existirt, wenngleich der Meister sie ganz gut gekannt hat. Er malte die heiligen Geschichten als Holländer mit holländischen Modellen und unter der Eingebung nordisch-inniger Gemüthsempiindungen. A Wie haben sich nun die Holländer, dieser äußerste linke Flügel der malerischen Naturalisten, zum Barockstil in Architektur und Kunstgewerbe verhalten? "Unsere Erwartung von dieser Seite wird womöglich noch ge- steigert, wenn wir zur Antwort erfahren, dass die Holländer den römischen Barockstil nicht übernommen haben. Wessen die Flamänder und selbst die Spanier noch immer nicht entrathen zu können glaubten, das haben die Holländer grundsätzlich abgelehnt. Sowie sie den römisch-Horentinischen ltalianismus in der Malerei schrotier und unbedingter als ihre beiden anderen naturalistischen Concurrenten zurückgewiesen haben, so ver- schmähten sie es auch, in der Architektur ihre Inspirationen aus Rom zu holen. Nun könnte es scheinen, hätten wir endlich das Richtige, was wir suchen! eine bewusste und rücksichtslos naturalistische Kunst, die auch in der Architektur andere Wege gehen will als die übrigen, die sich immer noch mit dem historischen Idealismus abfinden zu müssen glaubten. Aber es harrt unser auch diesmal eine Enttäuschung. Den römischen Barockstil haben die Holländer allerdings verschmäht; sie sind auch nicht bei ihrer Renaissance des 16. Jahrhunderts geblieben, nicht blos, weil sie ihnen überlebt schien, sondern wohl auch ihres italianisirenden Charakters willen: so wie man den sogenannten italienischen Manierismus in der Malerei um 1600 für überwunden ansah, wollte man auch von dem damit parallel entwickelten Manierismus in der Architektur nichts mehr wissen. Aber was hat man an Stelle dessen gesetzt? Etwa einen ganz neuen, originellen Baustil, aus den natürlichen Voraussetzungen des Zweckes und der natürlichen Beschaffenheit der Materialien entwickelt und mit naturalistischen Decorationsmotiven verziert? Nichts von Alledem. Die Holländer haben nicht minder wie alle übrigen Kunstvölker jener Zeit, mit einziger Ausnahme der Italiener, sich hinsichlich ihrer Architektur und ihrer Kunstgewerbe nach fremder Hilfe umgeschaut. Nur vom päpst- lichen Rom durfte die Hilfe nicht kommen. Man nahm sie daher vom kaiserlichen Rom, von dem Rom der classischen Antike. Es verräth sich darin die praktische, consequente Denkweise der Holländer. Ihr Protestantismus bestand darin, dass sie direct auf die Quellen des altrömischen Urchristenthums zurückgingen und die Tradition und Dogmatik des päpstlichen Rom zurückwiesen. Genau das Gleiche vollzogen sie nun auf dem Gebiete der Architektur. Auch hier ver- schmähten sie die Trübungen, die der altrömische Baustil im Laufe der päpstlichen Jahrhunderte erfahren hatte und wandten sich direct an die Urquelle, an den classischen Stil der römischen Kaiserzeit. Sie gingen aber nicht etwa nach Italien, um ihn an den erhaltenen Denkmälern selbst zu studiren, sondern sie benutzten dazu die Publicationen dieser Denkmäler, die seit dem 16. Jahrhundert von den Italienern wiederholt