senen Laubgängen der deutschen Eichenwälder den Ausgangspunkt für die Gothik erblicken wollte. Die v-Blüthenkolbenn der persischen Teppiche findet Lessing außerhalb der persischen nur noch in der chinesischen Kunst, wo einige Typen derselben in der That vorkommen; von den un- anzweifelbaren Zwischengliedern in der frühmittelalterlichen Kunst Syriens und Persiens, wodurch diese Motive mit der späten Antike verknüpft erscheinen, nimmt er keine Notiz. Ebensowenig denkt er hinsichtlich der nelken- und tulpenförmigen Blumen, die ihm für die neuere Zeit cha- rakteristisch sind, an ihre mittelalterlichen Vorbilder, z. B. an die Nelken auf den sicilianischen Fayencen, wodurch wir abermals auf eine histo- risch weiter zurückreichende Vorstufe verwiesen werden. Dass eine Blumenranken-Ornamentik mit stilisirten Blumentypen schon in der hellenistisch-römischen Kunst (aber nicht in der altorientalischen vor der Beeinflussung durch das Hellenenthum) vorhanden war und dass zahl- reiche (greifbare Zwischenglieder auf jene historische Vorstufe zurück- weisen, glaubt Lessing einfach unberücksichtigt lassen zu dürfen, weil er es offenbar für grundsätzlich ausgeschlossen hält, dass zwischen isla- mitischem Orient und classischer Antike, neuerer Zeit und Alterthum ein unmittelbarer organischer Zusammenhang obwalten könnte. Unter diesem Hinblick erscheint auch das Verhalten Lessing's zum chinesischen Ein- fluss in der persischen Teppichornamentik charakteristisch. Diesen Einfluss halte auch ich für sehr weitgehend, und will ohne Weiteres zugestehen, dass mich Lessing dahin überzeugt hat, das Aufkommen dieses Einflusses etwas früher anzusetzen, als ich bisher zuzugeben geneigt war. Aber auch nur daran zu denken, dass so bestimmte und grundwichtige Motive wie die aBlüthenkolben-r von den Persern aus der chinesischen Kunst über- nommen sein könnten, scheint mir blos dann möglich, wenn man außer Acht lässt, dass Persien seit achämenidischer Zeit bis auf den heutigen Tag sowohl in politischer als in künstlerischer Beziehung allezeit über- wiegend nach dem Mittelmeere gravitirt hat. Wenn wir also in der mittelalterlichen Kunst einzelner Mittelmeerländer die nächsten Verwandten der neueren wpersischenu Blüthenkolben antreien, warum sollen wir dann an eine Entlehnung aus China denken, und nicht weit eher das Umge- kehrte annehmen? Mehren sich doch übrigens alltäglich die Anzeichen, die uns das chinesische Kunstgebiet keineswegs mehr als ein so autoch- thones, iungfräuliches erscheinen lassen, wofür es bisher fast allgemein angesehen worden ist. Man wird also bei der Beurtheilung der Frage nach der Entstehung der orientalischen Teppichornamentik fürderhin sowohl die Ableitung aus den technischen Bedingungen als auch die Suche auf arabischem und chinesischem Gebiet mehr in den Hintergrund treten lassen müssen, da alle diese Wege, wenn allein beschritten, nicht zum Ziele führen können. Man wird den Ausgangspunkt vielmehr dort aufzusuchen haben, wo er nach aller historischen Logik zu finden ist. Dies sind die Bedenken, die