Aul solchem ehrenvollen und verantwortungsreichen Posten, in häuslicher Behaglichkeit, die freilich durch welt- und ortsgeschichtliche Ereignisse, kirchliche Schwierigkeiten, Familienschrnerz, arge Seelen- nöthe vielfach gestört wurde, hat er mit aufopfernder Gewissenhaftigkeit sein reformatorisches Evangelium mit ungewöhnlicher Kraft und Fülle, mit hewundernswerther Beredsamkeit, mit Geist und Eigenthümlichkeit seiner Bergwerksgemeinde verkündet, Gelehrten und Analphabeten, Alten und Kindern, Reichen und Armen, Ueberzeugten und Zweifelnden; nicht nur als der weitaus bedeutendste sämmtlicher Prediger der Stadt, sondern einzigartig unter den lutherischen Geistlichen des Königreiches, über sein Jahrhundert hinaus, und einen ehrenvollen Vorderplarz unter allen Kanzelrednern seiner Tage hehauptend. lm Gegensatze zu dem aus Noth und Laune damals unglaublich häufigen Amtswechsel widerstand er den Lockungen auf die Leipziger Hochschule; er lehnte auch die Betheiligung am Tridentiner-Concil ab; folgen musste er einer Vorladung nach Prag. Die lange drückende Ge- witterschwüle kam zur Entladung, der Schmalkaldische Religionskrieg entlud sich. Die Joachimsthaler geriethen dabei in einen umso peinlicheren Wider- streit der Pllichten gegenüber ihrem Bekenntnisse und der Obrigkeit, als ihr Bezirk an der Grenze des protestantischen Sachsen hinlief, so dass er eine politisch-militärische Wichtigkeit erhielt, und als die Actionäre der Gruben zum Theile in Sachsen lebten, woher ja auch die meisten Knappen stammten. Die Verhältnisse verwickelten sich noch mehr durch die Haltung der böhmischen Stände. Was im Anfange der Reformation gedroht hatte, eine Verbindung des neubelebten Husitismus mit der deut- schen Bewegung schien jetzt im Anzuge; die Gemüther wurden durch protestantische und katholische Flugschriften erhitzt. Im Archiv der Statt- halterei in Prag sind die Acten erhalten, die uns die stürmischen Vor- ginge in Joachimsthal und den Antheil des Mathesius daran schildern. Der springende Punkt war der, dass die Joachimsthaler mit seiner Zustimmung sich auf den Schutz der Grenzen beschränken, aber nicht über diese hinausziehen wollten. Auf Grund heftiger Berichte der könig- lichen Commissäre wurde Mathesius summt dem Bürgermeister und 30 Bürgern nach Prag zur Verantwortung vorgeladen. Wochen vergingen, ehe die Audienz vor König Ferdinand bewilligt wurde. Wäre es nach den grimmigen Commissären gegangen, hätte man ihnen den Hochver- rathsprozess gemacht, bei dem ihnen ihre Ketzerei auch nicht zur Em- pfehlung gedient bitte. Wir haben auch noch die lateinische Vertheidigungsschrift von Mathesius an den König, die bescheiden und männlich, gewandt und tapfer gehalten ist. Das aus Missgunst und Klatsch gesponnene Nessus- hemd, das man ihm über den Kopf geworfen, war gerissen. Freilich bekennt er sich in gewissem Grade zu dem Hauptpunkte, dass die Joa-