen Glasthiiren und fiihren zur Halle hinein. Dem mächtigen Eindruck dieser hoben, freien, luftigen und farbigen Halle wird sich Niemand entziehen können. Sie ist von zwei Bogengiingen umgeben, die von je sechzehn Säulen, Monolitheu von grauem, geschliffenen Mauthnusener Granit, gebildet werden. Die Halle steigt bis zum Dach hinauf durch zwei Stockwerke und schliesst oben mit einer Decke von leicht gefürbten und ornamentirten Gläsern in eisernen: Gerippe. Sie vollendet damit den farbigen Eindruck des Ganzen, auf den Alles binzielt. Die Wände imitiren bunte Marmornrten in Stucco-Lustro, die Gewölbe der Arcaden sind mit leichten zierlichen Arabesken im Genre von Rafaefs Loggien bedeckt, der Fussbodeu gibt geome- trische Muster in mosaikartigem Asphalt. Der farbige Eindruck concentrirt slch auf der Hauptstiege, welche dem, der die niedere Stiege im Vestibule heraufsteigt, sofort in das Auge fällt. Sie liegt gerade gegenüber auf der anderen Seite im Hintergrund und nimmt den mittleren Theil des entsprechenden Risalits auf der Rückseite ein. Die Disposition kann nicht klarer sein. Ehe wir aber die Stiege betreten, gedenken wir der Seitenrilume des Erdgeschosses, welche die eigentlichen Ausetellungssiile des Museums bilden werden. Es sind dieser Säle acht, je vier zu jeder Seite der gxOssen Halle in ganz gleicher Symmetrie. Je drei, von rechts und links parallel laufend, stehen mit ihrer Längenaxe senkrecht auf die Hauptballe, der mittlere uurch das Obergeschoss hindurchgehend und ähnlich wie die Haupthalle mit farbigem Glas gedeckt, die beiden anderen mit Seitenlicht, der eine der liingstrasse, der andere rückwärts dem Wieniiuss zugekehrt. Vor die Stirn- seiten dieser drei parallelen Süle legt sich je ein vierter, der eine mit seiner Langssite der Wollzeile, der andere dem Donancanal zugekehrt. Diese beiden Säle haben Licht mit gewaltigen Fenstern von drei Seiten. Uaherh-anpt, wie wir gleich bemerken wollen, gibt es schwerlich ein Gebäude, das für seinen Zweck vortheilhaher und gleichmiissiger be- leuchtet wäre. Was die Decoration dieser Räume betrifft, so ist auch hier an farbig heitere Aus- stattung im Styl der besten Renaissance gedacht worden: es musste aber dem Umstande Rechnung getragen werden, dass diese Säle Ausstellungsriiume sind, dass sie mit ihrer Decoration nicht die ausgestellten Gegenstände, welche vor Allem die Bestimmung haben, den Blick auf sich zu ziehen, erdrücken durften. Die Winde, welche Vitrinen, Teppiche, Gobelins, Porcellan-Arbeiten, Fayenceu u. dgl. m. aufzunehmen haben, sind darum mit Tapeten in einer Farbe mit stylisirtem, abgetontem Muster bekleidet, die einen in Roth, die anderen in warm gebrochenem Grün. Reicher, jedoch rein decorativ gehalten sind die Plafonds, diejenigen der Langsile mit freien Arabesken oder richtiger Grotesken jener Art bemalt, wie wir sie vorzugsweise von Pompeji und aus den Bädern des Titua kennen und wie sie nach den letzteren von Rafael und seinen Schülern nachgeahmt und weiter gebildet wurden, die breiten Stirnsäle gen mit kunstvoll abgstheiltem, vortretendem Gabiilk und auf ihnen wie in den ver- tieften Feldern mit farbigem und goldenem Ornament. Anders sind die beiden Oberlicht- säle decorirt, bei denen sich das Ornament auf die Wölbnngen concentrirt, welche die Glasdecke der Mitte tragen. Ein richtiges Gefühl hat für den einen Saal, für denjenigen nimlich, welcher der textilen Kunst gewidmet ist und unter Anderm die Gobelins wie reich gefärbte orientalische Teppiche aufzunehmen haben wird. eine Relief-Ornarneutation erwähleu lassen, für den anderen aber, welcher fiir Gypsabgüsse bestimmt ist, farbige Malerei. Aber auch jene ist nicht farblos, und namentlich machen die grossgcschwungeneu Stuck-Ornamente, die alle aus freier Hand gearbeitet sind, mit ihrer Vergoldung eine prachtvolle Wirkung. Von den Malereien des anderen Saales ist nur das Ornamentale nebst einigen der Ggiirlichen Felder fertig, sie genügen aber, um auch hier den gelungenen Effect vollkommen zu beurtheilen. Bei diesen Decorationen ist der ornainentale Theil aus- gelübrt von Isella und den beiden Brüdern Schönbrnnner, der Ggürliehe von Eisenmeuger; die plastischen_Arbeiten sind von Pokorny und Melnitzky gemacht worden. Wir betreten nun die Hauptstiege, welche, offen gelegen, von der unteren Arcndc zur oberen biuanfleitet. Die untere Hälfte führt gerade in der Mitte des Gebäudes zum