stecher Pierre Francois Charpentier, welcher in der neuen Weise
bereits vor 1763 für den Verleger Basan in Paris einzelne Blätter schuf,
und zwar für dessen großartiges Werk mit Reprodnctionen der besten
Bilder und Zeichnungen der königlichen und anderer Sammlungen in
Frankreich und mit Text von P. J. Mariette. Hier sind die Lavis-
blätter noch einfarbig wie bei Le Prince und darum ist von beiden
Künstlern in unserer Ausstellung nichts zu sehen.
Der Erste, welcher getuschte oder lavirte Platten in so viel Farben
übereinander druckte als das nachzuahmende Original deren besitzt, war
Francois Janinet (1752-1813). Nach minderen Versuchen erschien von
ihm 1774 das Bildniss der Marie Antoinette mit hoher Frisur, in schil-
lerndem Blau des Mantels, mit samrntigem Teint des Gesichtes und der
Schultern, ausgestellt unter Nr. 399. Es ist dies einer der berühmtesten
Farbenstiche, allerdings im Kopfe meist auf dem Papiere retouchirt, aber
gleichwohl wurde im Jahre 1881 (Auction Mühlbacher) ein Abdruck vor
der Schrift mit 2850 Francs, und 1891 angeblich sogar mit der schier
unglaublichen Summe von 50.000 Francs bezahlt. Janinet's Porträtstiche
waren wegen ihrer einschmeichelnden Farben- und Formengebung seiner-
zeit begreiflicherweise sehr beliebt und werden noch heute sehr theuer
bezahlt. Das Bildniss der Schauspielerin Dugazon als Nina kostete 1881
2530 Francs, und eines der brillantesten Werke Janinet's, das Bildniss
der Hofmodistin Mm Bertin in kleinem Oval zooo Francs. Viele Künstler
und Künstlerinnen erschienen von ihm in der seit 1786 periodisch her-
ausgegebenen Sammlung: Costumes et annales des grands theälres de
Paris. Er publicirte aber auch größere Blätter historischen Charakters,
wie 1781 nach Huet: Sentiments de la Nation, wo Marie Antoinette rnit
ihrem Sohne auf den Knieen neben einer Büste des Königs dargestellt
ist. Seine berühmtesten und heutzutage theuersten Blätter erschienen,
nachdem er sich durch seinen Versuch, mit Montgolliers Erfindung der
Luftballonfahrten zu concurriren, gründlich blamirt hatte und hiedurch
vom Erfinderfieber geheilt worden war. Ich meine damit seine Genre-
bildchen, welche den Stolz jedes Sammlers ausmachen, wie die Kegel-
spieler und vier andere Blatt nach Ostade, aber noch mehr jene nach
Lavreince, von denen v-Pindiscretionc mit 1900 Francs und wl'aveu dif-
ficilen mit 3000 Francs bezahlt wurden, oder nla Comparaisonu, die Ver-
gleichung der entblößten Büsten unter zwei jungen Freundinnen. Einzelnes
Andere ist für eine Ausstellung fast schon zu frei, wird aber wegen
seines prickelnden Reizes von Liebhabern um so lebhafter gesucht.
Von Janinet sind etwa roo Blatt noch heute sehr geschätzt, aber
sein Ruhm erblich vor jenem des Louis Philibert Debucourt, der zur
Geschicklichkeit des Stechers noch sein Talent als Genremaler mit
echtem Pariser Chic hinzubrachte. Er ist 1755 geboren, kommt als Maler
aus dem Atelier des Vien, wird durch Heiratsconnexionen in Künstler-
kreisen bald bekannt und schon 1781 in die kgl. Akademie aufgenommen.