217 - und die Leistungen der Kunstgewerbeschule von Curs zu Curs aufweisen sollten - die Weihnachtsausstellungen, welche oft den erfreulichen Erweis gaben, wie weit das Oesterr. Museum erziehlich, die Stilrichtung bestimmend auf das Kunsthandwerk, die Kunstindustrie die Jahre über schrittweise einwirkte - zuletzt die großen, nach einem wohldurchdachten Programm angeordneten Expositionen, in denen ein Gesammtbild ganzer Cultur- und Kunstepochen sich zur Schau darbot! Das instructive Theatron, das hier der Architekt mit echt künstlerischem Raumsinn-trotz des be- schränkten Ausmaßes anordnete, hat sich unablässig für alle erdenklichen Ausstellungszwecke verwendbar gezeigt, so sehr man sich auch von Fall zu Fall vielfach helfen musste. Das Raumgefühl FersteVs hat sich nicht minder in den Sälen für die Sammlungen bewährt, die sich beiderseits an den Arcadenhof an- schließen. Die mittleren sind bekanntlich Oberlichtsäle, die äußeren empfangen reichliches Seitenlicht durch die großen Bogenfenster. Die hohen Voluten und durch den Einsatz der Glasdecke nur mäßig be- schränkten Plafonds der ersteren gestatteten die Beiziehung bildnerischen und malerischen Schmuckes. Der Plafond des linken Saales wurde mit trefflichen Reliefs von E. Melnitzky geziert, welche von vergoldeten Or- namenten gefasst und umrankt, die verschiedenen Techniken darstellen. Der rechte Oberlichtsaal erhielt am geschwungenen Hochfries Medaillen- bilder in stilvoller Einrahmung von Prof. Eisenmenger, die zu seinen edelsten Erfindungen gehören: sie verbildlichen die Wirklichkeit und die Schönheit, die Poesie und die Wissenschaft, dann Allegorien für die Kunstepochen. Von der Galerie aus öffnen sich nach diesen beiden Sälen für den Niederblick Balkone an den inneren Schmalseiten: einer der- selben - ein Citat aus der Frührenaissance - ist der Kanzel Brunellescds aus der Badia bei Fiesole nachgebildet. Die äußeren Säle weisen nach bewährten Renaissancemustern angeordnete Felderdecken auf. Besonders schön ist jene des Sitzungssaales: auch wieder ein Lehrbeispiel. Hier im Vorlesesaale sitzen wir unter einer Decke, deren Vorbild sich in der Cancellaria Bramante's beßndet. ü Das Gebäude des Oesterr. Museums, das wir bis jetzt nur mit Rück- sicht auf seine unmittelbare Bestimmung und die derselben gemäße künst- lerische Ausgestaltung betrachtet haben, stellt zugleich eine wichtige Etappe in dem Meistergange Ferstel's dar. Die Conception dieses Baues war die erste programmgemäß gefasste Darlegung dessen, was unser Architekt unter nRenaissancem und deren Verwendung für moderne Bauzwecke ver- stand. Und zwar im vollen Vereine der Architektur mit Reliefzierden und Malerei, die beide in die architektonische Composition eingerechnet, mit ihr auf denselben Accord gestimmt sein sollten. Jeder ernste, zielbewusste Architekt der Gegenwart ist bestrebt, eine neue, zeitgemäße Interpretation eines oder des anderen historischen Stiles