440 teressirt uns an diesen, namentlich im South-Kensington-Museum und im Berliner Kunstgewerbe-Museum verwahrten Exemplaren, dass an ihnen Nichts - weder ihr Fundort, noch ihr künstlerischer Inhalt - auf einen ursprünglichen Zusammenhang mit Polen hinweist. Es hat also bisher überhaupt an einem Object gefehlt, das man auch nur um äußerer Gründe willen mit polnischem Ursprung hätte in Verbindung bringen können. Heute bin ich aber in der Lage, mitzuvheilen, dass sich nunmehr doch auf vormals polnischem Reichsboden solche Teppiche gefunden haben: Teppiche, die unzweifelhaft im Wege der Handknüpfung in thierischer Wolle (also völlig wie die orientalischen) hergestellt sind, die aber in ihrem künstlerischen Inhalt einen vollständig abendländischen Charakter äußern, die endlich mit polnischen Adelswappen geschmückt und sogar mit einer Jahreszahl versehen sind. Interessant ist schon die Art und Weise, wie diese Teppiche an das Licht der Forschung gebracht worden sind; man verstatte mir dies kurz zu erzählen, da es vielleicht Anderen zu gleich glücklichen Entdeckungen die Wege weisen könnte. Im Herbste des Jahres 189i bereiste ich das nordöstliche Galizien, um daselbst den Spuren älterer Wirkteppichfabrication nachzugehen. Es galt da hauptsächlich in den Kirchen Nachschau zu halten, wo man von altersher die Wirkteppiche (Kilims) zur Bekleidung der Altarstufen verwendet. Ist ein solcher Kilim durch langjährigen Gebrauch bereits stark hergenommen und hat man überdies neue zum Geschenke er- halten, so pflegt rnan den alten nicht immer gänzlich bei Seite zu werfen, sondern man bewahrt ihn häufig noch einige Zeit in irgend einem Winkel der Sakristei auf. Begreiflichermaßen waren es solche alte, dem Gebrauch bereits entrückte Stücke, auf die sich meine Jagd vornehmlich richtete; sie waren häufig, wenn auch keineswegs immer, leicht zu erwerben, und es ist mir in der That gelungen, eine größere Anzahl davon in das reich- ausgestattete Kilim-Museum des Herrn Lad. von Fedorowicz in Okno zu bringen, wo sie der Specialforschung allgemein zugänglich sind und auch als Vorbilder in der dortigen Kilimweberei-Schule verwerthet werden. So führte mich meine Reise, die von den Tarnopoler jüdischen Händlern mit höchst scheelen Augen betrachtet wurde, unter Anderem auch in das Dorf Toki. Heute ist dies ein Grenzdorf nördlich von Podwoloczyska, bar jeder sonstigen Bedeutung. Einstmals aber befand sich daselbst ein wehrhaftes Schloss, in welchem polnische Edelleute die Wacht gegen die Tataren hielten. Ich darf nicht verschweigen, dass dies mit ein Grund meines Besuches in Toki gewesen ist; es geht nämlich in Galizien die Sage, dass die Kilimwirkerei nach Galizien erst durch tatarische Kriegsgefangene gebracht worden wäre, die von ihren Be- zwingern im Bannkreis ihrer Herrenschlösser angesiedelt wurden. Obzwar ich dieser w-Tatarennachrichtu schon damals, allein auf Grund allgemeiner kunsthistorischer Erwägungen, kein Vertrauen schenkte, so glaubte ich