375 erhaltenen Resten des einstigen Stiftsbaues erhalten haben. Die Stuccaturarbeit scheint als eine Art llndlicher Hausindustrie bei den Umwohnern des Klosters sich um jene Zeit eingebürgert zu haben; ganze Generationen, Familien und Künstlergeschlechter scheinen damit durch lange Zeit beschäftigt gewesen zu sein, denn Hager liefert endlose Listen von Meistern und Gesellen aus seinen urkundlichen Quellen, welche durch Jahr- hunderte in den Ortschaften um das Stift diesem Kunstgewerbe dienstbar waren. Das ist nun ganz richtig und höchst interessant. Aber in seinen Folgerungen geht der Autor bei diesen Wahrnehmungen entschieden zu weit. Er spricht in Folge dessen von einer besonderen Wessobrunner Stuccatorenschule, als ob eine solche fast die einzige und wichtigste in ganz Süddeutschland gewesen und als solche einen ausachlagenden Einüuss auf einen ungeheueren Länderkreis, besonders auf Oesterreich, ausgeübt haben würde. Wessobrunner Stuccatoren macht er zu den Heilanden dieser Technik für alle Welt, bis nach Russland, Polen und Croatien hinein; es gibt für ihn nur Wessobrunner und alles Andere ist nichts dagegen. Wir bedauern aber, einer solchen Darstellung entschieden entgegentreten zu müssen. Eine Methodik dieser Art überzeugt uns ganz genau davon, wie früher jene allgemeinen Aburtheilungen über Oesterreich, seine Cultur und Kunst fabricirt wurden, ehe es in Oesterreich noch eine selbständige Forschung und Kritik gegeben hatte. Da mussten wir uns es freilich immer gefallen lassen, dass alles Gute bei uns zu Lande stets als fremder Import erklart wurde, Oesterreich als armselige Dependance deutscher Einflüsse. Heute steht wohl die Sache etwas anders. Heute können wir den Herren von draußen auf Grund eigener? wissenschaftlicher Untersuchungen wohl schon auf ihre kühnen Be- hauptungen Antwort geben und so ist es auch im vorliegenden Falle. Ich besitze eine ziemlich eingehende und genaue Kenntnias der österreichischen Künstlergeschichte aus der Barockzeit, aber ich kann Herrn Hager versichern, dass nicht Einer der zahlreichen Wesso- brunner Stuccatoren, die er so fleißig aus seinen Ortsquellen aufzahlt, für Oesterreich eine groliere Bedeutung hat, wenn er auch urkundlich gefunden hat, dass ausnahms- weise irgend einer von ihnen in Kärnten oder Galizien thatig, d. h. dorthin versprengt worden war. Die kunstgeschichtlich allerdings höchst wichtigen Stuccatoren, die della Stella, Bnssi, Aliprandi, Camesina, Piazzoli etc., waren für Oesterreich nur Italiener, vor Allem die Carlone, auch die Sciasaia, Solari etc., von Wessobrunnern ist aber meines Wissens gar keine Rede. Sie mögen recht bedeutsam für ihr Kloster gewesen sein, aber ich mache mich mit Vergnügen erbotig, aus den Urkunden Klosterneuburgs, Heiligen- kreuz', St. Florian's, Melk's, Wilhering's, Kremsmünstefs, Zwettlä, Lilienfeld's, Wilten's, Stams' etc. ebensoviele Stuccatorer zu entdecken, als ihm von Wessobrunn gelungen ist, ohne deswegen behaupten zu wollen, dass sie deshalb die Schule für ferne Lander geworden seien. In jener Zeit wimmelte es aller Orten von Kunstkräften, aber auch Oesterreich hatte die seinen in Ueberüuss und brauchte sie nicht erst aus Bayern zu holen. llg. l Louis XVI. und Empire. Innendecorationen und Einrichtungsgegenstände in der kgl. Residenz zu München aus der Spätzeit des 18. Jahrhdts. Photographisch aufgenommen von Otto Auflage r. so Lichtdrucktaf. F01. München, L. Werner, 1895. M. 20. Diese Sammlung von Lichtdrucktafeln schließt sich in Form und Ausführung den seit Jahren erscheinenden Auflegefschen Publicationen süddeutscher Architektur und Ornamentik im t8. Jahrhundert an. In die Bauperiode der Münchener Residenz, die zwischen dem Tode des jüngeren Cuvillies (1777) und der Wiederaufnahme der Bau- thitigkeit durch Klenze unter Konig Ludwig I. liegt, fallen zwar keine großen, weit- ausschauenden Unternehmungen, aber das Wenige, das geschaffen wurde, gehort zum Feinsten und Anmuthigsten, was Süddeutschland im Stile Louis XVI. und des Empire aufzuweisen hat. Die Decoration des Thronsaales der Hofgartenzimmer und des Schreib- cabinetes der Trierzimmer bildet in ihrem durch feinsinniges Kunstemphnden gemäßigten Reichthum ein geradezu classisches Beispiel für den Stil am Ausgange des I3. Jahr- hundertsq Namentlich sind die Schnitzereien in den Tbürfeldern und Panneaux sowohl im Thronzimmer wie im Schreibcabinet von vollendeter Grazie. Besonders hervorzuheben sind ferner ein reich geschnitzter Consolentiaeh, Stil Louis XVI., ein Kaminachirm in Holz geschnitzt und vergoldet mit Füllung aus gesticktem SeidenstoiT, und zwei Bronze- Girandolen im reichen Empire-Stil. Fs.