51H erwähnten Beschränkung in einigen wenigen Sälen das Unterkommen gefunden, so beanspruchte die Pariser Ausstellung einen ganzen Palast, der seinerzeit, im Jahre 1867, genügt hatte, um eine ganze Weltaus- stellung zu beherbergen. Einen so ausgedehnten Raum zu füllen wäre aber selbst bei einem solchermaßen erweiterten Programm nicht wohl möglich gewesen. Dem Arbeitsgebiet der Frau waren hienach kaum welche beengende Grenzen gezogen; aber man ist doch heutzutage selbst in Paris noch nicht so weit, dass man auch schon die vollen praktischen Consequenzen aus der theoretischen Ausgleichung zwischen Männer- und Frauenarbeit gezogen hätte. Die Kunstarbeiten, die durch die Frau gefertigt werden, geniigten also selbst in der gekennzeichneten Ausdehnung nicht, um das Palais de l'Industrie vollständig und unterVermeidung von bedeutungsloser Dutzend- waare zu füllen. Man that nun ein Uebriges und fasste den Begriff der weiblichen Kunstarbeit nicht blos subjectiv, sondern auch obiectiv: nicht blos was durch die Frau, sondern auch was für die Frau an Kunstsacben erzeugt wird, sollte in die Ausstellung Aufnahme finden. Da aber die künstlerischen Bedürfnisse bis auf geringe Ausnahmen Männern und Frauen gemeinsam sind, so erweiterte sich die Frauenarbeits-Ausstellung geradezu zu einer allgemeinen Kunstausstellung. Ein Correctiv gegen die Ausdehnung in's Uferlose fand das veranstaltende Comite - das muss zugegeben werden - in einer sorgsamen Auswahl der zur Betheiligung zugelassenen Firmen. Es sind größtentheils die Träger der bestbekannten und klangvollsten Namen der Pariser Kunstindustriellenwelt gewesen, die das ganze weitgedehnte Erdgeschoss des lndustriepalastes mit ihren Pa- villons gefüllt hatten. Und noch eine zweite, rein praktische Erwägung, die auch außerhalb Paris in ähnlichen Fällen oft recht ausschlaggebend zu wirken pBegt, mag auf die bezügliche Entschließung der Union cen- trale des arts decoratifs, die die Ausstellung in's Werk gesetzt hat, be- stimmenden Einfluss geübt haben: die Erwägung nämlich, mit der hieraus zu gewärtigenden Platzmiethe einen großen Theil der nicht unbeträcht- liehen Kosten der Ausstellung zu decken. Von Demjenigen nun, was infolge dessen an Arbeiten fü r die Frau im Erdgeschosse des Palais de l'Industrie ausgestellt gewesen ist, zu sprechen, hieße ein Urtheil über den gegenwärtigen Stand der kunstgewerblichen Production in Paris überhaupt fällen. Wir haben aber von unserem Standpunkte an die Ausstellung blos die Erwartung geknüpft, uns darin über den Stand der_ von der Frau geleisteten Kunstarbeiten unterrichten zu können. Wir wenden uns daher, indem wir die sachliche Bericht- erstattung im Einzelnen aufnehmen, sofort nach dem ersten Stockwerke, wo die weiblichen Kunstarbeiten im subjectiven Sinne -- allerdings, wie wir sehen werden, auch nicht ohne gewisse Einschränkungen und Aus- nahmen - in einigen dreißig Sälen zur Aufstellung gebracht waren. 21'