397 Wappenbuch der Städte und Märkte der gcfiirsteten Grafschaft Tirol Innsbruck i894. Eigenthum und Verlag des Museums Ferdinandeum. Das vorliegende Buch hat eine interessante Entstehungsgeschichte: Ein warmer Freund Tirols, Franz Freiherr von Lipperlieide, fasste die schöne Idee, ein Gemach seines im Unterinnthale bei Brixlegg herrlich gelegenen Schlosses mit den Wappen der Städte und Märkie dieses Landes auszuschmücken und betraute mit der Ausführung derselben einen jungen, talentvollen Künstler, Karl Rickelt. Der um die Landesgcschichte vielfach verdiente Custos des Museums Ferdinandeum, Konrad Fischnaler, übernahm es, das sachliche Material für das geplante künstlerische Unternehmen beizustellen. Dem lie- mühen I-'ischnaler's, der Aufgabe zu entsprechen, stellten sich jedoch gleich am Beginne erhebliche Schwierigkeiten dadurch entgegen, dass sich in der Litteratur des Landes nicht überall die Belege fanden und nur durch mühevolle Forschung auf historischem und sphragistischem Gebiete sich constaiiren ließ, welche Ortschaften thatsachlich berechtigt seien, sich nStadta oder nMarktc zu nennen, und welche Wappen die endlich eruirten Gemeinwesen urkundlich oder traditionell zu führen berechtigt seien. Custos Fischnaler hat seine Aufgabe, wie vorauszusehen war, sehr ernst ge- nommen; er ist in manchen schwierigen Fallen Schritt für Schritt in die frühesten Zeiten zurückgegangen, um die Spuren des municipalen Ranges und der heraldischen Zeichen mancher Oertlichkeit aufzufinden, und seine erzielten Erfolge müssen auch Dem- jenigen, der mit der Landesgeschichte naher vertraut ist, vollen Beifall abnötiiigen, denn es ist damit ein Werk geschaffen werden, wie ein gleiches keines der Lünder Oesterreichs aufzuweisen hat. Das Resultat dieser sorgfältigen Detailforschungen war so" bedeutend, dass es in der Litteratur seine Stelle ehrlich verdiente, und dieser Ueberzeugung hat auch der Anregcr des Gesammtgedankens, Freiherr von Lipperheide, durch die Herausgabe dieses Wappenbuches in überaus dankenswerther Weise Rechnung getragen. Karl Rickelt hat in seinen 48 Wappen und vorab seinem prächtig gezeichneten Titelblatte mit dern sAquila Tirolensiss den Stil des späteren I5. Jahrhunderts und damit eine Periode der schönsten künstlerischen Entfaltung der Heroldskunst gewahlt. Die Figuren sind correct und einige, wie z. B. St. Michel (33), bei aller Stilstrenge elegant gezeichnet. Wir kennen übrigens Rickelt's Talent schon aus einigen Illustrationen in dem Werke: lPhilippine Welseru urtd freuen uns auch diesmahherzlich über seine ausgezeich- neten Leistungen. Das Buch, in schöner Schwabacher Schrift auf geschopftem Papier gedruckt, ist von einer tadellosen Ausstattung und macht der Firma Wagner in Innsbruck alle Ehre. Freiherr von Lipperheide hat die gesammte Auflage des Werkes sammt den Platten dem Museum Ferdinandeum zum Geschenke gemacht. Wendelin Boel-ieim. i La Reliure du XIXE siecle. Par Henri Beraldi. Premiere partie. Paris, L. Conquet, i895. 4". XIV, iz5 S. M. 60. Dieses Buch gehürt zur Gattung jener specifisch französischen Litteratur-Erzeugnisse, die, halb im Tone ernster Ausführungen, halb in lustiger Gespraclisform abgefasst, einen Leserkreis im Auge haben, der bei allem Interesse für ernstere Lectüre doch gleichzeitig die Unterhaltung nicht entbehren will. Uns bleibt Verdruss und Unbehagen beim Lesen solcher Bücher selten erspart. Will sich aber Einer die Mühe geben, das Thatsachliche auszulösen, so erhalt er eine recht gute Uebersicht über den Pariser Kunsteinband der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, und gewinnt ein Gesammtbild, das um so deutlicher und anschaulicher ist, als die zahlreichen Heliogravuren mit sicherem Blick für das Charakteristische ausgewählt wurden. Beraldi beginnt mit einer historischen Einleitung, beschreibt dann den Buch- einband unmittelbar vor Beginn des Empire, jenen schwachlichen Decor im späten Louis XVL, der noch bis etwa iSio angetroEen wird, und schildert im Folgenden, auf sein eigentliches Thema übergehend, das Eindringen des Empire. Die Buchbinder Mairet und Lefebvre treten in den Vordergrund. Beide überragt jedoch Bozerian, der schon unter dem Directoire berühmt, der eigentliche Träger der Pariser, Buchbinder- kunst des Empire wird. Er hatte einen jüngeren Bruder. der sich demselben Berufe widmete und sich ebenfalls einen Namen machte, ohne jedoch wie jener ein eigenes Genre zu schaffen. Die Zahl der Modelle dieser Zeit ist bescheiden. In der Mitte sieht man gewöhnlich eine große Raute, ringsum einen Rand von Palmetten. Originelle Erfindungen beschränken sich auf die Ausstattung des Rückens. Höchste Exactheit in der Ausführung bildet den Hatiptvorzug dieser Bande. Es folgt die Restauration. Ihre berühmtesten Buchbinder sind Purgold, Simier und Thouvenin. Unter diesen hat der Erst- genannte die Vollendung und Genauigkeit am weitesten getrieben; er ist der Gründer Jahrg. i895. 27