Sie bilden ein wichtiges Glied in einer langen Entwicklungsreihe. War beim Zellen- und Grubenschrnelz das Metall der Träger des far- bigen Schmuckmittcls, zugleich aber auch das formgebende Element; trat später das Email als Maleremail so selbständig auf, dass der Metall- excipient nur als nothwendiges Uebel zu betrachten war, so wurden bei den Pique-Emaillen die schmückenden Gebilde aus Edelmetall von der Emailschichte gehalten und getragen, wobei der Umstand als neben- sächlich betrachtet werden kann, dass diesguillochirte Musterung der Goldunterlage dem transparenten Email zu gesteigerter Wirkung verhalf. Das Gesagte wird besonders schön durch die selteneren Beispiele illustrirt, die uns das aufgelegte Goldornament, ohne Fondantliberzug, also frei zu Tage liegend, gewissermaßen als Incrustation zeigen. Als Vorläufer solcher Arbeiten sind die beim Limousiner Email vorkommenden Stücke mit aufgelegten Folien, ferner in noch höherem Grade die sogenannten venetianischen Emaillen zu betrachten, bei welchen das Princip der freien Verwendung vorräthiger Ornarnentmotive schon vollständig ausgebildet ist. Bei den folgenden Ausführungen wird sich vielfach die Gelegenheit bieten, auf besonders hervorragende Beispiele von Arbeiten in Pique- Email hinzuweisen. Von den vorhandenen Gegenständen sollen die wichtigsten hervor- gehoben sein. Schmuckgarnituren. Zwei solche, Nr. 197i u. 1972, Geschenke der Stadt Neapel an die Königin Murat, nunmehr im Besitze des Fürsten Camillo Heinrich Starhemberg, sind reich, aber auch schwerfällig, aus, Motiven der Rococo-Ornamentik zusammengestellt. Die eine dieser Gar- nituren besteht aus einem Diadem, zwei Armbändern, zwei Colliers, zwei Paar Ohrgehängen und vier Brochen. Alle diese Stücke sind mit ge- schnittenen Corallen besetzt; die zweite (ein Diadem, ein Armband, ein Paar Ohrgehlinge, eine Broche und zwei Colliers) ist mit einer großen Anzahl geschnittener Carneole von nicht unbedeutender Größe aus- gestattet, die zum Theil Arbeiten der Brüder Pichler sind. Es ist bemerkenswerth, dass in der Empirezeit Catneen, lntaglids u. dgl. an solchen Schmucksachen angebracht wurden, die während ihrer Benutzung auch nicht einmal für ihre Trägerin der intimeren Betrach- tung zugänglich waren, außerdem aber auch nur geringe coloristische Vorzüge hatten. Die Ursache eines solchen Vorganges lag wohl zunächst in der Vorliebe, die sowohl antiken als modernen geschnittenen Halb- edelsteinen entgegengebracht wurde, doch scheint es auch nicht aus- geschlossen zu sein, dass die Mode etwas darin suchte, einer am fran- zösischen Hofe plötzlich zur Realisirung gekommenen ldee Rechnung zu tragen. Diese ldee, lancirt von einigen Hofdamen der Kaiserin Josephine, bestand eben darin, eine Anzahl der im Antikencabinet der Bibliotheque nationale aufbewahrten Gemmen zur Herstellung eines Schmuckes ver- 6.