121 Weiteres unter die vErnpire-Arbeitenu einzureihen vermögen, weil ihnen das charakteristische Merkmal derselben, der erstarrte, nüchtern wirkende classicirende Forrnenkram mangelt. Sie haben Alle - mehr oder minder .-- einen gemeinschaftlichen, verwandten Zug, sie können ihre Abstam- mung nicht verleugnen. Es sind spätgeborne Kinder jener Stilart, die allerdings auch (worauf schon oben hingewiesen wurde) auf antiken Formen basirte. Aber diese waren nicht abgeschrieben, nicht einfach copirt, sondern, dem Charakter der Zeit Ludwig XVI. entsprechend, in feiner, geistvoller Weise umgearbeitet. Hierher gehört als eines der vorzüglichsten Möbelstücke unserer Congress-Ausstellung jener prächtige Schreibtisch aus dunklem Maha- goniholz mit reicher, vergoldeter Bronzeverzierung (Nr. 246, Graf Johann Pällfy), der aus dem Schlosse zu Malmaison stammt und Eigenthum Napoleon's I. war. Sowohl die Bronze- als auch die Holzarbeit zeigt eine virtuose Behandlung. Der Aufsatz mit Cylinder-Pultverschluss ruht auf einem tischartigen Gestelle mit zwölf toscanischen Säulen und hat eine bewegliche Schreibplatte, welche beim Herausziehen automatisch den Cylindermantel hebt, also das Pult öffnet, und umgekehrt beim Zurück- schieben wieder schließt. Derartige Mechanismen finden sich an vielen Möbeln dieser Zeit und sind auch später, bis auf unsere Tage, häufig angewendet worden. Ueber dem eigentlichen Pulte gliedert sich der Aufsatz - der Stellung der Füße entsprechend - in drei mit Bronze-Balustraden umsäumte, bezw. bekrönte Theile, welche im Innern Fächer und Schub- lädchen enthalten. Der mittlere, breitere ragt ein wenig über die Seiten- theile empor. Der Einsatz des Pultes, ebenfalls reich mit Bronze decorirt, enthält drei Nischen, die nach vorne architektonische Abschlüsse mit Korbbögen erhalten haben. Ein treppenartiger Aufgang zu den Nischen maskirt Schubladen, welche nur mit Hilfe einer geheimen Vorrichtung geöEnet werden können. I Auch hierin zeigt sich die Zeit. Versteckte Laden und Fächer, ein geheimnissvolles Innere, birgt fast jedes bessere Möbel, und unser Schreibtisch enthält außerdem auch noch ein Musikwerk. Obwohl es bei den französischen Handwerksmeistern Brauch war, die Arbeiten zu signiren, war eine solche Bezeichnung an dem bespro- chenen Stücke nicht aufzufinden. Aber wir sind der Meinung, dass als Erzeuger dieses Schreibtisches die damals angesehenen Kunsttischler vlacobfreresl in Paris zu betrachten seien, denn Zeichnung und Arran- gement deuten auf Percier St Fontaine, die beiden hervorragenden fran- zösischen Architekten hin, unter deren Leitung die Brüder Jacob das Mobiliar des National-Convents und später auch viele Einrichtungsstücke für die kaiserlichen Schlösser herstellten. Auch Malrnaison, der damalige Wohnsitz Josephinens -. aus dem der Schreibtisch stammt - wurde durch Percier neu eingerichtet. '