289
Dasjenige Metall, oder besser gesagt, die Metallmischung, welche
bei den Aegyptern die Bezeichnung asem, bei den Hellenen ijlexrpov
und im Römischen den Namen electrum führt, von der Homer gleichfalls
Nachricht bringt, ist seit jeher der Gegenstand vielfacher Meinungsver-
schiedenheit bei den Philologen und Alterthun-iskennern gewesen. In den
ägyptischen lnschriften und Monumenten wird es oft zugleich mit dem
Golde genannt und in Beuteln aufbewahrt dargestellt, auch in Ringforrn
und in dieser letzteren Gestalt auf der Wage befindlich. In Phylae wird
Isis gerühmt als nGold der Götter, Asem der Göttinnenu. Als Schmuck
oder vielleicht selbst als Material der Säulen einer Halle nennt es die
Inschrift in Denderah. Andere Stellen beweisen klar, dass Asem nicht
bloss ein künstliches Metall, keine Legirung gewesen sei, sondern auch
aus den Bergwerken erbeutet wurde, der Name bezeichnet das eine wie
das andere, gleichwie unter das römische Aurichalcum eine bereitete, aber
auch eine natürlich vorkommende Metallmischung ist, das Messing. Schon
Plinius und Strabo wussten, dass dem Golde häufig bereits in den
Minen Silber beigemischt vorkomme; diese Masse heisse Electrum, wenn
sie mit Alaunerde durch Brennen gereinigt sei. Auch in der Farbe nähert
sich Electrum mehr dem Silber als dem Golde, es war härter, leichter
und lichter als dieses. Man schätzte das Electrum natürlich darum sehr
hoch, weil aus ihm sowohl das Gold als das Silber, von denen das erstere
sehr selten in vollkommen reinem Zustande erscheint, zu gewinnen war,
auch weil Electrum bei der grossen Weichheit des reinen Goldes zu allen
Arten der Verarbeitung sich besser eignete als jenes. Den Rosennu, d. h.
den Assyrern, wurden unter Thutmosis III. Wagen als Kriegsbeute abge-
nommen, welche aus dem in Rede stehenden Materiale gearbeitet waren,
Pyramiden und Obelisken liebte man mit demselben zu überziehen; Thür-
Hügel an den Tempeln wurden daraus verfertigt. Die Vorliebeifür das
Electrum gehört aber mehr der älteren Zeit an, um die Periode der
Psammeticbe verschwindet es aus den Inschriften und erscheint blos in
alterthümlichen traditionellen Ausdrücken, wie es jene obencitirte Bezeich-
nung ist, die der Isis in Phylae beigelegt wird. Je leichter man späterhin
Gold und Silber von einander zu scheiden verstehen lernte, desto seltener
brauchte man die natürliche Mischung in Anwendung zu bringen.
Das Silber heisst hat, d. h. das Helle, Weissglänzende, gleich äpTupoG,
andere Zeichen dafür müssen seh und ark gelesen werden; endlich findet
sich noch der Name ru oder rua. Es wird weiss gemalt und kommt in
Ringen, in Ziegelform, in Stücken, Platten und Haufen von roher Form
vor, gleich dem Golde. Vorzugsweise diente es zur Anfertigung grosser
prachtvoller, auch mit Gold und Email geschmückter Gefässe; Thut-
mosis III. erbeutete silberne Wagen. Beide Metalle scheinen beinahe
wie nur Eines von verschieden vorkommender Farbe betrachtet worden
zu sein und hatten in alter Zeit auch fast denselben Werth, ja, in dem
goldreichen Aethiopien zog man Silber diesem Metalle vor. Silber wurde