pathisch sein: sie müssen sich bestreben, so objectiv wie nur möglich vorzugehen, denn jede Entwicklungsstufe im Kunstschalfen aller Nationen, jede Zeitrichtung hat Recht auf Berücksichtigung in dem historischen Gesammtbilde und jedes Gebilde kann in irgend einem Sinne lehrreich werden. Die Anforderung ist nicht ganz leicht zu erfüllen, aber man lernt das allmälig, und die Beobachtung der Zeitläufte erleichtert dies Lernen. Vor 50 Jahren herrschte der verwässerte Empirestil und musste im Be- ginne der Bewegung der Renaissance weichen, die allenfalls noch der kirchlichen Gothik gewissermaßen ein Altentheil vergönnte. Verfehmt war das achtzehnte Jahrhundert, und vor Allem war das frivole Rococo so anrüchig, dass man sich hätte versucht fühlen können, Alles, was diesen Stempel trägt, auf den Trödel zu schicken, damit die wohlerzogene Museumsgesellschaft kein Aergerniss erfahre. Als dann die Japaner er- schienen, wurden die angeblich wiedererstandenen wChinoiseries- als Spielereien von Halbbarbaren belächelt. Inzwischen sind Barock, Rococo, Louis XVl, Empire und Biedermeyer-Stil wieder zu Ehren gekommen, und es fehlt nicht an Neigung, unsere gesammte alte Cultur für den Japonisme hinzugeben, hinter dem möglicherweise schon als lachender Erbe die prähistorische Kunst steht. Denn gerade die Leidenschaftlichkeit, mit der hier und dort die allein seligmachende Cultur des Japanischen gepredigt wird, lässt eine baldige Auflehnung gegen eine Richtung voraus- sehen, die sich nicht mit dem begnügt, was wir den Japanern Nützliches absehen können, sondern uns in's Japanische übersetzen möchte, während noch abzuwarten ist, wie den Japanern selbst ihre Uehersetzung in's Eng- lische anschlagen wird. Lernen lässt sich, wie gesagt, überall und von Jedem, und wir haben von dem Wechsel trotz der Raschheit, mit der er sich vollzieht, reichlichen Gewinn gehabt, uns immer mehr von doctrinären Anschauungen losgemacht; doch war dies ohne allgemeine Begriffsver- wirrung nur möglich bei aufmerksamer, aber gelassener Beobachtung der Erscheinungen des Tages. Auf der anderen Seite heißt es den Wünschen des nichtfachmännischen Publikutns zu entsprechen, damit unsere Museen nicht das Schicksal der- jenigen theilen, die von den Einheimischen unbeachtet gelassen werden, weil diese jene Sammlungen kennen, d. h. zu kennen glauben. Man veranlasst also Specialausstellungen, die wenigstens vorübergehendes Interesse erregen. Damit läuft man aber Gefahr, die Meinung zu befestigen, dass ohne solche besonderen Veranstaltungen vnichts los-r sei und das Institut eigentlich seine Schuldigkeit nicht thue. Die Fernstehenden ahnen nicht, dass die Besucherzahl nur sehr bedingt einen Schluss auf die Thätigkeit und den Einfluss kunstgewerblicher Museen begründet. Was z. B. das Oester- reichische Museum anbetrifft, weist es für das Jahr 1896, in dem die Wiener-Congress-Ausstellung eine ungewöhnlich große Besucherzahl anzog (161.g55 gegen 84.751 im Vorjahre), 17.099 Bibliotheksbesucher auf, und es bedarf keiner Hervorhebung, um wie viel wichtiger für die