Alles bisher Gesagte bezieht sich auf den kunstgewerblichen Ent- wurf im Allgemeinen, und es soll damit ersichtlich gemacht werden, dass die Fertigkeit im Zeichnen, soweit man sie durch Schulung von Auge und Hand, durch Beherrschung des Materials und die hiemit er- möglichte Uebung, das Geschaute richtig wiederzugeben, erreichen kann, so unerlässlich sie auch ist, in der Praxis für sich allein in keiner Weise ausreicht, ja dass manchmal die Fähigkeit, mit Reihen von Er- fahrungssätzen und von Postulaten des Wissens zu rechnen, entschieden in den Vordergrund tritt. Deutlicher noch stellt sich das Gesagte vor Augen, wenn die zahl- reichen, durch Material und Technik der auszuführenden Werke bedingten Rücksichten in Betracht gezogen werden; nicht minder die Forderungen des Zweckes, u. zw. diese letzteren in Bezug auf die Bestimmung und auf die praktische Eignung des zu SchaEenden. Einige kurze Betrachtungen sollen diesbezüglich hier noch angereiht werden. Alle Schöpfungen der Tektonik weisen die Eigenthümlichkeiten ihrer Construction auf. Unter Construction aber verstehen wir die Art und Weise, nach welcher die einzelnen Theile eines Ganzen zu einer einzigen, zusammenhängenden Masse von entsprechender Gestalt und Widerstandsfähigkeit vereint und verbunden werden können. Dass diese Art und Weise je nach dem verschiedenen Material, je nach dem Umstande, ob das Erzeugniss ein stabiles oder ein mobiles sein soll, auch je nach mannigfaltigen Nebenumständen verschieden sein muss, bedarf keiner näheren Erklärung. Wir sprechen von Stein-, Holz-, Eisencon- structionen, je nach der Gestaltung und Verbindung, welche Stein, Holz, Eisen u. s. w. vorzugsweise zulassen. Die Construction beeinflusst die Formengebung des Ganzen in mächtiger Weise und drückt ihm ihren charakteristischen Stempel auf, ehe noch irgendwie die Wirkung eines Bestrebens zu Tage tritt, den Anforderungen des Schönheitsbedürfnisses in einer bewussten Weise Rechnung zu tragen. Ohne Rücksicht auf die mögliche und zweckmäßige Construction die Form irgend eines Gegenstandes zu bestimmen, ist ein gänzlich ver- fehltes Unternehmen, und wenn auch die Mittel der raffinirten techno- logischen Praxis unserer Zeit manchmal das unmöglich Erscheinende möglich machen, so geschieht dies doch nur derart, dass eine große Menge Uebelstände hiebei in den Kauf genommen werden müssen. Bevor nun der Zeichner daran gehen kann, den Entwurf eines kunstgewerblichen Objectes herzustellen, muss er die Bedingungen, unter welchen sich dasselbe technisch construiren lässt, vollständig genau kennen. Er muss auf die Umstände Rücksicht zu nehmen in der Lage sein, unter welchen der Ausführende nicht nur überhaupt, sondern auch in bequemer und dabei zweckdienlicher Weise seine Aufgabe zur Lösung bringen kann. '