damals keine Paenula und keineiCasula gab, die Ueberzeugung zu schaffen, dass nicht irgendeine stereotype Form, sondern überhaupt ein geheiligtes Kleid, wie es die Sitte gerade mit sich brachte, für den hei- ligen Opferdienst erfordert wurde. ' So ist auch gegenwärtig der Schnitt weniger wichtig als der Kleidcharakter. Wie malerisch umschließen diese alten Glockencaseln den ganzen Körper, wie sie jetzt noch iin den Rheinlanden zu finden sind und jenen Caseln eben den Namen der gothischen einbrachten. Freilich, über die Arme herauf müssen die reichen Falten mit Schleifen oder Schnüren auf- und festgezogen sein. Dies mag die alten Seidenstolie und Brocate an jenen Stellen eher brüchig ge' macht haben; steifere Stickereien, besonders die in Relief und Appli- cation ausgeführten, eigneten sich dann überhaupt weniger für- den Faltenstil, und immer mehr wurde auf die Paenula nohilis lzurückgegangen und: ihre Formen eher verengt als erweitert. Aus dieser Zeit stammt unser herrlicher burgundischer Ornat, die schönste Stickerei und das kunstvollste Parament, das existirt. Diese Hauptzierde unseres kunst- historischen Hof-Museums hat vollständig den Schnitt der antiken Paenula nobilis. ' , Am Ende des 15. Jahrhunderts tritt uns zum ersten Male die mo- derne Form des parallelen Seitenschnittes entgegen, so dass also die un- versehrte Paenulaform circa iooo Jahre geherrscht hätte. Das Concil von Trient (1545-1563) für die Schnittänderung verantwortlich machen, ist erstens zeitlich nicht gerechtfertigt, heißt aber auch die eigentlichen Gründe dieser Aenderung in der Caselform übersehen. An alten, halb ab- gebrauchten Stücken wurden bei einer Reparatur die schadhaften Seiten- theile einfach weggeschnitten, da sich der alte Stoff durch damaligen nicht ersetzen ließ. Ein deutliches Beispiel dafür ist die Casel von Göß, die ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert stammte, und wie ein Blick auf die rohen Schnittstellen lehrt, später erst zugeschnitten wurde. Ab- gebildet ist dieses Messkleid in der Photographiensammlung des Oesterr. Museums und in Rohault de Fleury, l. c. 8. Bd. Pl. DCXVll. Aehnlicher- weise ist auch auf den Stücken des Kensington-Museums (Pl. DCXlll) und der Casula von Anagni (Pl. DClll), die beide auch aus dem 13. Jahr- hundert stammen, ohne Rücksicht auf Bilder und Ornamentation der Schnitt mit der Scheere geführt worden. Die Abnützung war aber auf Vorder- und Rückentheil eine ungleiche, daher ist auch der Unterschied im neuen Schnitt theilweise mechanisch zu erklären. Die der Abnützung am meisten ausgesetzten Theile waren auf dem Vorderarm und von da gegen die Brust zu. Um nun eine Gleichförmigkeit des Vorder- und Rückentheiles zu erzielen, musste auch letzterer eine Art wBassgeigen- forma annehmen, die sich gegenwärtig in sehr drastischer Weise noch an den Rückentheilen der spanischen Messkleider erhalten hat (cf. mein Weltbild kirchlicher Kunst, Paderborn 1889). Aber schon im I4. Jahrh. suchte man das wenig Kleidsame dieses Schnittes zu meiden und ließ