Planlos, wie sie angelegt sind, irren wir auch durch die Räume und finden kein System weder in der Aufeinanderfolge der Gegenstände, noch in der Aufstellung, noch in der Aufnahme dessen, was zur Sache gehort und was nicht. Hier und da fühlen wir wohl durch, dass ein System zu Grunde zu liegen scheint, 'wir stossen aber auf so vieles, was dem zuwider ist, dass wir das System wieder vergessen. Wir erhalten den Eindruck, als ob es darauf angekommen sei, dass eben im Museum alles sich fände, alles was man etwa suchen konnte, und noch vieles andere. So gibt es im Kensington-Museum Bildergalerien, nicht eine, sondern gar viele von verschiedener Art, viel Gutes, sehr Gutes darunter, aber auch viel Unbedeutendes und Falsches dazwischen; so gibt es einen ganzen Corridor mit den Nahrungsmitteln aller Art, darunter im hohen Glaskasten einen künstlichen papiernen Weinstock mit künstlichen Trauben. Anderswo in diesen Räumen sieht man ein Marine- museum mit lauter Schilfsmodellen, anderswo lange Gange und Hallen mit dem Material der Schule, mit botanischen, mineralogischeri Sammlungen, mit einem Fischmuseum, mit ausgestopften, künstlich nachgebildeten Thieren, z. B. kämpfenden Hirschen in Lebensgrösse, alles unter dem Aushängeschild von Lehrmitteln, - ein Grund, der consequenter Weise ein vollständiges naturgeschichtliches Museum aller Natur-reiche nach sich ziehen musste. Und so finden wir noch viele andere unbegreilliche Dinge, wie zufällig hier und dort, die ich nicht aufzählen will. Daneben dann freilich auch eine grosse Fülle des wundervollsten alten Kunstgeraths, wie sie sich ganz eigentlich für dieses Museum gehört, Gold- und Silbergerath, Majoliken, Porcellan, Schnitzereien, und wie sie nur mit den grossartigen Mitteln dieser Anstalt und mit einer Entschlossenheit im Kaufen, die vor keinem Preise zurnckschreckt, sich hat vereinigen lassen. Somit lindet derjenige, der in das Museum kommt, das Einzelne zu studiren, vor- ausgesetzt, dsss er es entdeckt, gewiss seine Rechnung, forscht er aber nach den Zielen und Absichten dieser Anstalt, prnft er die Mittel sie zu erreichen und die Art ihrer Verwendung, so kann er sich wohl nicht der Ueberzeugung verschliessen, dass in dieser Beziehung, in der Verfolgung der eigentlich künstlerischen Absichten die Ane stalt keineswegs mit klarem Bewusstsein der Wege und Ziele geleitet wird. Er muss sich selber gewaltsam tauschen, will er einen gewissen Dilettantismus und einige Begrilisver- wirrung nicht bemerken. Von diesen Uebelstanden, die mit den Persönlichkeiten eingewachsen sind, ist denn leider auch ein Guttheil auf die internationale Ausstellung dieses Jahres übergegangen. Sie sollte die eigentliche, auf richtiger Basis begründete, consequent und systematisch nach den richtigen Principien durchgeführte Ausstellung sein, und in Wirklichkeit macht sie vielmehr den Eindruck, als müsste man sie die Ausstellung der gebrochenen Grundsätze nennen. Ueberall liegt ein System, ein Princip zu Grunde, und überall ist es gc- b r oc hen. Man stellte zunächst den Gedanken auf, dass diese Ausstellung gewissermassen ein bleibendes nationales Staatsinstitut werden solle, eine permanente Ausstellung. Da diese nun aber, unter den heutigen Verhältnissen des Völkerverkehrs, als universale Welt- ausstellung gedacht, eine Unmöglichkeit ist, da man wohl auch den Reiz des Neuen, des Wechselnden nicht entbehren konnte, so fand man den Ausweg, das ganze Gebiet der Gegenstände in zehn Gruppen zu zerlegen und diese auf zehn Jahre zu vertheilen, wo- nach der Kreislauf mit der ersten Gruppe wieder von vorn beginnen sollte. Die Idee ist demnach eine permanente internationale Ausstellung partiellen Inhaltes. Von dieser Idee machte man aber sofort eine sehr verhangxiissvolle Ausnahme, indem man die Kunst - und man fasste die Kunst, wie wir gleich sehen werden, in einem sehr weiten Sinne - ein für allemal zu jeder Jahresausstellung vollständig und unbeschränkt zuliess. Aber auch in dieser Form der Theilung ist eine permanente Weltausstellung wider- sinnig. lst die Idee richtig, so werden natürlich die übrigen Volker sie gleichfalls bei sich einführen und am Ende wird jedes Land gleichzeitig seine Weltausstellung halten. Alsdann wird niemand mehr Lust oder Veranlassung haben, die des andern Landes zu besuchen oder zu beschicken und die Sache hort von selber auf. Eine permanente Westausstellung kann nur Aussicht auf Existenz haben als Weltbazar, in welchem jederzeit Ausverkauf und Erneuerung stattfindet, und das wird auch das Ende dieser Londoner Ausstellung sein. Schon ist der Anfang dazu gemacht. Die Franzosen, aufgefordert Jahr für Jahr diese Ausstellung mit ihren neuesten und besten Artikeln zu beschicken, verlangten als Gegenbedingung das Recht, nach Belieben dasjenige, was sie eingesendet, verkaufen zu dürfen. Man räumte ihnen dieses Recht ein und liess sie eigene Hallen, einen eigenen Bazar inmitten des Ausstellungsmumes errichten. Dadurch wurde erstens das unbedingte Princip jeder bisherigen Ausstellung, von den ausgestellten Gegenständen nichts vor Schluss hinweglunehmen oder wegzugeben, gebrochen. Es wurden zweitens alle französischen Gegenstlnde von der Systematik der Aufstellung ausgeschlossen und dadurch ein anderes Loch ll'l das Princip gemacht, und drittens musste man jedem anderen Lande das gleiche Recht einräumen, was sie sich ohne Frage eines nach dem andern zu Nutze machen werden. Alsdann ist es mit aller principiellen Ordnung und darauf begründeten systema- 4c