Verziert wurden die Zinnarbeiten durch Gravieren oder durch eine mehr oder minder reiche plastische Ausstattung, welche bei Stücken des späten 16. Jahrhunderts oft einen Grad von künstlerischer Vollendung erreichten, wie er nur bei den besten Leistungen der gleichzeitigen Gold- schmiedekunst aufzufinden ist. Der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts gehören auch geätzte Zinnarbeiten an, welche bei dem Umstande. dass das Zinn durch gewisse Säuren leicht angegriffen wird, sehr bequem auszuführen waren. Auf die Verzierung der Zinnarbeiten wurde überhaupt schon früh- zeitig viel Werth gelegt. Ein beredtes Zeugniss hiefür gibt eine Stelle aus dem Codex diplomalicus Moraviae vom Jahre 138713), nach welcher die glatte Arbeit der Brünner Zinngießer nach einer bestimmten Taxe zu entlohnen war, der Preis der verzierten jedoch oder der mit Schrift aus- gestatteten ohne Beschränkung dem freien Uebereinkommen vorbehalten blieb. Die Zinngravierungen zeigen oft die Anwendung eines besonderen Vorganges. Bei der Weiche des Metalls sinkt die scharfe Spitze des Stichels, wenn nicht sehr sorgfältig geführt, mit Leichtigkeit in den Grund. Dem auszuweichen, wurde und wird noch beim Zinngravieren häufig das Ver- fahren beobachtet, längere Linien in eine Reihe von mehr oder minder kurzen Stichen aufzulösen oder auch die Spitze eines meißelförmigen Stichels in wackelnder Bewegung über die Fläche zu führen, wodurch die bekannten feinen Zickzacklinien entstehen. Wie schon erwähnt, ermöglicht das Zinn, insbesondere mit einem geringen Zusatz von Blei, sehr scharfe Abgüsse, so dass auch der Charakter des Materials der Gussform deutlich zu Tage tritt. Aus Gypsformen gegossenes Zinn z. B. gibt sich durch die ent- sprechende Rauhigkeit und Unvollkommenheit seiner Oberfläche leicht zu erkennen. Die besten Abgüsse erzielt man aus scharf und glatt gearbeiteten Metallformen. Dieser Umstand erklärt es, dass die plastisch verzierten Zinnarheiten zugleich mit der fortschreitenden Kunst des Stempelschnittes sich vervollkomrnneten. Aus guten Metallformen konnten Das Zin mach ich im Feuwer lließn I Thu darnaeh in die Mödel gießn I Kandel I Flaschen I groß vnd auch klein I Darauß zu trinckcn Bier vnd Wein I SchülTel I Blatten I Täller I der maß I Schenck Kandel I Saltzfaß vnd Gießfaß I Ohlbüchßn I Leuchter vnd Schüsselring Vnd sonst ins Hnuß fast nütze ding. Eygenlliche Beschreibung Aller Stände autf Erden Huher vnd Nidriger Geistlicher vnd Weltlicher etc. Frankfurt a. M. 1568. Mit den Bildern von Jost Amman.) Ein ähnliches Inventar finden wir auch schon in desselben Autors Gedicht: Der gantz Huußrat I bey dreyhunderr Stücken I so vngefehrlich inn ein jedes Hauß gehöret. Nürnberg, 1553. ") Erst in jüngster Zeit citirt bei Schirek in den i-Mittheilungen des Mähr. Ge- werbevereines in Brunnu.