422 Die königliche Kunstgewerbeschule Nürnberg ist eine dem k. Staatsminister-lau: des lnnern für Kirchen! und Schulangelegenheiten unmittelbar untergeordnete Anstalt. Die Schule soll ihrer Bestimmung gemüss die künstlerische Ausbildung der Schüler in allen Fachern bis zur höchst möglichen Vollendung anstreben und zugleich die Anwendung der Kunst auf die Gewerbe. somit die Veredlung der letzteren sich zum Ziele setzen. 4 Alle in der Anstalt entstandenen Gegenstände sind nicht Cnpien, sondern Originale. Die hier ausgestellten mögen von dem eingeführten Lehrplane und der Lehrmethode in allen Fachern eine erläuternde Anschauung geben. Mit den ornamentalen Zeichnungen nach plastischen Modellen beginnt in der Regel der erste Unterricht. Schon in dieser Classe soll durch die möglichst correcte Wiedergabe der Conturen, sowie der Licht- und Schatten-Töne, der Schüler nicht allein die aussere, sondern die ia ebenso wichtige innere Bewegung der Formen verfolgen und sich einprägen. Die architektonischen Zeichnungen sind Uebungen im Entwerfen baulicher und baugewerklicher Gegenstände, im Construiren architektonischer Theile bis zu vüllstäne digen Bauplanen; ferner im Anfertigen von ililerkzeichnungen und Aufnahmen älterer Gebäude. Die mit Angabe der Farbe angefertigten Zeichnungen sind zur Ausführung bestimmt und werden an die Gewerbe. nöthigenfalls nebst Werkzeichnungen in wirklicher Grosse und den dazu gehörigen ornamentalen und figürlichen Modellen aus der Schule verabfolgt. Die Holzschnitzereien sind entweder Uebungen in der Technik oder Details zu ausgeführten grösseren Gegenständen für kirchliche und profane Zwecke. Alle ornamentalen und architektonischen Modelle werden nach Zeich- nungen mit theilwoiser Benützung alter Vorbilder modellirt, damit die Schüler das Uebertragen eines gezeichneten Entwurfs in plastische Formen lernen. Die Erfahrung lehrt ja, dass bei diesem Uebersetzen des Graphischen in's Plastische in der Ausführung künstlerischer und gewerblicher Gegenstände die erheblichstenSchwierigkeiten sich ergeben. Die ciselirten Arbeiten werden in der Anstalt modellirt und in Erz gegossen. und gehen als fertige Modelle in die Werkstätte der Gewerbtreibenden über. lm figürlichen Fache wird wenigstens ein bis zwei Semester das Studium nach der Antike geübt; daran reiht sich das Zeichnen nach dem lebenden Modell, - die Acte erst im Kleinen, dann in Lebensgrösse - die Draperie- und Costüm-Studien und endlich die gezeichneten Studienltopfe und die Canons zu Glas- und Altar-Gemälden. Hiemit stehen die Uebungen im Malen nach dem lebenden Modell und nach gruppirten Gegenständen im engen Zusammenhnnge. In gleicher Weise beginnen die figürlichen plastischen Vorstudien nach der Antike , jedoch meistens im verkleinerten Massstabe; dann folgt das Modelliren nach dem Akt und die Anfertigung von Büsten nach dem Leben oder nach Zeichnungen (Kupfer- stichen) mit Benutzung von Todtenmasken. Unter der Leitung der Lehrer werden grössere plastische und bildliche Gegenstände zu gewerblichen Zwecken von den Schülern auf Bestellung in der Anstalt ausgeführt; künstlerische Aufgaben hievon werden den befähigferen Schülern, die sich speciell der Kunst widmen, übertragen. Diese Organisation der Anstalt ist auf den in der Schule nach und nach gemachten Erfahrungen erwachsen. Die Schule ist vermoge dieser Einrichtung in der Lage, nicht allein tüchtig geschulte Gehilfen, 'sondern auch im ornamentalen, architektonischen und besonders im ligtlrlichen Fache, unbeirrt durch Bedenken darüber, wo etwa die Kunst aufhört und die Gewerbe anfangen. geschickte künstlerische Kräfte zur Hebung der Gea werbe zu erziehen, die gestützt auf ein strenges Studium für die letzteren neuerfundene Vorbilder schaffen und an der correcten Ausführung derselben sich betheiligen. Ausge- wählte Erzeugnisse der Schule, sowohl Entwürfe und Sttfdien, wie ausgeführte Gegen- stände werden durch die photographische Anstalt und Gypsgiesserei vervielfältigt und auf dem Handelsweg verbreitet. ' Klöppellntluatrla In Suchsen. Der Klöppelschul-lnspector Herr C. A. Richter in Schwarzenberg hat gelegentlich der Weltausstellung, auf welcher die konigl. Klöppelschulen in einer Collectivausstellung vertreten sind, folgenden Bericht, betitelt: v-Die königl. Sächsischen Klöppelschulen, ihre Zwecke, Organisation, Leitung und Beaufsichtigung etc.-, ausgegeben. Im Hinblick auf die Bestrebungen, welche für diese Industrie auch von österreichischer Seite in neuerer Zeit gemacht werden sind, sowie im Zusammenhänge "mit mehreren Artikeln und Berichten über diesen wichtigen Gegenstand, die in den v-Mittheilungen- Aufnahme gefunden haben,