414 zu empfehlen geeignet schien. Die Zurücksetzung war aber keine ganz verdiente, insbesondere von historischem Gesichtspunkte. Selbst unter den ganz primitiv gemusterten Kilims aus der Land- schaft Karamani in Kleinasien, mit ihren aus einzelnen Farbenquadraten zusammengesetzten concentrischen Rautenmustern, fanden sich beachtens- werthe Stücke, so z. B. ein besonders sorgfältig ausgeführtes, dem Aus- sehen nach älteres Stück, das an einzelnen Stellen eingewirkte Goldfäden aufwies, worin man also einen Beweis dafür erblicken darf, dass man früher selbst so primitive Arbeiten bei sorgfältiger Ausführung für werth gehalten hatte, durch Anwendung von kostbarem Material zu Luxus- gegenständen erhoben zu werden. Aber auf blos geometrische Musterung beschränkt sich die moderne Kilimwirkerei keineswegs. In Kurdistan werden von Bordüren umzogene Kilims erzeugt, die das Herati-Muster oder die versetzten Palmwipfel der Knüpfteppiche, mitunter in recht sorgfältiger und feiner Ausführung aufweisen. Was aber an den Kurdistaner Kilims das Allerbemerkens- wertheste ist, das ist die Hervorbringung von Mustern im weißen Grunde mittels der natürlichen Durchbrechungen oder Schlitze im Gewebe, also die Benützung eines natürlichen Gebrechens oder Mangels der Technik zur künstlerischen Ausstattung. Dieser Vorgang lässt sich unmittelbar zur Seite stellen demjenigen der Chinesen, die das Schwinden und Reißen der Glasur an ihren Seladon-Fayencen zur Hervorbringung der Craquele- Musterung verwenden. Endlich sind auch in die alte Abtheilung zwei in Gold, Silber und, Seide gewirkte Teppiche 'gelangt, die sich in Anbetracht ihres decora- tiven lnhalts neben die -abendländischen Gobelins stellen lassen. Der eine dem Fürsten Johann Liechtenstein gehörige, zeigt neben den alten histo- rischen Thiergruppen dieVotivgaben spendenden und empfangendenGenien des Jagdteppichs, und zwar bezopft, was wohl zu beachten ist. Im Be- sitze der Kaiserin Friedrich soll sich ein ähnliches Exemplar befinden. Der zweite Wirkteppich älteren Ursprungs der Ausstellung, aus dem Gardemeuble des königl. sächsischen Hofes, enthält blos vegetabilische Musterung, und zwar das gewöhnliche persische Rankenwerk. Der Ver- gleich mit den abendländischen Gobelins fällt freilich zu Ungunsten der orientalischen aus und zeigt den großen Abstand zwischen diesen beiden Gebieten, sobald es sich um Figürliche Ausstattung eines Kunstgegen- standes handelt. Auchfder Unterschied im Material - Seide und Gold gegenüber der im Abendlande überwiegend gebrauchten Wolle - ver- dient nachdrücklich hervorgehoben zu werden, zumal die durch Nichts bewiesene und durch so Viel widerlegte Meinung, das Abendland hätte seine Figurenwirkerei erst von den Sarazenen gelegentlich der Kreuzzüge erlernt, noch heute vielfach gläubige Anhänger findet.