i}! reiferen und ernsteren unter den Kunstgewerben selbst, so insbesondere das Mobiliar. Freilich gibt es auch da vereinzelte Abtrünnige: z. B. kann man gelegentlich einen anspruchsvollen Prunkschrank gewahren, dessen Flächen mit gemalten Blumensträußen verziert sind, - gleichsam ein hochgeborener Mirabeau, der sich zum Anwalt des dritten Standes an hohen und höchsten Stellen macht. Aber im Allgemeinen ruht heute noch das Heft in den Händen der Architektur; mag sich die stetig an- wachsende Opposition noch so laut geberden: das stilisirte Pflanzen- ornament behauptet seinen Platz, und rnag es auch in der Folge auf manchen Punkten durch den impetuosen Naturalismus noch weiter zurück- gedrängt werden, als dies jetzt schon der Fall ist, so bleibt ihm doch vorläufig noch für unabsehbare Zeit eine ganze Reihe von Gebieten, und vor Allem seine Hochburg - die monumentale Architektur - gesichert. Und diese seine unverlierbare Bedeutung wird es wohl rechtfertigen, wenn wir dem stilisirten Pflanzenornament, und insbesondere seiner eigeuartigsten Er- scheinungsform -- dem Rankenornament - im Nachstehenden eine aus- führliche Betrachtung widmen wollen. Es gibt unter den überlieferten stilisirten Pflanzenornamenten solche, die blos auf der Nebeneinanderreihung gleichartiger oder doch rhythmisch wiederkehrender Elemente beruhen, z. B. die verschiedenen Arten der Kymatien, und solche, an denen die einzelnen pflanzlichen Motive (also Blumen, Knospen oder Blätter) untereinander verbunden sind. Die Verbindung muss natürlich ebenso wie die Motive selbst von pnanzlichen Vorbildern entlehnt sein; sie knüpft daher an den Stengel an, der durch mehr oder minder körperlich charakterisirte Linien oder Ranken wieder- gegeben wird. Von jenen einfacheren, auf bloßer Reihung beruhenden Ptlanzenornamenten wollen wir absehen; nur die mit Ranken ausgestatteten sollen den Gegenstand unserer Untersuchung bilden. Wann ist das Rankenornament in die Welt gekommen, und wer waren seine Erfinder? Wir haben da vor Allem zu scheiden zwischen den Ranken selbst und den Motiven, welche durch dieselben verbunden werden. Um zu- nächst diese letzteren abzuthun, wollen wir blos feststellen, dass gemäß den Ergebnissen der neuesten archäologischen Forschungen die wichtigsten und grundlegenden Pflanzenmotive der antiken Kunst - und diese sind es ja, die wir mit geringen Veränderungen noch heute gebrauchen - zuerst von den Aegyptern in die bildende Kunst eingeführt worden sind. Es ist dies nur ganz logisch und naturgemäß: wo das Menschengeschlecht nachweislich zuerst zu einer monumentalen Stufe des Kunstschalfens sich emporgeschwungen hat, dort wurden auch die ersten ornamentalen Nach- bildungen nach pflanzlichen Naturvorbildern geschaEeu; und indem die übrigen benachbarten Völker allmälig mit der überlegenen Kunst der Aegypter bekannt wurden, übernahmen sie deren imponirende Kunstformen und somit auch die stilisirten Formen der Pßanzenornamente. Freilich knüpften sich fast an jede solche Uebernahme selbständige Fortbildungen,