lässt. Nicht an der Grundform und auch nicht an der Ornamentik, wie schon betont wurde, aber an der Farbe. Der älteste Stuhl, der vielleicht noch in's vorige Jahrhundert zurückreichen mag, zeigt die Grundfarben Roth und Grün in einer Zusammensetzung und Abtönung, die uns heute wie eine Erinnerung an längstvergangene Zeiten anmuthet. Der Stuhl von 1830 verwendet gleichfalls noch ausschließlich Roth und Grün, aber in derberem Auftrage und unvermittelterem Nebeneinander; in dieser Beziehung scheint ihm das Berliner Exemplar von 1812 der Beschreibung nach am nächsten zu stehen. Dagegen hat der Stuhl von 1864. sich bereits in die vollzogene Farbenrevolution fügen müssen. Das Zinnober- roth ist 'da in ein verwaschenes Karmin abgeschwächt, das Grün ist ganz verschwunden und hat einem dumpfen Blau Platz gemacht. Auch das gegenseitige Durchdringen der Farben untereinander hat man, einmal herausgerissen aus der gewohnten Tradition, nicht mehr gewagt, sondern jedem Brette seine Grundfarbe gegeben, auf der sich die discreter ver- theilten Ornamente andersfarbig scharf abheben. Aus der Betrachtung dieser Stühle ergibt sich wohl unzweifelhaft, dass wir es hier mit einer allen Tradition zu thun haben, wie sie ja an Erzeugnissen des ländlichen Kunstfleißes auch auf manchen anderen Ge- bieten reichlich beobachtet wurde. Schon die Ornamente weisen uns rücksichtlich ihrer Entstehungszeit auf eine Vergangenheit zurück, wo noch im Wesentlichen eine und dieselbe Gruppe von Verzierungsformen von Scandinavien bis herab zu den Mittelmeervölkern allgemein verbreitet war, -- Verzierungsformen, die nicht so sehr durch ein berufsmäßiges Handwerk, als vielmehr in der gleichmäßig verbreiteten Volkskunst des Hausfleißes ihre Verwendung fanden. Aber auch in der Grundform der hessischen Stühle haben wir, wie es scheint, keineswegs eine bloße locale Eigenthümlichkeit zu erblicken: es dürfte uns darin vielmehr der Typus einer uralten nordgermanischen Stuhlform erhalten sein. Dies lehrt uns nämlich die Vergleichung mit einigen älteren nordischen Stühlen, die in dern vor Kurzem erschienenen Werke von P. du Chaillu: The Viking age (London, Murray) II, 254-262 abgebildet sind. Namentlich ein im Kopenhagener Museum aufbewahrter Stuhl (S. 254) schließt sich in der Gestaltung seiner Rücklehne unmittelbar an den hessischen Typus an; die Sparren laden nur nicht so kräftig aus, hingegen ist die Zwergbalu- strade etwas breiter, so dass das Ganze einen minder schwerfälligen Ein- druck gewinnt." Die Sparren der Rücklehne sind mit Thierhäuptern und Putten, die Vorderbeine mit Vogelfiguren bekrönt. Die Ornamentik ist zugleich geschnitzt und bemalt: auch der Name der Eigenthümerin er- scheint genannt. Was den Inhalt der Ornamentik dieses Stuhles anbelangt, so schließt sich dieselbe noch ziemlich enge an die karolingisch-ottonische Weise an, die unter sichtlicher Zurücksetzung der aus der Merowinger- zeit stammenden zoomorphischen Umgestaltungen des Bandwerks sich wieder strenger an die spätantiken Verzierungsformen hält: also vor-