98 Wir haben damit die wichtigsten Arten der beiden ersten Gruppen charakterisirt und gelangen zur dritten großen Gruppe, den Porzellanen mit Landschaftsmalereien. Diese Veduten, Städtebilder und Ansichten einzelner Gebäude, wurden nicht in erster Linie um ihrer Schönheit willen, sondern hauptsächlich wegen des Interesses oder der Erinnerung, die sich daran knüpft, angefertigt. Der Künstler hatte daher auch kein anderes Bestreben, als das Bild leidlich richtig und in der conventionellen Manier jener Zeit wiederzugeben. Die zu erzielende künstlerische Wirkung war vom Hause aus beschränkt, in bestimmte Grenzen gewiesen. Ihrer Gesamtnt- erscheinung nach sind daher auch diese Porzellane im Vergleich zu den in anderer Weise decorirten in der Regel viel bescheidener. Die peinliche Genauigkeit und der lobenswerthe Fleiß machen aber auch diese Stücke zu geschätzten Erzeugnissen der Fabrik. Auch solche Landschaften sind manchmal monochrom behandelt, in der Regel sind sie aber, wie es in der damaligen Aquarellmalerei üblich war, in leichten Lasurfarben ab- getönt, während dunkle, scharf geführte Linien die eigentliche Zeichnung bilden. Die auf diesem Gebiete thätigen Maler waren Johann Weichsel- baum, Karl Scheidl und Jacob Petter. Wien in weitestem Sinne bildet das Hauptthema. Viele von diesen Darstellungen sind heute schon historische Documente geworden und nehmen als solche unser erhöhtes Interesse in Anspruch. Der Hof der kaiserlichen Burg in Wien, die Schlösser Schönbrunn und Schlosshof, Ansichten aus dem Augarten, dem Prater, dessen Weltruf eben aus dieser Zeit stammt, sowie aus Laxen- burg, Veduten aus den malerisch gelegenen Ortschaften in der Umgebung Wiens, wie Klosterneuburg, Heiligenstadt, Dornbach, Hietzing, Mödling. Liesing, Kaltenleutgeben, Hacking, Mariabrunn etc., Wiener Plätze, Sraßen, Kirchen, Paläste und öffentliche Anstalten bilden die am häufigsten wieder- kehrenden Bilder, und merkwürdig berührt der meist in französischer Sprache beigegebene Text. Es ist kein Zweifel, dass die Wiener Fabrik namentlich zur Zeit des Congresses gerade mit diesen Stücken besonders gute Geschäfte machte. Die meisten der hiehergehörigen Stücke der Ausstellung entstammen den Sammlungen Karl Mayer und Simon v. Metaxa. Küntlerisch höher als die Landschaftsmalerei steht die vierte Gruppe, die Blumenmalerei. Die naturalistische Blumenmalerei tritt schon mit Ende des Rococo als Schmuck von allerlei Erzeugnissen der Kunstindustrie auf, sie führt durch das Empire ein bescheidenes Dasein fort und gewinnt erst im Laufe der Zwanziger Jahre an Umfang und Bedeutung. In der Wiener Porzellanfabrik ist sie jenes Genre, das sich selbst in der Ver- fallszeit noch auf ansehnlicher Höhe hält, und bedeutende Künstler auf- zuweisen hat. In den ersten zwei Decennien des Jahrhunderts tritt der Blumendecor noch zurück vor den anderen Verzierungsarten. Zierliche Blumengewinde, leichte Festons, Kränzlein aus Rosen, aus Vergissmein- nicht, oder aus diesen beiden Lieblingsblumen der Zeit, sind die relativ