das gleiche, wie dasjenige der karolingischen, nur ist sie eben einige Jahrhunderte später gefallen, als die nordische Renaissance. ln ltalien war nämlich die Verwilderung der Kunstformen in der Völkerwanderungs- zeit niemals so weit gediehen wie im Norden, dafür hat es aber in Mittel- italien auch keine so energische Umkehr gegeben, wie sie Karl der Große in seinem Frankenreiche angebahnt hat. Das Versäumte wurde nun im m. und I3. Jahrhundert nachgeholt. Auch hier wollte man durchaus nicht von vornherein etwas völlig Neues schaffen. Die Basiliken und Central- bauten, die man zu dieser Zeit in Florenz und Pisa gebaut hat, bedeuteten, wenigstens in der ursprünglichen Absicht, keine Neuerung. Man setzte damit zunächst blos die Bauweise fest, die man von früheren Jahrhunderten ererbl hatte. Aber waren die früheren Werke, etwa vom 6. bis 10. Jahrhundert, überwiegend sozusagen Nothbauten gewesen, so beginnt man ihnen jetzt einen monumentalen Charakter zu geben. Man wählt zu diesem Behufe nicht blos kostbare Materialien, man beginnt z. B. auch die Massen ge- fälliger zu gliedern, die Horizontalen feiner zu profilieren, und zu diesem Behufe bedient man sich, genau wie die Franken in der karolingischen Renaissance, der erhaltenen Vorbilder aus der spätantiken römischen Kunst. Vielleicht noch deutlicher lässt sich dieses Verhältnis durch ein Beispiel aus der Skulptur jener Zeit veranschaulichen. Zu den Reliefs seiner Kanzel im Baptisterium zu Pisa hat Niccolö Pisano für seine Darstellungen aus der biblischen Geschichte mehrfach gewisse antike Reliefs heidnischen lnhalts, Werke spätrömischer Kunst, unmittelbar ver- wendet. Hat aber der Künstler damit etwas ganz Neues in seine Kunst einzuführen geglaubt? Keineswegs. Gerade was das Typische in der statuarischen Kunst in ltalien vor Niccolo Pisano's Auftreten ausmachte, das kam direct, ja starr und verknöchert, von der spätrömischen Antike her. Die Bildung der Köpfe, die Haltung der Figuren und ganz besonders die Gewandbildung, die Faltendraperie hatte seit der antiken Zeit durch die ganze Völkerwanderung hindurch nicht die geringste Aenderung oder Fortbildung erfahren. Ja gerade das künstleriche Unvermögen, das in den barbarischen Zwischenzeiten platzgegriffen hatte, musste sich nothge- drungenermaßen möglichst enge und unverwandt an die aus besseren Kunst- schalfenszeiten überlieferten Vorbilder anklammern. Die antik-römischen Formen waren nur in Folge des Unvermögens in der barbarischen Zwischenzeit verroht, verwildert, entbehrten der Feinheit, sowohl in der Auffassung, als in der Ausführung. Das erkannte Niccolö Pisano; er wurde sich inne, wie weit höher die betreffenden antiken Reliefs über seinen zeitgenössischen standen, und er suchte die Vorzüge der antiken Reliefs durch Nachahmung auf seine eigenen zu übertragen. Also wiederum die gleichen Erscheinungen, wie wir sie bei der karolingischen Renaissance beobachten konnten: Erkenntnis von einem besseren Früheren, und Nach- ahmung desselben, aber nicht behufs gewaltsamer Abkehr von dem Ge- wordenen, sondern nur zu dessen Verbesserung, was wiederum nur dadurch